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Invizimals

Unsichtbare Kommunisten

Sony hat eine geradezu unglaubliche Entdeckung gemacht. Nicht nur, dass mitten unter uns überall verstreut kleine, kampflustige Wesen unterschiedlichster Gattungen hausen. Nein, es sind überall verstreut lebende kleine, kampflustige Kommunisten!

Wie ich zu dieser auf den ersten Blick eher absonderlichen Theorie komme? Das erste Invizimal – so der Name der neu entdeckten Spezies – versteckt sich auf roten Oberflächen. Kein Problem, so dachte ich wenigstens. Ein rotes Handtuch sollte wohl reichen. Die Kamera der PSP erfasste das Rot, es war gut auf dem Screen zu sehen, aber nichts tat sich. Der Warnmelder schlug kaum aus. Hm, kein Problem, der Boden ist ja auch rot. Wieder nichts. Keine Invizimals auf meinem Fußboden. Irgendwie erleichternd, aber die Suche geht weiter. Das SPD-Kompendium. Roter wird es kaum. Ein Ausschlag auf der Anzeige, ein erster Blick auf eine Art Lurch, der es sich dort wohl bequem gemacht hat. Aber schell ist das Signal wieder weg. Wohl kein überzeugter Genosse. Eine in rotes Leder gebundene Ausgabe mit Werken von Marx war es dann endlich. Voller Ausschlag, da stecken also die Invizimals.

Als der überenthusiastische Kenichi aus dem Sony-Labor, euer ständiger Begleiter durch die Single-Player-Story, die Wesen entdeckte, hätte er wohl nicht erwartet, dass sie überhaupt eine politische Ausrichtung haben. Aber vielleicht ist die Gesinnung nicht das Ausschlaggebende, sondern nur die Auslichtung und der genaue Farbton. Womit wir dann auch schon beim größten Schwachpunkt des Ganzen angekommen wären. Meine eigene Vorstellung sah eigentlich so aus, dass ich mit der PSP-Kamera durch den Raum schwenke und dort dann überall lauter kleine Invizimals an den Schränken und vom Kronleuchter hängen.

Ganz so einfach ist es leider in keiner Weise. Rot ist nicht gleich rot, Blau nicht immer blau und bei Lila musste ich ganz schön lange nach etwas suchen, was endlich dem lila Mini genehm war. Ich gab das Herumkramsen schließlich auf und öffnete Windows Paint, mit dessen Hilfe ich den Screen lila färbte. Das Invizimal war einverstanden, zeigte sich und jede Art von Illusion, putzige, unsichtbare Tiere, um sich zu haben, war dahin.

Invizimals - Trailer

Macht aber nichts, denn der nächste Schritt würde die Illusion sowieso zerstören. Um das Viech zu fangen, müsst ihr eine mitgelieferte Fangschablone vor euch legen. Dabei kann sie überall platziert werden, sie muss nicht auf der Farbe liegen. Warum auch, schließlich orientiert sich das Spiel einfach nur an den Mustern auf der Folie und die müssen so nach dran sein, dass das Ding eh den Screen fast ausfüllt.

Zumindest das eigentliche Fangen gestaltet sich halbwegs kreativ und im Rahmen der etwas angebissenen Glaubwürdigkeit der Aktion bis zu diesem Punkt auch sehr realistisch. Für eine Sekunde kann man den Eindruck haben, dass man mit der Hand ein seltsames Wesen platt haut und so fängt. Das wirkt zumindest überzeugender als zum Beispiel die Fütterung. Der kleine Ausschnitt der Umgebung erlaubt euch nicht viel jenseits der Fangfolie zu sehen und virtuelle Fleischbrocken zu einem virtuellen Tier zu werfen, würde weit mehr überzeugen, wenn ihr das Ganze im Zimmer machen würdet und nicht nur eine Folie im Blick hättet.

Um fair zu bleiben, die meisten dieser kleinen Aufgaben machen Spaß und sind sogar teilweise ziemlich herausfordernd. Aber die Illusion, dass irgendetwas davon jenseits der PSP stattfindet, leidet unter den gegebenen Voraussetzungen gewaltig. Mit anderen Worten: Als Spiel geht die Fangerei absolut in Ordnung, als virtuelle Jagdsimulation eröffnen sich hier nicht gerade neue Horizonte.

Habt ihr diesen Part hinter euch gebracht, wird es recht konventionell. Zwei der etwa 140 Invizimals treten gegeneinander an. Auf der Folie, die ihr als Mini-Arena auslegt. Grundsätzlich gibt es dabei der Angriffe – leicht, mittel, schwer – und eine Barriere. Angriffe und Schild nagen an der Ausdauer, gegnerische Attacken an der Lebensenergie. Gewinnt Kämpfe, sammelt Erfahrungspunkte und eure Lieblinge werden stärker. Kennt man seit der Zeit, als das Ganze noch Pocket Monster hieß und auf dem Alt-Gameboy lief.

In seltenen Momenten funktioniert die Illusion: Dann wird die Plastikkuh von Monstern angegriffen...

Aber es funktioniert immer noch erstaunlich gut. Es hilft dabei sicher, dass die Erkennung der Folie weit vergebender zu sein scheint und ihr auch ein wenig herauszoomen dürft. Mit ein, zwei Küchentischgegenständen, wie einem Weinkorken oder einer Orange am Rand, wirkt das alles gleich richtig lebendig und fast so, als würden zwei Viecher sich in eurer Küche balgen.

Hier glänzt das Konzept, selbst wenn das Kampfsystem nun wirklich keine Preise für Innovationslust einsammelt. Die einzige Bremse ist die nicht immer ausgewogene Balance des Ausdauerverbrauchs. Kaum ein Kampf verzichtete auf eine Phase, in der beide Seiten ausgepowert warteten, bis sie wieder was tun konnten.

Die Langzeitmotivation jenseits der Sammelei liegt natürlich in Kämpfen gegen andere Spieler. Sammelt, trainiert und zeigt, wer die coolsten unsichtbaren Kommis beherbergt. Richtig gut klappt dabei vor allem der Online-Modus. Mit den schon erstaunlich aktiven Spaniern konnte ich eine ganze Reihe Gefechte testen und keines davon litt unter irgendwelchen Problemen. Selbst Spieler auf japanischen Servern konnten ohne Probleme meine Schützlinge verprügeln. Keine Lags und Spieler in ausreichender Zahl. Sogar eine Talk-Option wurde verbaut, falls ihr euch mal wieder in allen Sprachen der Welt beschimpfen lassen wollt. Leider seht ihr durch die Kamera natürlich nur die eigene Umgebung. Eine Funktion auszuwählen, wessen Küchentisch präsentiert wird, wäre spannend gewesen. Oder seltsam, verstörend und pervers. Hm, vielleicht doch besser, dass euch fremde Menschen nicht alles zeigen können. Ich bin mir nicht sicher, ob ich wissen will, wie es bei HentaiMan27 in Japan so aussieht.

Als Pokemon-Abwandlung verändert Invizimals nicht die Welt, aber es beweist, dass die klassische Formel „Catch´em´All“ immer noch zieht. Leveln, kämpfen, mehr leveln, mehr kämpfen. Das kann man stundenlang machen und es bleibt befriedigend. Der eigentlich neue Aspekt lässt mich zwiegespalten zurück. Gerade beim Fangen hätte ich mir eine Loslösung vom engen Rahmen der Fang-Arena gewünscht und bei der Erkennung der Viecher im Bild mehr Großzügigkeit und weniger Frust. In Teil 2 will ich hinter einem Invizimal herrennen. Bis dahin gibt aber vor allem der Kampf einen schicken Eindruck, was möglich ist. Mit so einem soliden, spaßigen Spiel dahinter kriegt Invizimals vielleicht keinen Eintrag in die Time-Liste der wichtigsten Erfindungen 2009, aber doch ein anerkennendes Daumen hoch.

Invizinmals ist ab sofort exklusiv für die PSP zu haben. Wer noch keine GO-Kamera hat, kann die als recht günstiges Bundle mit dem Spiel zusammen kaufen.

7 / 10

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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