Hydro Thunder Hurricane

Der Umfang kann sich damit absolut sehen lassen. Zumindest solange man nicht den monströsen Gegenwert moderner Rennspiele heranzieht. Sollten sich die Burnout-Leute mal entschließen, ein Open-World-Wasserspiel zu produzieren, dann wird erst richtig deutlich werden, wie mager diese acht Kurse am Ende sind, selbst wenn sie für lange Zeit neue kleine Entdeckungen herausrücken. Ein wenig versucht Hurricane mit seinen Werten hinter den Berg zu halten, indem man erstmal alles freischalten muss. Selbst im Multiplayer. Kein schöner Zug. Es wird ein wenig kompensiert, da ihr bei allen Rennen, auch Multiplayertouren, Punkte sammelt und es so recht zügig geht. Aber trotzdem bin ich der Meinung, dass zumindest in den Mehrspielermodi per Gesetz festgelegt werden sollte, dass alle Boote und Strecken frei sein müssen. Nicht, dass ein paar Solo-Stunden mit Hurricane nicht Spaß machen würden, aber trotzdem.

Der Multiplayer selbst bietet eigentlich das Beste, was man sich derzeit wünschen kann. Nicht nur, dass bis zu vier Leute im Splitscreen spielen können, sie dürfen dabei auch noch gegen drei weitere solche Gruppen online antreten und natürlich auch die eigene Unterlegenheit gegen die Besten der Welt in Scoreboards vergleichen. Online, offline, macht was ihr wollt. Zu dieser Philosophie kann man nur gratulieren. Wenn nur noch das Freischalten ausbleiben würde. Man kann aber auch nie alles haben.

Scheinbar auch keinen Billig-Titel, der in diesem Genre für wenig Geld das komplette aktuelle Technik-Programm abfährt. Ok, das ist zu viel verlangt, nur fällt an einigen Stellen doch auf, dass dies ein alter Titel ist. Oder vielmehr, dass es in seinem Herzen, mit seinen teilweise absurd großen und mitunter mäßig texturierten Polygonen, ein hochgezauberter Dreamcast-Titel sein könnte.

Es gibt auf jedem der, sagen wir mal „klassisch“ thematisierten Kurse – Wikingerland, alte Abwasserkanäle, Inka-Stadt, Dschungel –, immer wieder wirklich nette Momente, nur keinen, den es, die HD-Auflösung mal außen vor, so nicht auch schon vor zehn Jahren gab. Den Technik-Vorsprung, den ein Arcade-Racer ja normalerweise genießt – schließlich muss er ja weniger auf absolut korrekte Physik und Ähnliches achten –, kann Hurricane nicht für sich verbuchen. Es bleibt ein buntes Erlebnis, das den Charme der End-90s-Racer einfängt, ohne ihm etwas hinzuzufügen. Um eine Wertung abzugeben: Mir gefällt es insgesamt, aber man darf nicht zu sehr auf die Details gucken.

Beim Soundtrack jedoch versagt das Spiel und bleibt auch weit hinter seinen offensichtlichen Spielhallenvorbildern zurück. Dort wummern die Bässe zu Dance-Beat, Dschungelsounds und Wasserrauschen, hier brubbelt ein uninspirierter, schlecht ausgesteuerter Score zu netten, aber nicht umwerfenden Effekten vor sich hin. Grade mit DTS-Unterstützung hätte man das Arcade-Feeling nach Hause holen und mich schon akustisch in den Sessel drücken müssen, aber Hurricane schafft das sicher nicht. Wenigstens fängt der Sprecher den Spirit ein und hat sogar ein paar verschiedene Sprüche für jede Situation parat.

Hydro Thunder Hurricane macht klar, dass der Arcade-Racer in seiner pursten Form eine der ehrlichsten Arten des Videospiels darstellt. Pure Reflexe, Action und gutes Spielgefühl. All das macht Hurricane absolut richtig. Dazu kommt ein ordentlicher Umfang, so viel Multiplayer, wie man hier nur reinpacken kann und… wenig mehr. Es ist puristisch, aber deswegen liebe ich es.

Es bleibt eine Frage des individuellen Geschmacks. Ich feile mit Wonne an meinen Rundenzeiten und will aus dieser Silber- noch eine Goldtrophäe machen, wenn es sich so gut spielt wie hier. Auch liebend gern in einer Runde „Bier+Splitscreen“. Nicht jeder hat Spaß an solchen Wiederholungen des Spielens selber Willen. In modernen Renngames kommt man immer weiter, fährt durch immer neue Ecken einer unendlich größeren Welt. Entdeckung steht höher als die Perfektion eines einzelnen Abschnitts. Tragt ihr jedoch aus genau solchen Gründen im Angesicht des Siechtums der Spielhallen-Renner in Deutschland Trauer, dann bietet Hydro Thunder Hurricane als gelungene Erinnerung an ein leicht in Vergessenheit geratenes Genre Trost für einen feucht-fröhlichen Acracde-Sommer.