Honor of Kings: Mobile-MOBA löst bei mir nur mittlere Begeisterung aus
Zu einfach, zu generisch.
Seit dem 20. Juni 2024 können auch Spieler in Europa eine Runde in Honor of Kings drehen. Und auch, wenn der Name sich nicht danach anhört, so ist das Spiel ein Bilderbuch-MOBA. Das Spiel selbst gibt es bereits seit 2015, war jedoch lange Zeit nur in China verfügbar. Doch was kann der Titel angesichts von League of Legends: Wild Rift oder Mobile Legends Bang Bang anrichten?
Die Faktenlage ist klar. Mit 10 Millionen Downloads im Google Play Store kommt das MOBA noch nicht an diese beiden Giganten heran. Bei einem hier bei uns noch so jungem Spiel sagt das allerdings noch nicht allzu viel aus. Die Spielerschaft kann noch wachsen. Viel interessanter als der Rahmen ist jedoch der Inhalt. Dieser weicht als klassisches MOBA nicht von der Standardformel ab und gleicht League of Legends in einigen Punkten beinahe haargenau. Die Lanes sind gleich aufgeteilt, es ist ein 5-gegen-5, die Karte ist sehr ähnlich und auch einige Helden-Designs haben Parallelen, die ich gerne mit dem Vergleich zwischen Palworld und Pokémon beschreibe.
Honor of Kings: Gut aber generisch
Insgesamt bringt Honor of Kings bereits 89 Helden mit, die mit einer Spielbarkeit von "leicht" bis "sehr schwer" bewertet sind. Sie alle besitzen eine Hintergrundgeschichte und hier und dort war ich sogar von den Designs überrascht. Besonders im Kopf hängen geblieben ist mir ein Unterstützer, der auf einem Wal reitet oder ein kleiner knuddliger Hase, der mit Seifenblasen kämpft.
Oft wirken die Helden allerdings generisch oder kopieren die Ideen anderer MOBAs. So gibt es auch eine Ahri mit Syndra Ult, die jedoch ein anderes Fuchs-Design besitzt, einen Nunu auf einem unfassbar plüschigen Hundebär, eine Diana, die aber Luna heißt, einen Helden, der stark an Thresh erinnert und auch einen Wukong. Und ja, League of Legends hat sicher keine Lizenz für die alte chinesische Sage ergattert und der Held spielt sich nicht exakt gleich, dennoch spricht es nicht gerade für Einfallsreichtum, wenn man mehrere gleiche oder ähnliche Konzepte entdeckt. Es täte dem Spiel gut, zumindest nicht ähnliche Designs auch noch mit ähnlichen Fähigkeiten zu kombinieren. Die Konkurrenz dürfte man ja sicher kennen, LoL ist auch in China nicht gerade klein.
Was Honor of Kings aber von Spielen wie League of Legends unterscheidet, ist definitiv die Anfängerfreundlichkeit. Das MOBA ist deutlich weniger komplex als Riot Games' Titel. Die Karte ist vereinfacht, es gibt eine aktive Fähigkeit weniger, ihr könnt vor der Warteschlange bereits eure Items einstellen und das Spiel kauft sie automatisch für euch, sobald ihr genug Gold angesammelt habt. Ihr müsst nicht einmal in die Basis, um Items zu kaufen. Dorthin geht ihr nur, um eure Leben und Mana aufzufüllen. Sich zurück zu teleportieren wirkte so oft wie eine Zeitverschwendung, weil ihr ja auch noch wieder zurück auf die Lane laufen müsst.
Honor of Kings zeigt euch für sehr viele Runden den Weg auf eure Lane - abhängig von der Klasse eures Helden. Zudem schlägt euch das Spiel stets vor, welche Fähigkeit ihr als Nächstes aufleveln solltet. Klickt ihr nicht rechtzeitig, wählt das Spiel für euch aus. Und ja, das passiert auch im Ranked. Eigentlich könnt ihr euch zurücklehnen und müsst nur noch laufen und eure Zauber anklicken. Den Rest mach Honor of Kings für euch. Wer in das MOBA-Genre einsteigen möchte oder einfach sehr gemütlich oder casual zocken will, für den kann das ein echter Vorteil sein. Wer bereits viel Erfahrung im Genre hat und auf Herausforderungen steht, könnte hier etwas unterfordert werden.
Für zwischendurch eignet sich der Titel relativ gut. Klar, nicht an jeder Bushaltestelle habt ihr 10 bis 15 Minuten Zeit für ein Match, aber es sind eben auch keine 50 Minuten. Und ein paar kürzere Modi gibt ja auch noch. Etwa ein Wettrennen, bei dem ihr eure Fähigkeiten einsetzen könnt. Das geht nur 3 Minuten. Ich hatte daran allerdings weniger Spaß, denn wenn ihr nicht mehrere Bewegungsfähigkeiten habt, wird es schnell eintönig. Und selbst dann ist es dreimal dieselbe kurze Strecke ablaufen, ohne, dass dabei viel Spannendes passiert.
Auch das Layout ist ganz einfach aufgebaut und individuell anpassbar. Ich konnte das Steuerkreuz zum Laufen und die Fähigkeitenleiste hin- und herschieben. So kommt es nicht zu Schmerzen im Daumen - zumindest bei mir tat es gut, die Tasten ein wenig nach innen zu schieben. Die Steuerung selbst ist dabei solide, wenn auch nicht ganz so buttrig, wie etwa in Wild Rift. Gelegentlich gab es Ruckler, was allerdings auch der Internetverbindung geschuldet sein kann. Ich würde empfehlen, das Game auf 60 FPS zu spielen, denn auf 30 sind die Bewegungen leider nicht flüssig. Genutzt habe ich mein Google Pixel 8 Pro.
Heiß geworden ist das Spiel zwar nicht, nach einer Stunde habe ich die zusätzliche Wärme jedoch deutlich gespürt. Das HUD ist etwas, über das wir reden müssen. Ist das Spiel selbst übersichtlich und leicht verstanden, ist das Menü das exakte Gegenteil. Wie in einem Gacha-Game ist es völlig überladen, nach jedem Match müsst ihr mehrere Dinge an- oder wegklicken, ihr werdet zum Teilen jeder Kleinigkeit aufgefordert und überall leuchten rote Punkte, weil ihr irgendeine Währung einsammeln, Boni abholen oder an Events teilnehmen könnt. Natürlich ist das meiste davon optional, dennoch nervt es irgendwann nur noch.
Kommen wir jetzt zum spannendsten Thema - der Monetarisierung. Ist Honor of Kings Pay-to-Win? Jein. Generell könnt ihr euch alle spielrelevanten Gegenstände, also Helden und das Aufleveln der Arcana mit erspielter Ingame-Währung kaufen. Arcana sind die Runen von Honor of Kings und geben den Helden zusätzliche Werte, stärken sie also. Jede Rune kann bis zu Level 150 gebracht werden. Im Premium-Battle-Pass erhaltet ihr allerdings mehr Materialien zum Leveln eurer Arcana-Runen und könnt somit die Zeit bis zum maximalen Hochleveln aller Runen verkürzen und habt zumindest zeitweise einen Vorteil, der etwa ein paar Prozent mehr Lebensraub, Verteidigung, Leben, Angriffskraft und mehr beinhaltet. Viele Helden erhaltet ihr dafür kostenlos. Damit geizt Honor of Kings wirklich nicht. Skins und andere kosmetische Items könnt ihr für Geld kaufen oder einige wenige bei Events ergattern.
Honor of Kings im Test: Fazit
Für den Einstieg ins Genre auf dem Smartphone kann Honor of Kings eine gute Wahl sein. Immerhin ist das Spiel simpel gestrickt, bietet eine abgespeckte MOBA-Erfahrung und hilft euch im und außerhalb der Matches dabei, die Grundlagen zu verstehen. So richtig sticht das Spiel jedoch mit wenig heraus. Es spielt sich solide, eben wie ein durchschnittliches MOBA. Hier und dort hatte ich Spaß in einem Match, meist dann, wenn ich einen neuen Helden ausprobiert habe, oft habe ich mich jedoch gelangweilt, weil es deutlich weniger zu tun und zu bedenken gibt, als in LoL. Die wenigen wirklich einzigartigen und besonderen Helden-Designs werden mit vielen generischen oder gar kopiert wirkenden Designs überschattet, das Spiel überflutet euch im Menü mit kleinen Schaltflächen, Events und vielen winzigen Belohnungen und nutzt für die Runen ein System, dass ich eher kritisch beäuge.
Spieler sollten in einem kompetitiven Spiel immer dieselben Grundvoraussetzungen haben - das gilt auch für die Runen. Diese sollten allen zur Verfügung stehen und gleich stark sein, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Klar, geht es auch deutlich schlimmer als hier und ihr müsst auch nicht monatelang dafür zocken, aber es geht eben auch besser.
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