Skip to main content

Homicidal All-Stars: Die Mischung aus XCOM und Schwarzenegger-Film macht einen hervorragenden ersten Eindruck

Running Woman

Obwohl es inzwischen eine ganze Reihe an Spielen gibt, die in ihrem Kern das moderne XCOM nachahmen (ihr wisst schon: Figuren hinter halbhohe oder hohe Deckung schieben und in derselben Runde noch schießen, nachladen oder eine andere Fähigkeit nutzen), gefällt mir Homicidal All-Stars auf Anhieb besser als die meisten anderen. Wie das sein kann? Weil es so verdammt gut spielbar ist!

Was an den Kleinigkeiten liegt, die das polnische Studio Artificer hier bedacht hat. Dass man die Kamera zum Beispiel frei bewegen kann, während die Gegner ihren Zug ausführen. Dass man die Geschwindigkeit ihrer Bewegungen durch das Ziehen einer Schultertaste beschleunigen kann. Oder dass man beim Bewegen eines eigenen Charakters schon auf einen Blick sieht, wen beziehungsweise was er von dort aus alles angreifen könnte und mit welcher Wahrscheinlichkeit die Salve ihr Ziel finden wird.

Spielt sich klasse: Rundentaktik im Stil von XCOM.

Klingt nach Kleinkram, ist es auch, trägt aber verdammt viel dazu bei, dass das Taktieren wunderbar flott von der Hand geht. Man merkt, dass da Experten bei der Sache waren – was ein Blick auf die Entwickler denn auch bestätigt. Einige Mitglieder des Teams haben zuvor nämlich an Ähnlichem gearbeitet. Alleine der Creative Director Kacper Szymczak war ja Lead Designer von Hard West und Phantom Doctrine. Womöglich drehen er und seine Mannschaft jetzt also erst richtig auf.

Immerhin bringen sie ein paar coole Ideen zusammen, wenn sie ihre Heldin Scarlett durch den brutalen Spießroutenlauf einer Reality-TV-Show schicken. Ein Live-Kommentar (kann man stufenweise deaktivieren) berichtet direkt vom Geschehen, hinter Zäunen stehen skandierende Zuschauer und Fallen erschweren das Erreichen der eigentlichen Kampf-Areale.

Man reiht nämlich nicht nur rundentaktische Gefechte aneinander; vielmehr besteht jeder Level aus mehreren dieser Kämpfe sowie dem Erkunden der Umgebung. Schlüsselkarten öffnen dort versperrte Tore, Heilstationen stellen Gesundheit wieder her und in Containern findet Scarlett Erste-Hilfe-Kits oder Granaten. Eine coole Mischung ist das, da das Herumlaufen nicht wie gestreckte Spielzeit wirkt, sondern ein wichtiger Bestandteil dieses perversen Unterhaltungsprogramms ist.

Man schlägt nicht nur die bekannten Gefechte, sondern läuft auch durch die Kulissen der brutalen Reality-TV-Show.

Die Gefechte selbst sind dann bis hin zur Steuerung nahezu deckungsgleich mit XCOM, wobei die Gegner dem ersten Anschein nach ansprechend clever zur Tat schreiten und unter anderem die Overwatch-Fähigkeit sinnvoll nutzen. Und während man beim Erkunden ausschließlich Scarlett steuert, stehen ihr natürlich auch Begleiter zur Verfügung, für die man im Kampf ebenfalls verantwortlich ist. Dabei reicht es, wenn eine einzige Person das Ganze überlebt. Selbst wenn Scarlett zu Boden geht, steht sie nach dem Sieg lediglich mit weniger Lebenspunkten wieder auf.

Ebenfalls ähnlich dem Vorbild erholt sie sich zwischen den Levels außerdem in der... nun... „heimatlichen“ Basis: wohl ein ehemaliges Gefängnis, in dem es nicht einmal Toiletten zu geben scheint. Das fiel mir jedenfalls beim freien Herumlaufen und Durchsuchen der Quartiere auf. Auf jeden Fall kann man dort auch diese O-Töne aufzeichnen, mit denen die Teilnehmer realer Wettbewerbs-Shows ihre Erlebnisse rekapitulieren. Gefällt mir, wie konsequent Artificer das Thema Reality-TV durchzieht.

Eine Geschichte erzählt Artificer natürlich auch, denn ohne Grund tut sich Scarlett das perverse Unterhaltungsprogramm natürlich nicht an. Sie hat vielmehr eine Rechnung offen...

Da kommen nämlich auch Fans hinzu, die in den Levels am Zaun stehen und Scarlett um ein Autogramm bitten. Denen kann man dann superfreundlich, schnippisch oder auch mal mit einer fiesen Breitseite antworten, weil sie nicht mal ihren Namen kennen – was wiederum ihr Image beeinflusst. Und das entscheidet darüber, für welche Sponsoren sie sich entscheiden kann, um verschiedene Vorteile zu erhalten. Der erste spendiert ihr etwa Erste-Hilfe-Päckchen, andere erhöhen den Nahkampfschaden, bieten Preissenkungen für Waffen an oder ein schnelleres Vermehren von Erfahrungspunkten. Letztere benötigt man zum Freischalten zusätzlicher Fähigkeiten, während man an Verkaufsstationen nicht nur neue Waffen, sondern auch Verbrauchsgegenstände erwirbt.

Einen Ironman-Modus gibt es ebenfalls, man kann das Spiel über zahlreiche Optionen an die eigenen Vorlieben anpassen und auf dem Steam Deck läuft zumindest die Vorschau-Version ganz hervorragend. Mit anderen Worten: Ich freue mich sehr auf Homicidal All-Stars! Die Verbindung von Erkundung und Rundentaktik passt zu dem zynischen Szenario und die rundentaktischen Gefechte fühlen sich ausnehmend gut an. Ich schaue seit Dutzenden von Jahren kein Fernsehen mehr, aber für diese Sendung werde ich glatt mal wieder reinzappen.

Schon gelesen?

Benjamin Schmädig Avatar
Benjamin Schmädig: Für ihn ist WipEout 2097 der Grund, aus dem es Videospiele gibt – aber auch Indiesachen, Shooter sowie fast alles, das mit Weltraum zu tun hat. Sucht gute Storys, knackige Herausforderungen und freut sich, wenn die grauen Zellen nicht unterfordert werden.
In diesem artikel
Verwandte Themen