In GreedFall II: The Dying World geht Spiders auf taktische Kämpfe statt Echtzeit-Action
Richtungswechsel im Prequel
Of Orcs and Men, Bound by Flame, The Technomancer oder GreedFall: Bis auf den Ausflug ins Soulslike-Genre mit Steelrising haben sich die Entwickler des französischen Studios Spiders vor allem auf klassische Action-Rollenspiele konzentriert. Mit dem Nachfolger des erfolgreichen GreedFall, das ich kürzlich für ein paar Stunden anspielen konnte, verlässt Spiders allerdings den bisher gewohnten Weg der Echtzeitkämpfe und setzt auf ein taktisches Kampfsystem nach dem Vorbild von Dragon Age: Origins, was vielleicht nicht jedem Fan schmecken wird. Doch dazu gleich mehr, zunächst ein paar Worte zur Handlung.
GreedFall 2: The Dying World spielt rund drei Jahre vor dem ersten Teil und lässt euch die Rolle eines Einheimischen der Insel Teer Fradee übernehmen. Fans werden sich sofort in der Welt heimisch fühlen, Neueinsteiger brauchen aber nicht zu befürchten, dass sie ohne Vorwissen nur Bahnhof verstehen. Die Entwickler haben Wert darauf gelegt, dass das Prequel als eigenständiges Spiel funktioniert und führen langsam in die komplexen Handlungsstränge rund um die Kolonisierungsbemühungen verschiedener Fraktionen, die politischen Wirren der so genannten Alten Welt und den Ausbruch der tödlichen Malichor-Pest ein.
Zu Beginn erstellt ihr einen Charakter nach euren Vorstellungen und habt die Möglichkeit, eine von sechs Klassen zu wählen und erste Skillpunkte zu investieren. In Stein gemeißelt ist eure erste Auswahl aber nicht, denn die weitverzweigten Fähigkeitsbäume lassen es zu, dass ihr euch von einem axtschwingenden Nahkämpfer im weiteren Spielverlauf auch zu einem Bogenschützen, Magier oder Meister der Diplomatie entwickeln könnt. Seid ihr mit dem Aussehen und der Auswahl der Startfähigkeiten zufrieden, beginnt die Reise in eurem Heimatdorf. Zu Beginn bereitet ihr euch darauf vor, eure besonderen Kräfte zu erwecken, die euch zu einem Doneigad, einem Weisen der Teer Fradee, machen.
Die ersten Ritualaufgaben habe ich auch angenommen, aber wie es sich für ein Rollenspiel gehört, wird meine Aufmerksamkeit immer wieder auf andere Missionen gelenkt. Nahezu jeder NPC hat mir sein Leid geklagt und war auf der Suche nach verschwundenen Familienmitgliedern, benötigte Heilmittel für den im Sterben liegenden Ehepartner oder lenkte meine Aufmerksamkeit auf Wilderer, die in einem nahen Lager die Einwohner der Insel nicht nur die Beute streitig machen, sondern auch offen angreifen. Langweilig ist es mir auf jeden Fall nicht geworden, zumal neben unerwünschten Fremden auch eine feindliche Fauna dafür sorgt, dass ich immer wieder die Waffe zücken muss.
Und dann wären wir auch beim Kampfsystem, bei dem ihr die Pausetaste drücken, euch entspannt zurücklehnen und die Attacken planen könnt. Ihr kämpft gemeinsam mit drei Gefährten, denen ihr Befehle gebt und deren Fähigkeiten miteinander sinnvoll kombiniert. Der Krieger greift den nahestehenden Gegner mit einem Axt- oder Schwerthieb an, der Bogenschütze schießt einen Pfeil aus sicherer Entfernung ab und der magiebegabte Gefährte heilt angeschlagene Teammitglieder. Habt ihr die gewünschten Aktionen ausgewählt, lasst ihr das Spiel weiterlaufen und freut euch im Idealfall über einen gelungenen Plan. Ihr könnt aber auch auf die Pause verzichten und Gruppenmitglieder direkt steuern oder eure Gefährten einfach machen lassen, was sie wollen. Das allerdings hat in der noch frühen Version des Spiel nicht so gut geklappt. Aber vielleicht geben die Entwickler den Mitstreitern noch ein paar IQ-Punkte, damit sie klüger agieren. Mir haben die taktischen Gefechte aber auf jeden Fall Spaß gemacht.
Wenn ihr euch nicht immer gleich in den Kampf stürzen wollt, gibt es auch andere Möglichkeiten, ein Problem aus der Welt zu schaffen. Mit genügend Diplomatiepunkten könnt ihr eure Feinde mit Überredungskünsten dazu bringen, den Schwanz einzuziehen und euch die Beute freiwillig zu überlassen. Das habe ich auch versucht, war aber anscheinend noch nicht gut genug und musste meine Wünsche mit Waffengewalt durchsetzen.
Insgesamt sollen sich im Verlauf des Spiel sieben sehr unterschiedliche Gefährten rekrutieren lassen, von denen jeweils drei gleichzeitig in eurer Truppe tatkräftig mitkämpfen. Jeder Gefährte hat dabei seine eigene Persönlichkeit und Hintergrundgeschichte, über die ihr in individuellen Quests mehr erfahrt. Wenn ihr euch also mit euren Mitstreiter gut stellen wollt, dann sucht das Gespräch und geht auf deren Wünsche ein. Habt ihr eine enge Bindung erreicht, lassen sich auch Romanzen eingehen. Ganz so frei wie in Baldurs Gate 3 soll es laut den Entwicklern zwar nicht zugehen, aber ihr habt grundsätzlich die Wahl, wem ihr näher kommen möchtet.
GreedFall 2: The Dying World wird im Sommer für den PC im Early Access verfügbar sein, um Feedback der Spieler für die finale Version zu sammeln. Erscheinen soll das Spiel dann im folgenden Jahr für PC, PS5 und Xbox Series X/S. Auch, wenn ich bislang nur kurz in die Welt eintauchen konnte: Mir persönlich gefällt der taktische Aufbau der Kämpfe mit der Option, Probleme auch mit Diplomatie und Überzeugungskunst aus dem Weg zu schaffen, das immer noch frische Setting einer Fantasyversion des 17. Jahrhunderts, und natürlich die Aussicht auf Romanzen mit meinen Gefährten.