Innocent Life - A Futuristic Harvest Moon
Schwerter Zur Pflugscharen
Ach, der heimische Garten. Einigen treibt er die Glückseligkeit ins Herz, anderen die (Heuschnupfen)-Tränen in die Augen. Und die nächsten, nennen wir sie einmal die jungen Landbewohner, flüchten sich gedanklich bereits in fatale Verletzungen, sobald die elterlichen Worte „es geht in den Garten“ erklingen. Was gibt es für den juvenilen Faulpelz auch Schlimmeres, als Unkraut jäten, Umgraben oder Gießkannen durch die grüne Hölle tragen?
Aber heute ist das anders. Mit Innocent Life – A Futuristic Harvest Moon kann man sich’s auf der Couch bequem machen, sich ein kühles Getränk in Griffweite stellen und den Garten über die PSP virtuell beackern - den Worten eines berühmten Dichters eingedenk: „Wie Blüten gehen Gedanken auf. Hundert an jedem Tag. Laß blühen! laß dem Ding den Lauf! Frag nicht nach dem Ertrag“. Von wegen, Herr Hesse! Denn bei Innocent Life ist der Gewinn, den die Pflänzchen abwerfen, entscheidend. Nur mit den nötigen monetären Mitteln ist es möglich, neues Saatgut in den fruchtbaren Boden einzubringen oder neue Geräte für eine Arbeitserleichterung zu erstehen.
Um dem Klassiker Harvest Moon etwas Frische mit auf den Weg zu geben, wartet Innocent Life mit einer außerirdischen Story auf: Auf dem futuristischen Planeten gab es mal Naturgeister, die durch die industrielle Landwirtschaft verschwunden sind. Damit die Geister wieder zurückkehren können, hat Professor Hope einen Roboter erfunden, der eine Agrar-Revolution herbeiführen soll – seines Zeichens der Spieler. Die Story braucht allerdings Zeit, um in die Gänge zu kommen: Geduld ist gefragt.
Diese braucht es ebenfalls, um das richtige Gärtnern zu lernen. Das Tutorial entpuppt sich als ein langwieriger und spröder Einstieg, bis zur ersten Ernte vergeht mehr als eine halbe Stunde. Anschließend ist man eingeführt in die geheimnisvolle Welt des Ackerbaus und kann loslegen, seinen Boden zu bestellen. Umgraben, Säen, Gießen. Es dauert ein paar Tage bis alles sprießt und gedeiht, aber dann geht’s zügig ans Ernten, Geld kassieren und neu Aussäen. Notwendiges Saatgut ist im Shop in der nächstgelegenen Stadt erhältlich – von Tomaten über Spargel, bis hin zu Kräutern und Blumen. Ab damit in die fruchtbare Erde und der Natur ihren Lauf lassen. Auch die Umgebung rund um den eigenen Hof hat einiges zu bieten, wartet doch in der Flora der Zukunft ein reichhaltiges Angebot. Ein bestimmtes Moos speichert sogar Wasser, so dass die Gießkanne nur noch jeden zweiten Tag im Einsatz ist. Wichtig ist der tägliche Blick auf den Wetterkanal: Die Wettervorhersage ist recht zuverlässig und hilft somit bei der Planung. Anderes Wetter – andere Wachstumsbedingungen.
Zu Beginn ist der stete Kreislauf eine vergnügliche Sache, die Harvest Moon schon immer geprägt hat. Denn mitzuerleben, wie die eigenen Bemühungen (wortwörtlich) Früchte tragen, bildet einen großen Motivationsfaktor der Reihe. So freut man sich jeden Tag auf’s Ernten und Abkassieren. Kurz in die Stadt, neue Tomaten gekauft und schon geht der Zylus von neuem los. Was anfänglich durchaus entspannt, einen gewissen Fluss hat, wird durch die tägliche Routine jedoch auf Dauer zunehmend öde. Und avanciert zu einer Geduldsprobe, da sich die Steuerung stellenweise unsauber zeigt. Sprich: Man muss sich sehr korrekt positionieren, um das richtige Feld zu bearbeiten. Da sind die späteren Erntehelfer eine richtige Erleichterung. Die Aufbausim lebt vor allem von der Erweiterung des eigenen Hofs – und später wollen auch die Tiere versorgt werden.
Eine neue Komponente bekommt Innocent Life durch einen leichten Rollenspieleinschlag: Jede Handlung kommt in die Statistik und bringt Punkte. Das hehre Ziel für den Roboterjungen ist das menschliche Ideal. Neben dem mühsamen Schuften auf dem Feld sind auch andere Aktivitäten gefragt: So stehen zum Beispiel Kochstunden auf dem Tagesplan. Das Schneiden und Zubereiten von Speisen erlernt der angehende Gourmet durch das Fernsehen. Nach ein paar Versuchen ist das Essen dann genießbar und die Fertigkeit steigt. Das motiviert natürlich, schließlich will man in allen Disziplinen ordentlich trainiert sein und endlich zum Menschen aufsteigen. Dazu ist auch die Kommunikation mit den anderen Bürgern wichtig, allerdings sind die nicht gerade einfallsreich und spulen oft die selben Phrasen runter. So verkommt gerade dieser Teil zu einer Pflichtübung und fällt irgendwann komplett aus den To-Do's. In welcher Form sich solche Entwicklungen auf das Spiel auswirken, war allerdings nicht festzustellen.
Innocent Life verlangt einiges an Geduld und Zuwendung. Ungemein viel Leerlauf ergibt sich durch lange Wachstumszeiten, in denen man lediglich für etwas Wasser bei seinen Zöglingen sorgen muss. Die Mischung aus dem klassischen Harvest Moon-Prinzip, The Sims, Animal Crossing und Lost in Blue zündet nur bedingt, allzu schnell sinkt die Motivation ob der fehlenden Abwechslung. Dafür ist man aber jeden Tag gespannt, was die Ernte einbringen wird und plant schon erforderlich Hoferweiterungen. Auch die Vielzahl an verschiedenen Pflanzen und Pflanzenarten wollen alle angetestet werden, besonders da jede ein eigenes Profil hat und dementsprechend behandelt werden muss. Dennoch fehlt trotz guter Grafik und spaßiges Design der Esprit und Witz von Animal Crossing. Im Kern also ein Harvest Moon, wie man es bereits kennt – und von daher nur wirklichen Debütanten ein neues Spielgefühl vermitteln kann.