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inFamous 2

Sucker Punch will, dass Funken sprühen

Eure beiden Auftraggeberinnen haben übrigens ebenfalls Herrschaft über bestimmte Elemente: Kuo beeinflusst und erzeugt Eis, Nix dagegen Feuer – Talente, die ihr euch zu einem späteren Zeitpunkt vermutlich ebenfalls einverleiben werdet. Ganz gleich jedoch, ob ihr als Saubermann blaue Blitze schleudert oder mit zunehmender Boshaftigkeit rote Entladungen eure Fingerspitzen umtanzen, in der von uns gespielten Mission ist es eindeutig noch inFamous, mit fließenderen Animationen und eleganteren Klettereien.

Noch immer verfolgt Cole beim Klettern eher den Fensterbank-zu-Fensterbank-Ansatz anstatt wie Atlair oder Ezio von Stein zu Stein zu greifen. Für maximales Tempo baut ihr weiterhin einen Sprung zwischen zwei weiter entfernten Haltepunkten ein, bei dem sich Cole mit dem Fuß von der Wand abstößt, um Höhe zu gewinnen. Das sieht noch immer ein wenig irritierend schwerelos aus und der Protagonist wird weiterhin ein bisschen zu staubsaugerartig von erklimmbaren Gegenständen angezogen. Insgesamt machen die Kletteranimationen im Nahbereich aber einen ingesamt runderen und dynamischeren Eindruck als im Vorgänger. Da die Elektro-Leitungen, auf denen man im Erstling von Haus zu Haus grindete, nun auch teils an Wänden verlegt sind, entdecken aufmerksame Spieler zumindest in der Theorie schnellere Routen.

Umfassender wurde der Nahkampf umgekrempelt. Cole verfügt nun über einen elektrisch geladenen Prügel, den Amp, mit dem er schwungvoll und effektreich ein züngelndes E-Inferno in den Gegnermobs entfacht. Regelmäßig streut ihr per Dreieckstaste rabiate End-Moves in die Kämpfe ein, die durch Kamera-Zeitlupen und –schwenks inszeniert werden. Natürlich nimmt einem das Spiel bei diesen gescripteten Moves, wenn man ehrlich ist, im Grunde immer kurz den Controller aus der Hand. Unterm Strich irritierte mich das aber eher prinzipiell als tatsächlich. Vielleicht gibt es ja für Puristen, wie so oft, eine Option, diese Szenenkameras abzuschalten.

Alles in allem ist Sucker Punch hier aber ein befriedigend effizientes Kampfsystem gelungen. Es mag nicht durch Tiefe glänzen, vermittelt aber ein gutes Gefühl von Coles wachsender Macht – und worum sonst sollte es in einem Superheldenspiel denn gehen? Sehr cool ist auch, wie sich Coles Kräfte verketten lassen. Meine neue Lieblingsmacht, der Ionensturm, schloss in einer Szene wunderbar nahtlos an die amtliche Vermöbelung an, die sich eine Horde Dead-Space-artiger Mutanten bei mir abholte. Als die letzte Monstrosität in Amp-Reichweite sich in die endgültige Horizontale begab, fetzte der knisternde Wirbelwind wie ein Gewitter mit Drehwurm den Straßenzug hinunter, um das herannahende nächste Rudel Feinde in sich aufzuwickeln.

Wie der haushohe Twister dabei Veranden, Autos und Balkone mitriss, als wären sie aus Zahnstochern, Zeitungspapier und einem Mundvoll Spucke gefertigt, sieht nicht nur ziemlich faszinierend aus. Die Realisation, dass man selbst gerade diese Zerstörungswelle losgetreten hat, fühlt sich einfach gut an. Dass ich allerdings in New Marais nicht die letzte Instanz war, was Naturkatastrophen angeht, bewies der an einem anderen Anspiel-Display zur Schau gestellte Endgegner. Hübsch war er nicht, das muss ich sagen. Es war der übliche Mutanten-Koloss, den einem Spiele so oft vor die Nase setzen, wenn es besonders Godzilla-esk zugehen soll.

inFamous 2 - Die Suche nach Macht

Anders als beim japanischen Monster-Superstar, könnte ich jetzt nicht einmal eine annähernd akkurate Skizze von dem inFamous-2-Stätdtezerstörer machen. So wenig blieb sein Design bei mir hängen. Fünf Stockwerke hoch war er, vier Beine – glaube ich – hatte er und stellte periodisch die üblichen hellrosa leuchtenden Schwachpunkte zur Schau. Was von der wandelnden Freakshow aber Eindruck schindete, war die spielerische Komponente. Denn wie das wandelnde Bio-Etwas Cole durch die Stadt folgte und dabei nichts als Verwüstung hinterließ, das erzeugte schon ein ordentliches Gefühl davon, in dieser speziellen Begegnung eher Gejagter zu sein, was das Superhelden-Konzept interessant auflockerte.

Wie schon im Vorgänger ist es eher ein Gefühl von Vernunft und Kompetenz, das Sucker Punchs erste Überarbeitung der inFamous-Idee vermittelt, als das einer besonders leidenschaftlich oder visionär geführten Entwicklung. Das Studio macht allerdings auch keinen Hehl daraus, dass Fokus-Tests und User-Feedback ein integraler Bestandteil des Entstehungsprozesses sind. Die Amerikaner laufen daher Gefahr, ihr Spiel in ihrem Konsensbestreben ein wenig zu sehr auf Mainstream zu bürsten. Wo sind die Ecken und Kanten?

Doch das ist eigentlich das einzige "Problem", das ich aktuell sehe. So wie es ist, ist inFamous 2 wirklich gut spielbar und der verfeinerte Heldenalltag in der rundum schöneren, interessanteren Stadt dürfte auch in der finalen Version für unterhaltsame Stunden sorgen. Dass der umfassende Level-Editor bereits in der Beta zahlreiche sehr interessante Youtube-Videos abwirft, stimmt außerdem positiv, was die Langlebigkeit des Titels angeht. Im Juni sehen wir dann, ob sich zu diesen Attributen auch andere, weniger nüchterne Wiewörter gesellen.

inFamous 2 erscheint am 10. Juni exklusiv für die PlayStation 3.

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