Humor ist nicht alles - was bei Deadpool noch schiefgehen kann
High Moon trifft zumindest den Ton der Vorlage. Aber sonst?
Auf der gamescom könnte der Tagesablauf hektischer nicht sein. Man rennt von einer Präsentation zur nächsten, versucht zwischendurch so viele Interviews wie möglich reinzuquetschen und kämpft mit den Kollegen dann um den letzten freien Platz an der Steckdose. Mein Dank geht deswegen an die Truppe der High Moon Studios, die mich den Stress für die Zeit der Vorführung von Deadpool kurz abwerfen ließen. Ich habe mich köstlich amüsiert.
Wenn nach dem ersten Trailer also noch irgendjemand Bedenken hatte, die Umsetzung würde nicht den Humor der Comic-Vorlage halten können, darf er diese nun gerne ablegen. Deadpool handelt auch in seinem Videospiel wie der schizophrene Clown aus den Comics und weiß genau, dass er sich in eurem Fernseher befindet. Immerhin dreht sich die Geschichte darum, dass der Söldner gerne ein eigenes Videospiel hätte. Was Wolverine kann, schafft er doch wohl mit links und durchbricht bereits auf dem Startbildschirm die vierte Wand.
Er schiebt sich wie ein Pantomime am Glas vorbei, flirtet direkt mit dem weiblichen Geschlecht und versinkt nach dem Start wie der Terminator mit ausgestrecktem Arm im Boden. Denn das einzige, das Deadpool noch mehr liebt als Gewalt, Chimichangas und BEWBS sind Popkultur-Referenzen. Während der zehn Minuten summte er Smooth Criminal, trällerte bei einem großen Sprung R Kellys 'I believe I can fly' und zitierte zwischendurch eine Reihe an Filmen. Ihr müsst nicht einmal selbst den Controller in den Händen halten, um mit dem Spandex-Helden eure Freude zu haben.
Für Deadpools amüsante Selbstgespräche sorgt Nolan North (unter anderem Nathan Drake), der den Söldner bereits in anderen Spielen vertonte und sich erneut exzellent schlägt. Er verleiht allen Persönlichkeiten der schizophrenen Hauptfigur eigene Stimmen und hat einen großen Einfluss auf die Umsetzung des Skripts.
Allein alle Witze aus der Präsentation aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Textes mehrfach sprengen. Zur Verdeutlichung daher nur mein persönlicher Favorit. Nachdem ihr die Zielperson der Mission aus seinem Panic-Room gesprengt habt, schlagt ihr seinen Schädel durch das Hämmern der angezeigten Taste gegen eine Scheibe. Hört ihr für einen kurzen Moment auf, fährt die Musik leicht zurück und Deadpool wendet sich mit den Worten "Jetzt mach endlich!" direkt an den Spieler, bevor er mit seinem Opfer durch das Glas springt und auf einer Hüpfburg landet.
Leider kann ich den gleichen Enthusiasmus nicht für das Gameplay aufbringen, das dem Humor einen saftigen Dämpfer verpasste. Auch wenn Deadpools Angriffe teilweise sehr absurd und übertrieben wirken, wollte bei den Kämpfen kein Funke überspringen. Während der Bewegungen schienen sowohl Deadpool als auch seine Feinde über den Boden zu schweben und Gegner explodierten bei Schüssen, die gut einen Meter neben ihnen landeten.
Für einen ansonsten so verrückten Titel scheint ihr euch beim Einsatz der Hand- und Feuerwaffen auf sehr generischem Boden zu bewegen. Mit der Zeit sammelt ihr weitere Schießeisen und Prügler ein, die ihr durch erzielte Punkte aufwerten dürft. Neue Fertigkeiten erhalten ihr durch häufigen Einsatz erfolgreicher Angriffs-Kombinationen.
Die Vorführung basierte nach Aussage von Producer Shawn Miller zwar noch auf einer sehr frühen Version, doch meine Sorgen konnte er damit nicht abschütteln. Ich befürchte einfach ein zweites Matt Hazard, das mich genauso häufig zum Lachen brachte, wie mich das Gameplay ermüdete. Und das hat der gute Deadpool nicht verdient.