Infinity Blade
Volltreffer
Laaangweilig. Öde Grafik-Demo. Und da steht Epic drauf? Hm, passt doch. Das waren die ersten vier Gedanken, die mir bei Infinity Blade durch den Kopf gingen. Ein Action-Rollenspiel, bei dem man ein Dutzend Mal die immer gleichen Räume betritt, sich nicht frei bewegen kann und es weder Story noch sonstige Bonbons gibt. So ein Quatsch. Doch nach ein paar Kämpfen erkannte ich, dass hinter der simplen Fassade nicht nur eine gehörige Portion Anspruch, sondern auch eine nicht unerhebliche Spieltiefe versteckt.
Doch erst einmal zum Thema Story beziehungsweise zu den zwei Sätzen, mit der sie sich zusammenfassen lässt. Ein Krieger zieht aus, um einen bösen Gottkönig und seine Schergen zu bezwingen, er stirbt und sein Sohn versucht ihn zu rächen. Das wars. Man spielt im Prinzip einen Nachkommen nach dem anderen, behält Ausrüstung, Level und Erfahrung bei. Mehr gibt es nicht. Nur zwei unterschiedliche Enden, die auf einer simplen Entscheidung beruhen. Dazwischen warten Dutzende Gegner, die man in überraschend komplexen Kämpfen besiegen muss.
Entspannt schlendert euer Charakter in Richtung des ersten Kontrahenten und baut sich siegessicher vor ihm auf. Dann beginnt mit dem ersten Schwertstreich die Auseinandersetzung. Wie im restlichen Spiel seid ihr dabei an einen Fleck gebunden. Bewegungen sind also irrelevant. Stattdessen geht es ums Blocken, Parieren und Ausweichen. Jedes dieser Elemente hat Vor- und Nachteile.
Mit dem Schild einen Angriff abzuwehren, ist eigentlich simpel. Einfach so lange den Knopf drücken, bis man den Gegner aus dem Konzept gebracht hat und selbst erfolgreich attackieren kann. Leider steht je nach Schild nur eine bestimmte Anzahl dieser simplen Abwehr zur Verfügung. Nach einer Weile zerbricht er einfach und ihr müsst eine Alternative auswählen.
Das Ausweichen ist die zweiteinfachste Defensive. Links oder rechts. Mehr gibt es nicht zu beachten. Dazu müsst ihr aber wissen, wo welcher Schlag landet und so euren Gegenüber genau studieren. Am kompliziertesten, dafür aber auch am effektivsten ist das Parieren. Dazu müsst ihr in die entgegengesetzte Richtung des feindlichen Angriffs schlagen. Wenn ihr daneben haut, erhaltet ihr einen Wirkungstreffer. Mit erfolgreichen Verteidigungsaktionen ladet ihr sowohl einen speziellen Betäubungsangriff als auch eure Magiefähigkeiten auf. Während der Erste euren Gegner einfach kurz außer Gefecht setzt, hängen eure magischen Fähigkeiten an dem Ring, den ihr mit euch herumschleppt. Giftattacken, Feuerbälle, Vereisungen, Heilung und ein aufgemotzter Schild ermöglichen eine taktische Tiefe, die überrascht.
Das bringt uns zum Ausrüstungssystem, das mit Waffen, Schilden, Helm, Rüstung und Ring diverse Kombinationen ermöglicht. Viele Gegenstände pushen einfach nur Angriff, Verteidigung, Leben und Energie. Manche besitzen aber auch spezielle Eigenschaften wie Lebensabzug, Gift oder Verlangsamung. Wenn ihr Erfahrungspunkte gewinnt, meistert ihr diese langsam und bekommt zusätzliche Fähigkeitspunkte. Leider trifft das gleiche System auf die immer stärkeren Gegner zu. Mal greift euch einer mit Giftattacken an, die auch bei einem Block Schaden verursachen. Oder aber er heilt sich mit seinen Angriffen selbst hoch.
Die meisten Ausrüstungsteile könnt ihr schlicht kaufen. Das nötige Kleingeld erhaltet ihr durch das Besiegen eurer Kontrahenten. Alternativ könnt ihr euch im Level ein wenig Umschauen und Goldsäcke sowie Heiltränke abstauben. In der recht übersichtlichen Burg warten auch ein paar Alternativrouten auf euch, auf denen ihr Schatzkisten und besonders harte Meuchler trefft. Echt fiese Hunde, die den ein oder anderen Neustart erfordern.
So metzelt ihr euch von Generation zu Generation, sammelt fleißig Gegenstände und werdet auf diese Art und Weise immer stärker. Die berühmt-berüchtigte Sammelwut schlägt nach einer Weile gnadenlos zu. Dank der interessanten Kampfmechanik wollt ihr nur noch einen Gegner besiegen, nur noch ein neues Schwert einsetzen oder einen neuen Zauberspruch.
Besonders für unterwegs ein nahezu perfektes Spielprinzip. Bis es euch gelingt, den Gottkönig zu besiegen, seid ihr locker zwei bis drei Stunden unterwegs. Mit Level 50 haut der Bösewicht ordentlich zu, ist blitzschnell und seine Ausrüstung erstklassig. Der Vorteil: Selbst wenn ihr mit ihm Probleme habt, irgendwann seid ihr stark genug, um ihn zu besiegen. Egal ob es fünf, sechs, sieben oder acht Generationen dauert.
Abschließend muss ich dann doch nochmal auf die Grafik zurückkommen. Die iOS-Unreal-Engine sieht schlicht und ergreifend atemberaubend aus. Der Titel muss sich nicht einmal vor einem Großteil der PS3- und Xbox-360-Titel verstecken. Detaillierte Texturen, Tausende Polygone und ein beeindruckendes Beleuchtungssystem sprechen hier Bände. Um Klassen besser als auf PSP und dem kommenden 3DS. Auf dem iPhone 3GS bricht zwar ab und an die Framerate ein, der Titel bleibt aber immer tadellos spielbar. Auf iPhone 4 und iPad läuft das Spiel absolut flüssig. Für mich optisch ein Meilenstein.
Dass Infinity Blade gut aussehen würde, war mir schon nach der Tech Demo Epic Citadel klar. Doch dass der erste Unreal-iOS-Titel auch noch so viel Spaß macht, ist eine echte Überraschung. Klar, auf den ersten Blick wirkt die Spielmechanik etwas zu schlicht und ohne freie Bewegungen verkommt der Weg durch das Schloss zu einer Nummernrevue. Für unterwegs ist diese Linearität aber ideal. Noch dazu funktioniert der Kniff mit den Nachkommen hervorragend. Ständig bekommt man vorgesetzt, wen man einmal zu schlagen hat. Und bei jedem Versuch kommt man einen Schritt weiter. In Kombination mit der Rollenspiel-Komponente und dem interessanten Kampfsystem entsteht für mich so eines der besten iOS-Spiele. Ein echter Hardcore-Titel im Edelgewand. Für mich locker seine fünf Euro wert.
Infinity Blade ist im Appstore für iPad, iPhone 3GS, iPhone 4 sowie die 3. und 4. Generation des iPod Touch für 4,99 Euro erhältlich.