Iron Man
Reich mal den Dosenöffner
"Keine andere Arcade-Spiele-Reihe steht zeitlich und inhaltlich so nah mit dem Film in Verbindung, den manche nur als den "Volleyball-Film" bezeichnen, andere als "Das Beste Drehbuch, das je in Hollywood geschrieben wurde" und wieder andere als die Story, in der Mav und Ice den Russen richtig in den Arsch treten. Climax hat das Ganze auf jeden Fall. Playing with the Boys... Oh Yeah! "
Die Gruppe der Comic-Geeks teilt sich grob in zwei Lager: Auf der einen Seite die Fans anspruchsvoller Grafik-Novellen, die selbst gern zum Stift greifen, später als Grafiker arbeiten und stundenlang über den Sinn ihrer Werke diskutieren. Auf der anderen Seite lauern die Verlierer.
In der Kindheit dick, schwächlich oder einfach nur uncool, fliehen sie in die Welt der amerikanischen Superhelden - wie meine Wenigkeit. Dort können sie träumen, abtauchen und die halbe Pubertät verschlafen. Sie wollen sein wie Iron Man alias Tony Stark. Ein einfacher Mensch, der nur mit seinem wachen Geist und einem mächtigen Kampfanzug unbesiegbar wird.
Die Zielgruppe von Iron Man ist damit recht klar definiert, der Film trotz Starbesetzung (Robert Downey Jr., Gwyneth Paltrow) nicht die ideale Wahl für das erste Date und das Spiel eine kleine Katastrophe. Wie es sich für Filmumsetzungen gehört, wirkt es trotz einiger netter Ansätze wie ein konzeptionslose Auftragsarbeit, die weder der Vorlage noch dem Comic gerecht wird. Also viel Spaß bei der Demontage!
Wie es sich für einen zünftigen Zerriss gehört, erst einmal ein paar Worte zur deutschen Synchronisation. Während Ihr im Englischen von der genialen Vertonung durch die Original-Schauspieler verwöhnt werdet, ist die Übersetzung ein Griff ins Klo. Gerade der Sprecher des Hauptdarstellers erreicht höchstens Porno-Niveau.
In Kombination mit den seltsamen Rendersequenzen, in denen die Schauspieler wie Holzpuppen wirken, erreicht schon die erste Szene die Brechgrenze. Da stellt sich die Frage, wieso Sega statt der hässlichen Clips keine Filmschnipsel genommen hat? Normalerweise bin ich davon kein großer Fan, aber angesichts der Qualität der Charaktermodelle wäre es diesmal wirklich angebracht gewesen.
Ohne größere Einführung steigt das Spiel ungefähr zur Mitte des Films ein. Waffenfabrikant Tony Stark wurde von Terroristen entführt, durch einen Splitter verletzt und soll nun in Gefangenschaft eine Superwaffe bauen. Stattdessen bastelt er sich aus viel Spucke, ein wenig Eisen und jeder Menge Elektronikschrott MacGyver-mäßig eine unförmige, aber durchschlagskräftige Blechdose zusammen. Von dem Lotterleben des Millionärs und arroganten Arschlochs habt Ihr zu diesem Zeitpunkt nichts mitbekommen - Film und Comic werden lediglich auf die Action reduziert. Also macht Ihr Euch mit Flammenwerfer und mechanischer Muskelkraft daran, den ersten Level von bösen Turbanträgern zu befreien.
Die Levels sind dabei einigermaßen offen gehalten. Die Rüstung unseres Helden blitzt fantastisch in der Sonne und aus der Luft sieht die Landschaft sogar erträglich aus. Leider seid Ihr am Anfang des Spiels zu Fuß unterwegs und erlebt so hautnah die schwachen Gegnermodelle und deren magere Animationen.
Selbst das Feuer des Flammenwerfers wirkt dilettantisch und Ihr müsst schwer schlucken, um diesen ersten Schock zu überstehen. Als krönenden Abschluss gilt es, einen dicken, extrem hässlichen Panzer zu besiegen. Im Anschluss daran werden endlich die Triebwerke aktiviert und Iron Man entflieht der Grafik-Hölle.
Kaum habt Ihr die ersten Schrecksekunden überstanden, erwartet Euch im zweiten Level die nächste Katastrophe. Mit einem neuen Prototypen dürft Ihr endlich in die Luft und werdet mit einer sehenswerten Aussicht belohnt. Im Gegenzug stellt man sich aber einem besonders fiesen und gnadenlosen Gegner: Der Steuerung. Mal abgesehen davon, dass es wirklich nicht ganz einfach ist, bei einem so komplexen Bewegungsmuster eine vernünftige Lösung zu finden, haben es sich die Entwickler besonders einfach gemacht. Statt den Spielern eine lösbare Aufgabe anzubieten, wurde das gesamte Pad doppelt belegt.