Ist Steam Deck für die Switch ein Problem? Kommt darauf an, ob Zelda für euch alles ist...
Der erste echte Angriff auf Nintendo in dieser Generation?
Innovation geht anders. Auch wenn Valves Gabe Newell davon spricht, mit Steam Deck die neue Produktkategorie der Handheld-PCs etablieren zu wollen, kommt die Blaupause doch sichtlich von Nintendo. Mit der Switch als Machbar- und Begehrlichkeitsnachweis eines Spielgeräts, mit dem man alle seine Lieblingsspiele auf Wunsch immer dabei hat.
Sicher, Steam Deck ist kein guter Name und der "Switch"-Faktor und das dazu gehörige Dock standen nicht im Vordergrund der ersten Ankündigung. Es besteht trotzdem kein Zweifel daran: Gäbe es die Switch nicht, wir hätten letzten Donnerstag nicht angefangen, unser Taschengeld für die nächsten Monate bis zum Winter zu rationieren, um ja nicht leer auszugehen.
Könnte das Steam Deck für Nintendo also zum Problem werden? Das kommt natürlich in erster Linie darauf an, wie man "Problem" definieren möchte. Der Nintendo-Faktor dürfte in etwa die Hälfte der Erfolgsformel der Switch ausmachen. Wessen eingangs erwähnte Lieblingsspiele also ausschließlich von Nintendo kommen, für den ist Steam Deck nicht gemacht. Aber dann ist da die andere Hälfte - und wie viele Leute stellten in den vergangenen Jahren fast schon reflexartig bei neuen Games die Frage, ob auch eine Version für Switch kommt?
Womit wir bei den unangenehmen Tatsachen angekommen wären: Die Switch hatte mit vielen der letzten Spiele arg zu kämpfen, selbst auf dem kleinen Bildschirm des Handhelds ist das teilweise aggressive Herunterskalieren der Auflösung ebenso unübersehbar wie unschön, die Bildraten vieler 3D-Spiele zunehmend wacklig. Es gibt sogar 2D-Titel, die laufen nicht mehr stabil. Mittlerweile überlegt man sich zwei Mal, ob man die Switch-Version haben will, wenn ein interessanter Multiplattform-Titel auf den Markt kommt. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass es die schwächste Ausgabe ist. "Kommt das auch für Switch?" - hört man seither immer seltener.
Hier setzt Valve den Hebel an, mit einem Gerät, das fast genau das Gleiche kann wie das von Nintendo, nur eben besser. Denn sagen wir es grob: Die Ankündigung der Switch OLED - und die neuerliche Absage an eine Switch Pro - unterfliegt viele Erwartungen. Jetzt haben wir den Salat. Genauer gesagt, einen Baureihen-Refresh der Switch, der keine positive Aufregung schürt und für bestehende User wenig Anreiz schafft, noch einmal über 300 Euro in die Plattform zu investieren.
Die Situation ist jetzt natürlich eine andere. Die Switch hat eine installierte Nutzerbasis von über 80 Millionen Spielern und Spielerinnen, die nicht mal eben so einfach wegbricht oder umsattelt. Aber Gedanken um die Wachstumsmöglichkeiten der Switch darf man sich zu diesem empfindlichen Zeitpunkt des Lebenszyklus' schon machen. Sie hätte den Leistungsschub einer "Pro" nicht nur für die Spiele, sondern auch als das Interesse neu belebende Maßnahme gut gebrauchen können.
Dass durch Steam-Deck und eventuelle Nachahmer mit dem Überall-und-jederzeit-Faktor eines von zwei zentralen Alleinstellungsmerkmalen wegfällt, ist deshalb ein potenziell umso härterer Schlag. Der erschwert es auch, die argumentative Linie zu fahren, dass sich die beiden Geräte nicht so wirklich in die Quere kommen. Nicht wenige der über 120 Millionen monatlich aktiven Steam-User finden die Switch zudem tatsächlich prinzipiell attraktiv und haben jetzt ein Gerät vor der Nase, auf dem sie Hunderte Spiele aus ihrer bestehenden und zukünftigen Bibliothek erleben können. Dass neue Games auf Steam schneller günstiger werden als in Nintendos Store, ist da nur die Kirsche auf der Torte.
Was bleibt, sind die Spiele und die einzigartige Nintendo-ness, die Valve weder replizieren kann noch will. Ein neues Zelda geht an der Spielelandschaft niemals spurlos vorbei. Und doch - fürchte ich - werden es die Games nicht alleine tragen (lies: Leute auf die Plattform holen, die nicht schon da sind). Haben sie zu N64-, GameCube- und Wii-U-Zeiten auch nicht.
Die Joker, die Nintendo also noch ziehen kann, sind andere. Zum einen ist das Traditionshaus so langsam an einem Punkt im Leben seiner Konsole, an dem man über eine empfindliche Preisreduktion über seine bisherige Zielgruppe hinauswachsen kann. Das wäre eine ziemlich potente Maßnahme. Und die nahezu identischen Spezifikationen der Switch OLED, abgesehen vom teureren und schöneren Bildschirm und dem leicht erhöhten internen Speicher, sprechen dafür, dass der Mario-Konzern das Preisschild bald niedriger hängen könnte. Empfindlich außer Reichweite des Steam Deck.
Was auch immer passiert: Es brechen spannende Zeiten an für Leute, die ihre Spiele gerne "on-the-go" erleben. Wie viele Menschen können ein Lied davon singen, dass die Switch sich positiv auf ihren Spielgenuss ausgewirkt hat, weil man hier einfach schneller, unmittelbarer wieder im Spiel ist? Man lebt sein Leben nicht mehr um seine Gaming-Zeit herum, muss dafür keinen Platz schaffen - die Switch schlüpft einfach durch das Zeitfenster in dein Leben, das gerade offensteht.
Mehr davon kann nie verkehrt sein.
Steam Deck erscheint im Dezember. Drei Modelle sind im Angebot: Die 64 GB Version kostet 419 Euro, die Varianten mit 256 GB und 512 GB dann 549 Euro beziehungsweise 679 Euro.