Immortals of Aveum - Ist Immortals das Call of Duty: Magic Warfare, das wir immer wollten?
Kampfmagier an die Front
„Die Immortals, das sind die Navy Seals von Aveum. Eine Klasse besonders mächtiger Kampfmagier, die an vorderster Front gegen den Feind kämpfen“, erklärt mir Bret Robbins im Gespräch. Robbins kann auf eine lange Karriere zurückblicken, in der er als Creative Director unter anderem für Dead Space sowie die Call of Duty-Serienteile Modern Warfare 3, Advanced Warfare und World War II zuständig war. Mit seinem eigenen Studio Ascendant arbeitet er gemeinsam mit einem illustren Team aus Branchenveteranen bereits seit 2018 an Immortals of Aveum, einer neuen Marke, die Daueraction und Schlachtfelder mit spektakulären Schauwerten bietet und dabei konventionelle Waffen durch Kampfzauber ersetzt.
Nach dem Erfahrungsbericht von Melanie zu Immortals of Aveum über das am 20. Juli erscheinende Magie-FPS, war meine Neugier geweckt. Ich habe Mitte der 90er-Jahre Hexen und Heretic richtig gerne gespielt und vor noch gar nicht so langer Zeit Ghostwire Tokyo platiniert. Ballern in einer Fantasy-Umgebung? Aber gerne doch! Und genau das durfte ich dann jetzt auch gut vier Stunden am Stück bei einem Anspielevent von Ascendant Studios und Publisher EA Originals, die in den letzten Jahren mit Fe, Unravel, Sea of Solitude oder It Takes Two einige spannende Indie-Projekte unterstützt haben.
Was hat es mit den Fantasy Navy Seals auf sich? Durch ganz Aveum ziehen sich die Kraftlinien der Magie, deren Beherrschung absolute Macht bedeutet. Um diese kostbare Ressource ist ein ewiger Krieg entbrannt, in dem sich die Völker von Lucium und Rasharn seit tausend Jahren erbitterte Schlachten liefern. Die Kämpfe wogen hin und her, ohne dass eine Seite die Oberhand gewinnen konnte. Doch das könnte sich zu Ungunsten Luciums ändern, denn Sandrakk, der neue Anführer des verfeindeten Rasharn, treibt seine Gegner immer mehr in die Enge.
Als letzte Bastion stehen die Elitekämpfer des Ordens der Unsterblichen an vorderster Front und suchen weitere Mitstreiter im Kampf gegen Sandrakk und seine Schergen. Auftritt Jak: Euer Protagonist ist ein sogenannter Beschenkter, ein Mensch, der nicht von Geburt an Magie beherrscht, sondern erst später im Leben seine Berufung erhält. Dafür aber gleich dreifach, denn der verwaiste Straßenjunge ist ein Tri-Magnus, der alle drei Arten der Magie beherrscht. Eine seltene Gabe, die ihn zum Ordensmitglied und zukünftigen Helden von Aveum prädestiniert.
Bevor der Heißsporn an die Front geschickt werden kann, muss ihm Großmagnus Kirkan erst einmal die Grundlagen der Magie beibringen. Das erfolgt in einem ausführlichen Tutorial, in dem ihr die drei Magiearten erlernt: Blau steht dabei grob vereinfacht für Fernkampfangriffe, bei denen ihr Projektile zielsicher auf eure Feinde abfeuert, Grün analog für Maschinengewehrfeuer mit zielsuchenden Geschossen und Rot für Feuerkräfte, die besonders im Nahkampf ganzen Gegnergruppen gleichzeitig Schaden zufügen. Abgefeuert werden die Zauber mit Sigillen, Gerätschaften, die an eurer rechten Hand befestigt sind und von Essenzen gespeist werden. Und wenn euch mal die Magieessenz ausgeht, könnt ihr mit einer Nahkampfattacke auch ganz ohne Zauberei Schaden anrichten.
Von der magischen Munition fand sich aber zumindest in der von mir gespielten Version immer reichlich Nachschub. Das war auch bitter nötig, denn die Kämpfe sind teilweise schon auf dem normalen Schwierigkeitsgrad ganz schön herausfordernd. Dazu aber gleich mehr. Neben den Angriffstechniken beherrscht Jak noch andere Fähigkeiten: So kann er mit Artefakten in der linken Hand Kontrollzauber wirken und mit einer Peitsche Gegner an sich heranziehen. Das ist besonders bei Feinden extrem nützlich, die euch aus größerer Entfernung mit Zauberattacken beharken. Zieht sie einfach an euch heran und verpasst ihnen einen Schuss mit der roten Schrotflinten-Magie. Im Verlauf des Spiels erhaltet ihr weitere Fähigkeiten, wie Störzauber, mit dem ihr verhindert, dass ein Gegner seine Kräfte wirkt oder Haftzauber, bei dem ihr Feinde mit klebrigen Blasen deutlich verlangsamt.
Habt ihr genug Mana gesammelt, könnt ihr später auch Wut- und Herrschaftszauber wirken, mit denen ihr zum Beispiel eine enorme Druckwelle erzeugt oder einen Geschosshagel großflächig niedergehen lasst. Besonders wirkungsvoll ist der Opferzauber, der einen gebündelten Energiestrahl erzeugt, mit dem ihr eure Gegner in brenzligen Situationen einfach verdampfen könnt. Die Overkill-Attacke könnt ihr allerdings nicht allzu oft einsetzen, da sie euer gesamtes Mana verbraucht. Hinzu kommt die Kategorie der Verwandlungszauber, mit denen ihr einen Schild erzeugt, der euch eine Zeit lang vor Angriffen schützt, bevor er zersplittert, Teile der Umgebung von verdorbener Magie befreit, über dem Schlachtfeld schwebt oder Objekte in der Spielwelt manipuliert.
Das ist eine ganze Menge Magie, die man allerdings nicht auf einen Schlag erhält, sondern sich im Laufe der Kampagne erspielt. Zum Glück, muss ich sagen, denn schon in den ersten Missionen stürzen sich Scharen von Gegnern in futuristischen Ritterrüstungen auf euch, die euch entweder direkt mit Schwertern und Streitkolben angreifen oder mit Zaubersprüchen attackieren. Im richtigen Moment die Waffe zu wechseln, erfordert einiges an Koordinationsvermögen, denn Gegner mit grüner Abwehrmagie lassen sich eben besser mit grünen Angriffen erledigen als mit einer anderen Farbe. Im Kampfgetümmel gilt es zudem, rechtzeitig den Schild auszufahren, Heilkristalle einzusetzen oder Kontrollzauber zu wirken.
Es hat bei mir etwas gedauert, bis die Steuerung in Fleisch und Blut übergegangen ist. Zuerst habe ich immer den linken Trigger gedrückt, um zu zielen. Diese Funktion hat Immortals of Aveum gar nicht: Gezielt wird ohne Zoom mit dem rechten Analogstick, abgedrückt mit dem rechten Trigger und links werden zusätzliche Zauber und das Schild ausgelöst. Hat mich zuerst verwirrt, aber schon nach kurzer Zeit hat es geklickt und ich hatte richtig viel Spaß daran, zügig zwischen den Zaubern zu wechseln und die Gegner in einem Effektgewitter aus farbigen Blitzen und Explosionen zu zermahlen.
Optisch ist die Szenerie beeindruckend: Gleich zu Beginn blickt man auf ein gigantisches Schlachtfeld. Riesige Statuen ragen im Hintergrund auf, am Boden kämpfen Krieger, während in der Luft ein Drache kreist und immer wieder auf die Soldaten herabstürzt. Mit dem Lindwurm bekommt es auch Jak zu tun, der den frisch Unsterblichen erst zu einem unfreiwilligen Drachenritt zwingt und dann als Zwischenboss seine Fähigkeiten testet. Der Weg von Kampfarena zu Kampfarena ist grundsätzlich linear. Man kann sich nicht verlaufen und die Tür zum nächsten Abschnitt öffnet sich erst, wenn man einen Zwischenboss und Gegnerwellen aus dem Weg geräumt hat.
Die Kämpfe sind angenehm abwechslungsreich gestaltet, einmal gilt es einen grünen Magnus zu besiegen, der die unangenehme Eigenschaft hat, seine Mitstreiter und sich selbst zu heilen. Während man also mit Jak Rittersleute und Hundemonster abwehrt, muss man immer ein Auge auf den Magnus haben, der sich nervigerweise blitzschnell von einer Seite der Arena zur anderen teleportiert und auch noch mit grüner Magie angreift. Es hat bestimmt zehn Minuten gedauert, aber als der grüne Bösewicht endlich seinen letzten Lebensbalken aufgegeben hat, war das schon ein sehr befriedigendes Gefühl.
Rund 25 Stunden sollt ihr mit der Kampagne verbringen können, bis es wahrscheinlich zum letzten Gefecht mit Oberbösewicht Sandrakk kommen wird und ihr die Welt rettet. Das aber auch nur, wenn ihr strikt den Missionen folgt. Habt ihr Lust, die Welt abseits des ausgetretenen Kriegspfads zu erkunden, sollen noch mal zehn Stunden drauf kommen. Ein wenig habe ich mich schon mal abseits der Missionsvorgabe umgeschaut und mit den Umgebungspuzzles beschäftigt. Die waren noch nicht sonderlich fordernd, meistens gilt es, farbige Kristalle mit der entsprechenden Magie anzuschießen oder mit dem Anima-Zauber Objekte zu bewegen. So lässt sich z.B. ein Kran drehen, um auf Baumstämmen ein höher gelegenes Gebiet zu erreichen oder mit dem Bereinigen-Zauber werden verdorbene Flächen gereinigt, die dann den Weg zu einem Durchgang oder einer Höhle freigeben.
Es lohnt sich, die Umgebung genauer unter die Lupe zu nehmen, nachdem ihr die Gegner vertrieben habt. Dort findet ihr Schatztruhen mit höherwertigen Ausrüstungsgegenständen wie Sigillen, Ringen oder Armschienen, die euch Statusverbesserungen oder zusätzliche Fähigkeiten verleihen. Ein Hauch Metroidvania schwingt mit, denn ihr werdet in bereits besuchte Gebiete zurückkehren können, um Rätsel mit neu erworbenen magischen Kräften zu lösen. Zusammen mit den 80 Talenten, mit denen ihr alle Magiefarben nach Wunsch mit zusätzlichen Fähigkeiten ausstatten könnt, verfügt Immortals of Aveum über einen recht umfangreichen Rollenspielunterbau, mit dem ihr euren bevorzugten Spielstil unterstützen könnt.
Nach knapp vier Stunden habe ich den spielbaren Teil mit einem doppelten Bosskampf gegen die mysteriöse Leibwache des Oberbösewichts und ein riesiges Steinmonster beendet. Mein ganz persönliches Fazit: Was ich gesehen habe, macht Lust auf den Magie-Shooter. Optisch bietet das mit der Unreal Engine 5 erstellte Immortals of Aveum mit schicken Effekten und Farbspielen echte Schauwerte und die in aufwendigen Zwischensequenzen erzählte Geschichte scheint noch einige Twists zu bieten. Etwas gewöhnungsbedürftig sind der herrschende Kasernenhofton in der Fantasy-Welt und die One-Liner des Helden Jak, der, von einem Drachen in die Luft gerissen, die prekäre Situation lapidar mit „Oh Shit“ quittiert.
Immortals of Aveum erscheint am 20. Juli 2023 für PC, PlayStation 5 und Xbox Series X/S.