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Hue - Vinyl Soundtrack Rezension

Komponist: Alkis Livathinos

Label: Black Screen Records

Stil: Ruhige, moderne Piano-Klassik

Erhältlich über: Amazon, Label, Discogs, Ebay

Das Spiel: Was mit bunten Puzzle-Schieberein, Sokoban in interessant oder so.


Angehört

Seite A: Das war nicht, was ich erwartete hatte. Ganz und gar nicht. Ich erwartete Chiptunes. Ich weiß nicht genau welche, aber definitiv Chiptunes. Alles sieht so 8-Bit-Indie aus, da war eine ruhige, tragende Piano-Melodie das letzte, auf das ich gefasst war. Aber hier ist sie, tut so als wäre sie Einaudi und geht mit einer fast schüchternen Verbeugung. Absolut wundervoll. Was folgt ist ein steter Wechsel aus atmosphärischen, kurzen Tracks, teilweise fast schon mehr Soundeffekte, danach wieder ein kurzer, oft kaum mehr als einminütiger Piano-Part, allesamt mit einer verspeilten Schwermütigkeit, aber nicht wirklich von der dunklen Art. Wie etwas, das zu Ende geht, aber auf eine gute Art. Es ist stellenweise fast ergreifend. Und so geht das weiter, die ganze Seite durch. Die ruhige Stimmung, die unbestimmte Nostalgie, hier und da ein etwas befremdlicher Effekt, der einen erinnert, dass es eben nicht ganz moderne Piano-Klassik ist. Melodien schälen sich immer mehr heraus, aber es bleibt ein Stimmungs-, kein Erzählalbum. Sollte es ein solches Genre geben, gehört Hue zu seinen ganz großen Vertretern.

Seite B: Nun, abzüglich der Überraschung... siehe Seite A. Aber es mischen sich mehr Elemente hinter das immer noch tragende Piano. Eine Geige begleitet ein wenig neben der Spur, aber harmonisch in der Stimmung. Nach ein paar Tracks schieben sich Percussions davor, das Piano zieht sich ein paar Takte zurück, aber gibt nie das Ruder aus der Hand. Nur um dann doch schließlich in echte Schwermut zu verfallen. Einzelne Anschläge ziehen sich durch Schwärze. Zum Ende hin wird aufgespielt, aber es ist ein Zeitraffer, wie ein geschlagener Fürst, der durch sein leeres Schloss geht, um es schließlich niederzubrennen. Dramatische Melancholie als Fast-Finale, bevor dieses dann noch versöhnlich und ausdauernd die erste Hälfte beschließt.

Seite C: Das Klavier startet mit sehr viel mehr Energie, mehr farbige, magische Elemente fließen mit ein, wenn auch die rechte Seite der Klaviatur etwas genauer ergründet wird. Es ist der ruhige Fluss eines warmen, etwas faulen Sommertags irgendwo in einem Landschaftsgemälde, dessen Farben in der Sonne ineinanderzufließen scheinen, kein Gewitter in der Luft. Es ist hier weniger die Schwermut der ersten Seite, sondern schlicht ein zufriedenes Dämmern in diesem Ideal arkadischer Landschaften. Aber nichts ist ewiglich, auch wenn es so scheint und so poltert eine Harlekin-Troupe durch das Bild und mit ungewohnt harten Anschlägen der Tasten zelebriert sie einen so komplexen wie eigensinnigen Tanz, dessen Sinn so unergründlich wie unstrittig scheint. Sie ziehen weiter, es herrscht kurze Trauer über ihr Verschwinden, aber dann geht der ewigliche Sommertag weiter, als wären sie nur ein ferner Traum.

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Seite D: Die der vorigen Seite vorenthaltenen Credits genießen noch einmal mit sich selbst und völlig zu Recht zufrieden das Thema und dann folgt die Zugabe in Form von drei Remixen und einer Reprise, die auf Seite 1 zurückgreift. Ehrlich gesagt: Dies ist der schwächste Teil des Soundtracks, den man als nette Zugabe nehmen darf, aber eigentlich klingt, als hätte Deep Forest sein C-Material aussortiert. Wäre jetzt wirklich nicht nötig gewesen. Nun, wenigstens ist die Reprise zu Droplets nett, wenn auch nicht gerade essenziell. Definitiv die schwächste Seite, aber nach drei stark beginnenden und sich noch mal anständig steigernden Seiten sei Hue das verziehen.

Ein Album wie: Ein etwas frostiger Start in den Tag, dann aber warmes Sonnenbad in arkadischem Licht gleich neben der Realität.

Eine Art Fazit: Fantastisch verspieltes Cover-Artwork, lustige Vinyl-Farben und sehr hochwertige Abmischung. Die Piano-Melodien überraschen zunächst, aber auf die bestdenkbare Art und ein sehr spannender Stimmungswechsel über das Album hinweg. Einer der besten Indie-Scores, den ihr euch für ruhigere Momente gönnen könnt.


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Gehört und genossen auf...

Dies ist die "Eurogamer-Referenz-Anlage": Plattenspieler - Thorens TD 203 (Test); Phono-Verstärker - Pro-Ject Phono Box DS2 USB; Stereo-Verstärker - Teufel Kombo 62 CD-Receiver; Boxen - Nubert nu Vero 30 (Test); Kopfhörer: Beyerdynamic Amiron (Test) + A20 (Test)


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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.