Infernal
Das Böse kann so himmlisch sein
So ziemlich alle von uns befriedigen mehr oder weniger regelmäßig ihre fleischlichen oder schlicht menschlichen Gelüste. Die Boten des Himmels hingegen – sofern man an die Flügelträger glaubt – sollten damit ja mal so ziemlich gar nichts am Hut haben. Das dem jedoch nicht ganz so ist, beweisen die polnischen Entwickler Metropolis Software mit ihrem neuesten Werk Infernal.
Darin schlagt Ihr Euch als gefallener Engel auf die Seite des Bösen und veranschaulicht Eurer einstigen Sippe, wie man seine Gelüste in vollen Zügen auslebt. Die nahezu fertige Preview-Version zeigt jedenfalls bereits recht deutlich, wie die sich darstellen.
Seitenwechsel
Normalerweise kämpft man ja auf der Seite der Guten gegen die Bösen. Entwickler Metropolis Software macht es einmal andersherum: Hier arbeitet nämlich ein ehemaliger Agent der guten Jungs nun auf der Seite des Bösen, weil die vormals freundlichen Gesellen ganz und gar keine ehrenhaften Absichten haben. Verwirrt? Nun gut, dann etwas ausführlicher. Ihr übernehmt die Rolle von Ryan Lennox. Lennox ist ein früherer Agent der Himmelsagentur Etherlight und sieht übrigens dem Schauspieler Ryan Reynolds in dem Kinofilm Blade: Trinity zum Verwechseln ähnlich. Wegen seiner Vorliebe für Sex, Alkohol und anderen Dingen hat man ihn dort glatt raus geworfen. Hätten sie aber besser nicht getan, denn nun schließt sich Lennox der Abyss Agency an - oder kurz gesagt: dem Teufel.
Zu allem Überfluss will Etherlight eine alle 1.000 Jahre auftauchende Sternenkonstellation ausnutzen, um alle Menschen mittels einer Maschine auf ihre Seite zu bringen und Abyss zu vernichten. Durch die Stellung der Planeten wird nämlich dummerweise der Blick des Schöpfers auf die Erde für kurze Zeit versperrt. Ein perfekter Zeitpunkt also für solch einen Plan. Lennox und seinem Boss „Black“ gefällt das selbstverständlich gar nicht, weswegen er sich auf die Suche nach der Maschine macht, die dies bewerkstelligen kann. Unterstützt wird er dabei durch die Höllenkräfte von seinem Chef und einer guten Freundin bei Etherlight.
Übernatürliche Kräfte
Da Lennox nicht mehr für Etherligt arbeitet, sind auch seine himmlischen Kräfte verschwunden. Im Gegenzug bekommt er jedoch von Abyss einige neue Fähigkeiten spendiert. Diese sind zum Glück nicht alle von Anfang an verfügbar, sondern schalten sich im Spielverlauf kontinuierlich frei. Zum Glück, weil man sich so nach und nach über neue Kräfte freut, anstatt sie gleich zu Beginn alle raus zu hauen. Dazu zählen unter anderem die Höllensicht oder die Teleportation von Gegenständen. Mit Hilfe der Höllensicht entdeckt Ihr - ähnlich wie in Prey - versteckte Codes und öffnet so beispielsweise Türen. Hin und wieder tauchen zusätzlich kleine Energierückstände auf, die nach dem Einsammeln den Gesundheitsvorrat ein wenig erhöhen. Per Teleportation transportiert Ihr derweil Feinde und Gegenstände von einem Ort zum anderen. Für einen sinnvollen Einsatz im Gefecht läuft das Ganze jedoch viel zu schwerfällig ab. Dementsprechend kommen zumindest diese beiden Fähigkeiten nur selten zum Einsatz. Viel nützlicher ist da schon die verstärkte Schusskraft, die Ihr mit einem Klick auf die rechte Maustaste aktiviert. Ryans Arm hüllt sich für die Dauer in Flammen, getroffene Gegner segnen meist nach einem Schuss das Zeitliche.
Ebenfalls recht sinnvoll: Die Teleportation. Was, schon wieder? Indirekt ja. Diesmal jedoch teleportiert sich Lennox selbst, später sogar an bis zu drei verschiedene Stellen nacheinander. Funktioniert übrigens recht simpel: Ihr drückt lediglich die Q-Taste, wählt per Maus die Zielposition und bestätigt das Ganze mit einem Klick auf den linken Mausbutton. Nach wenigen Sekunden beamt sich Lennox dann von Punkt zu Punkt beziehungsweise wieder zurück zur Ausgangsposition. Spielerisch kommt diese Art der Teleportation häufiger zum Einsatz, denn mit ihr lassen sich verschlossene Türen öffnen und Sicherheitssysteme deaktivieren. Folgende Szene: Ihr steht vor einer verschlossenen Türe und eine Etage höher ist ein Schalter. Schnell hoch teleportiert, Schalter gedrückt und fertig. Einige Gegner könnt Ihr sogar nur besiegen, in dem Ihr Euch hinter sie teleportiert und einen explosiven Tank an ihrem Rücken unter Beschuss nehmt – gute Idee.
Sobald ein Feind hops geht, saugt Ihr kurz noch genüsslich dessen Seele auf und erhöht somit wieder Eure angeschlagene Gesundheit. Und an das Mana, das Ihr für die Ausführung der Höllenkräfte benötigt, gelangt Ihr schlicht und ergreifend durch das Töten von Feinden. Doch Vorsicht: Auf heiligem Boden – etwa in einer Kirche – sinkt der Manavorrat stetig, während er in dunkleren Passagen automatisch ansteigt. Zumindest in dem Punkt besitzt der Protagonist eine gewisse Ähnlichkeit mit mir. Schließlich schwindet meine Aufmerksamkeit in einem Gotteshaus ebenfalls rapide dahin.
Neben seinen Kräften vertraut Lennox auch auf jede Menge normale Waffen, darunter Pistole, Maschinengewehr, Granaten oder Raketenwerfer. Immer wieder tauchen im Spielverlauf neben den gewöhnlichen Feinden ein paar Obermacker auf, die eine spezielle Taktik im Kampf erfordern. Und je nach Gegner lassen sich diese nur mit dem Einsatz unkonventioneller Waffen besiegen. So erledigt Ihr beispielsweise einen von ihnen mit Hilfe eines Krans, der gewaltige Metallpfeiler verschießt. Da Euch der fiese Kerl aber auf die gleiche Weise traktiert, müsst Ihr wild hin und her springen und dabei noch zielsicher treffen.
Apropos Feinde: Die KI verhält sich in Infernal angenehm clever. Die Gegenspieler tauchen zwar manchmal scheinbar aus dem Nichts auf, machen das durch ihre geschickte Nutzung der gegebenen Deckungsmöglichkeiten jedoch wieder wett. Zudem gehen sie je nach Situation zum Angriff über oder ziehen sich häufig ein paar Meter zurück.
Himmlische Grafik
Infernal zeigt Euch das Geschehen auf dem Bildschirm in einer äußerst schicken Grafik. Die Innenbereiche sind alle logisch aufgebaut, mit detaillierten Texturen gestaltet und wirken größtenteils recht stimmungsvoll. Beispielsweise durch grelle Neonlichter in einer Bar. Sehr gut gelungen sind auch die Charaktere, die überwiegend mit schönen Details überzeugen, etwa Lennox' gewaltiges Tattoo auf dem Rücken. Lediglich die Haare konnten mich nicht ganz so begeistern, wirken sie doch ein wenig platt und einfallslos. Zum Glück haben aber die meisten Gegner einen Helm auf, wodurch es sich kaum bemerkbar macht.
Im Verlaufe der Story besucht Ihr derweil viele unterschiedliche Orte: Egal ob Fabrik, Werft, Flugzeug, Insel oder Flugzeugträger – die Schauplätze könnten kaum abwechslungsreicher sein. Dabei fallen jedoch auch ein paar Schwachpunkte auf. Gerade die Insel bietet oftmals ziemlich eckige Felsformationen, was weniger natürlich, sondern eher unschön wirkt. Generell sehen die Außenlandschaften ein wenig blass aus. Mit dem kommenden Shooter von CryTek oder der Unreal Engine 3 kann Infernal also nicht ganz mithalten. Dennoch zählt der Titel von Metropolis Software meines Erachtens zu einem der derzeit hübschesten Vertreter seines Genres. Wer über eine PhysX-Karte von Ageia verfügt, kann übrigens von noch besseren Physik-Effekten profitieren. Allerdings nervt hier die zwingend notwendige Installation der Treiber – selbst, wenn man keine solche Karte besitzt.
Infernal, ehemals Diabolique: License to Sin, erzählt den klassischen Kampf zwischen Gut und Böse mal aus einem etwas anderen Blickwinkel. Alleine durch die Tatsache, dass die Entwickler hier nicht auf eine 08/15-Story mit Terroristen zurückgreifen oder den Zweiten Weltkrieg als Hintergrund verwenden, verdient sich Metropolis Software meinen Respekt. Allerdings ist die Geschichte wiederum nicht sonderlich spannend und durchaus vorhersehbar. Es fehlen einfach die Überraschungsmomente, die unerwarteten Wendungen. Das Manko macht aus Infernal jedoch kein schlechtes Spiel. Denn dank der Höllenkräfte erhalte ich zum standardmäßigen Rumballern noch ein wenig willkommene Abwechslung dazu. Kurzum: Wenn Ihr spaßige Actionspiele mögt und nicht unbedingt Wert auf eine durch und durch Adrenalin erzeugende Geschichte legt, dann sollte Infernal auf Eurem Kalender bereits vorgemerkt sein.
Infernal erscheint bereits am 23. Februar für den PC.