Into the Breach - Test
Ab in die Pixel-Mechs!
Was an vielen Rundentaktikspielen immer etwas frustrierend auf mich wirkt, ist die Vielseitigkeit und damit extreme Flexibilität der Gegner. Man muss eben immer im Kopf haben, welche Einheiten der Feind gerade hat und welche Möglichkeiten ihm damit zur Verfügung stehen. Unangenehme Überraschungen, wenn etwas vergessen wird, sind oft die Folge, häufiges Laden führt zu einer Dauerschleife aus Versuch und Irrtum. Bei Into the Breach seht ihr dagegen immer ganz genau, was die Gegner als nächstes vorhaben und könnt in aller Ruhe überlegen, wie ihr dem Unglück entgeht. Dafür könnt ihr aber auch nicht speichern und neu laden - das nennt sich wohl ausgleichende Gerechtigkeit.
Into the Breach ist das zweite Werk von Subset Games, den Machern des Indie-Erfolgs FTL. Ganz anders als bei FTL geht es aber diesmal nicht in den Weltraum und ihr müsst auch keine wuselnden Figuren durch ein Raumschiff steuern. Es geht stattdessen auf die Erde, wenn auch auf eine sehr kaputte Erde. Die wird nämlich von den Vec überrannt, monströsen Kreaturen, die sich urplötzlich aus dem Erdboden erhoben haben. Eigentlich waren die Vec schon erfolgreich, die Menschheit ist so gut wie ausradiert. Was von ihr übrig ist, versucht daher nun, Mechs in die Vergangenheit zurückzuschicken und dort gegen die Vec zu kämpfen. Soweit die Geschichte - viel mehr von ihr erfahrt ihr im Verlauf des Spiels nicht, aber das ist auch gar nicht nötig. Kern des Spiels ist nämlich das taktische Gameplay in den einzelnen Missionen. Und das hat es in sich - auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht.
Ein Schlachtfeld ist bei Into the Breach gerade mal acht mal acht Felder groß, ganz wie bei einem Schachbrett. Auf einem Teil der Karte dürft ihr zu Beginn drei verschiedene Mechs platzieren, wobei ihr euch zu Beginn des Spiels für einen bestimmten Squad entscheidet. Ihr seid also auf die gleichen drei Mechs angewiesen bis ihr scheitert oder gewinnt. Attackieren könnt ihr in der Regel nur in gerader Linie, wobei einige Einheiten Spezialfähigkeiten mitbringen. So könnt ihr beispielsweise mit einem Jet über einen Gegner fliegen und ihn mit elektrisch aufgeladenem Gas bombardieren. Diverse Einheiten haben außerdem Fähigkeiten, mit denen sie den Gegner ein Feld weiterschubsen. Gerade das lässt sich taktisch oft ganz wunderbar ausnutzen.
Denn: Die Vec sind doof - entweder das oder sie sind starke Neurotiker. Von ihrem geplanten Angriffsmuster, das ihr zu Beginn jeder Runde sehen könnt, weichen sie nicht ab. Wenn ihr also wisst, dass ein Gegner in der nächsten Runde in gerader Linie einen Ramm-Angriff ausführen wird, könnt ihr unter Umständen einen weiteren Feind einfach in dessen Angriffsrichtung schieben - schon attackieren sich die Vec gegenseitig. Mit einem Schlag ausradieren könnt ihr eure Feinde auch, wenn ihr sie ins Wasser oder in Lavagruben befördert - es sei denn natürlich, es handelt sich um flugfähige Gegner. Der Schaden, den eure Einheiten im Kampf nehmen, ist übrigens gar nicht das Wichtigste. Der wird nach jedem Gefecht regeneriert. Entscheidend für den Erfolg eurer Mission ist die sogenannte Grid Defense.
Auf jedem Schlachtfeld gibt es nicht nur Felder mit Bergen, mit Wasser oder planen Flächen, sondern auch Gebäude, in denen noch Zivilisten leben. Die Vec scheren sich nicht besonders um die Genfer Konvention und greifen daher auch diese Gebäude gezielt an. Daran müsst ihr sie hindern - denn jeder Schaden, den ein solches Gebäude nimmt, zieht etwas von eurer Grid Defense ab, die euch jeweils durch eine komplette Partie Into the Breach begleitet. Auf höchstens fünf verschiedenen Inseln spielt sich so eine Partie übrigens ab - die sehen immer gleich aus, wobei die Schlachten selbst bei jedem Neustart aus vorgegebenen Bausteinen neu zufallsgeneriert werden. Habt ihr zwei der Inseln von den Vec befreit, schaltet ihr automatisch die fünfte frei. Dort könnt ihr dann den Endkampf bestreiten - wann ihr das macht, entscheidet ihr selbst - die Inseln Nummer drei und vier sind optional. Die Vec auch dort zu besiegen, kann jedoch Sinn ergeben, wenn ihr mehr Zivilisten befreien und damit euren Highscore in die Höhe treiben wollt.
Into the Breach fühlt sich auf eine angenehme Art zugänglich an. Die geringe Größe des Schlachtfelds, die wenigen Einheiten, die ihr kontrollieren könnt - all das trägt dazu bei, dass ihr sehr schnell in einen guten Spielfluss geratet. Ich konnte es nach meinem ersten Misserfolg gar nicht erwarten, das Spiel erneut zu starten. Während einer laufenden Partie könnt ihr nur einen Spielstand anlegen, der dann beim nächsten Spielstart automatisch wieder geladen werden kann. Ihr habt also immer nur eine Chance, jede Bewegung und jeder Angriff zählt. Das wäre in anderen Spielen wohl frustrierend, hier schaltet ihr aber mit jedem Durchgang auch Neues frei. In Kapseln aus der Zukunft findet ihr beispielsweise neue Piloten, die ihr in eure Mechs setzen könnt und die diese noch einmal mit zusätzlichen Spezialfähigkeiten aufrüsten. Durch das Erreichen bestimmter Errungenschaften könnt ihr auch gänzlich neue Mechs freischalten, die jeweils eine ganz eigene Spezialisierung mit sich bringen. Manche sind eher auf den Nahkampf ausgelegt, andere haben sich darauf spezialisiert, den Gegner anzuzünden während sie selbst gegen Feuer immun sind. Wieder andere ziehen es vor, die Gegner gezielt in die Angriffsbahnen der anderen zu schubsen.
Auch zwischen den Schlachten könnt ihr eure Mechs aber immer wieder aufrüsten - durch neue Waffen beispielsweise oder passive Fähigkeiten. Hierzu lohnt es sich, bestimmte optionale Missionsziele zu erfüllen. Mal muss ein Zug beschützt werden, der quer über die Karte fährt, ein anderes Mal muss ein bestimmter Vec bis zum Ende der Mission überleben. Und dann stellt euch das Spiel vor die Wahl: Wollt ihr lieber die Grid Defense erhöhen oder eure eigenen Mechs verbessern? Was geht vor? Schutz der Zivilbevölkerung oder schiere Waffengewalt. Und ja, all diese Elemente greifen hervorragend ineinander, alles lässt sich intuitiv steuern. Into the Breach ist eines dieser Spiele, bei dem ich nicht genau sagen kann, wann mich ein anderes jemals so sehr gepackt hat.
Klar mag so manchen auch bei diesem Pixelspiel die Grafik nicht so recht gefallen. Illusionen braucht man sich da auch wirklich nicht machen. Sie ist pixelig, sie ist allzu oft grau in grau oder braun in braun. Oder in Schneeleveln eben weiß in Weiß. Selbst die Mechs und Monster glänzen nicht gerade durch hervorragendes Design, sie sind eher Abziehbilder dessen, was man sich ohnehin vorstellt, wenn man an Insekten-Aliens und Kampfroboter denkt. Eines aber ist die Grafik: gut lesbar. Ein kurzer Blick und ihr wisst jederzeit welches Alien gerade was angreifen will. Und wo die Grafik schon kein ästhetisches Meisterwerk ist: Der Sound glänzt dafür umso mehr. Into the Breach weiß durch absolut großartige Hintergrundmelodien zu überzeugen, die den Vergleich mit Hollywood-Blockbustern nicht scheuen müssen. Wo also Geschichte und Grafik nicht viel machen, um für Atmosphäre zu sorgen - die Geräuschkulisse tut es umso mehr. Gedanklich findet ihr es schneller in einer dystopischen Endzeitwelt wieder als ihr es beim Anblick der Screenshots vermuten würdet.
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Mich hat Into the Breach völlig weggeblasen. Weil es mit einer winzigen Karte und nur drei Einheiten ein so komplettes wie komplexes Taktikspiel ist, das durch das strategische Aufrüsten der Einheiten zwischendurch nur noch besser wird. Weil es trotz vieler Fehlversuche auch über viele Tage nie demotivierend auf mich gewirkt hat, sondern ich mich nach jedem neuen Durchgang über die freigeschalteten Squads und Piloten freuen konnte. Und letzten Endes auch, weil es trotz seiner minimalistischen Optik erfolgreich kleine dystopische Zeitreisegeschichten erzählt. Into the Breach ist das, was man zu Recht eine Indie-Perle nennt.
Entwickler/Publisher: Subset Games/Subset Games - Erscheint für:PC - Preis: 14,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PC - Sprache: englisch - Mikrotransaktionen: Nein