Jagged Alliance 2: Reloaded
Wenn schon kein Nachfolger, dann halt ein Reload
Auf dieser Karte finden sich einige weniger interessante Quadrate, die hauptsächlich Wald, Wiese, Wüste und vor allem Patrouillen enthalten, aber auch ein paar wichtige Schlüsselfelder. Dazu gehören erst einmal die Bergbauminen des Landes. Wer die kontrolliert, erhält die Staatseinnahmen und kann sich endlich diese coolen Steyr-Augs leisten. Oder auch mal einen neuen Söldner, nachdem der eine einfach nicht so gut war, wie sein Inserat behauptete. Ebenso wesentlich sind die Flughäfen, ohne die ihr gar nicht erst den dringend benötigten Nachschub ins Land holen könnt. Diese Punkte werden natürlich etwas besser bewacht als ein Streifen Dschungel und ein solcher Kampf gegen eine Übermacht in einer befestigten Stellung dauert schon mal ein paar Stunden.
Dummerweise gehört euch danach zwar das Feld, es kann aber auch jederzeit wieder verloren gehen. Die KI bleibt nicht untätig und erobert ständig nicht beachtete Felder zurück. Wer nur eine Söldnertruppe unterhält, wird ständig dem Feind hinterherlaufen. Mit der Zeit müssen, sofern ihr die Infrastruktur halten wollt und nicht zur Hardcore-wild-in-the-night-Kategorie gehört, mehr Leute als Wachposten herangeschafft werden. Ein klein wenig hilft zwar auch die befreundete Miliz aus, nur haben die gegen eine motivierte Truppe die branchenüblichen Schneeball-Hölle-Chancen.
Apropos motiviert: Moral ist nicht nur etwas, was man auf gegnerischer Seite eindämmt, sondern auch in den eigenen Reihen aufrechterhalten muss. Ein Söldner, der ständig aus völlig unmöglichen Winkeln schießt und daneben feuert, der häufig verwundet wird und den Eindruck bekommt, allein, verlassen und ungeliebt zu sein, wird bald noch mäßigere Leistungen abliefern. Er sieht einfach nicht mehr den Sinn im Ganzen. Gut geplante, erfolgreiche Überfälle mit geringen Verlusten dagegen bauen die Moral auf. Auch mag nicht jeder jeden. Einige der Kameraden können sich einfach nicht leiden und stoßen erst gar nicht zu der Operation dazu, sobald sie erfahren, dass ihr Erzfeind in euren Reihen mitmischt. Ergibt die Situation sich trotzdem, geht das eine Weile, wenn auch unter dauerndem Gemecker gut, bis schließlich der eine oder andere genug hat und sich kurzerhand verabschiedet.
Für jede Aktion, die gelingt, sei es per Arztkoffer heilen, schießen oder ein Schloss knacken, sammelt der Charakter in genau dieser Fertigkeit Erfahrung. Auf diese Weise bildet ihr Spezialisten nicht durch willkürliche Punkteverteilung aus, sondern durch die gezielte Anwendung dessen, was sie lernen sollen. Schoss „Buns" am Anfang noch bei einem Scheunentor vor sich den Hintermann ab, fragte sie am Ende beim Befehl, auf eine Fliege zu schießen, „Welches Auge soll es sein?".
Klar, sie hat das ganze Spiel über nichts anderes gemacht, war für kaum was anderes zu gebrauchen und wer ihr eine Handgranate gab, war selber schuld. Eines der besten Steigerungssysteme, das es je gab. Man konnte sogar zwei Personen eine Aktion ausführen lassen, was die Wahrscheinlichkeit des Erfolges erhöhte und der Schlechtere lernte dadurch mit geringerem Risiko. Ihr seht, die Möglichkeiten dieses Spiels sind vielfältig, steuerungstechnisch gut gelöst, in der isometrischen Ansicht hübsch anzuschauen und sogar noch mit praktisch unendlicher Wiederspielbarkeit ausgestattet. Manche Ereignisse wiederholen sich grundsätzlich, andere tauchen nur von Runde zu Runde auf, Schatzkisten werden jedes Mal neu verteilt und wie ihr euren Trupp zusammenstellt oder mit welcher Taktik ihr vorgeht, bleibt eh euch überlassen. Kurz und knapp: Eines der besten Spiele, die es je gab.
Okay, warum erzähle ich euch so ausgiebig darüber, obwohl es doch um das neue Jagged Alliance gehen soll? Zwei Gründe: Zum Ersten habe ich kaum etwas sehen können, da das Game zu diesem Zeitpunkt gerade mal sechs Wochen in der Entwicklung war. Zum anderen will der Entwickler bitComposer kein neues Spiel, sondern eben ein optisch zeitgemäßes Remake schaffen. An einzelnen Ecken und Kanten kann es leichte Abweichungen geben, jedoch sollen das Kampfsystem, der Spielablauf, die Story, die Charaktere und alles, was das Original zu einem zeitlosen Stück Spielegeschichte werden ließen, drin sein.
All diese Lobpreisungen oben bleiben also erhalten, nur dass es jetzt in einer auf den ersten Blick nicht spektakulären, aber ordentlichen und vor allem scheinbar übersichtlichen 3D-Engine abläuft, die – keine Panik – den Blickwinkel beibehält. Ein Tutorial kommt dazu, gegen das sicher niemand etwas haben sollte, war der Einstieg im Original mitunter doch ein wenig hart.
Viel war noch nicht von Jagged Alliance 2: Reloaded zu sehen, aber die erklärte Intention hinter der Entwicklung lässt hoffen. Zum einen auf eine hübschere und ansonsten nicht weniger brillante Neufassung des vielleicht wohlfeilsten Rundentaktikgames überhaupt, zum anderen endlich auf eine vielleicht im Anschluss folgende Fortsetzung. Die nächste Vorschau kommt bestimmt, sobald die Entwicklung ein wenig weiter fortgeschritten ist. Bis dahin erfreuen wir uns an der lobenswerten Absichtserklärung, das Beste noch ein klein wenig besser zu machen. Oder zumindest schöner.
Um es noch einmal klarzustellen: Jagged Alliance 2: Reloaded ist kein Teil 3 und auch kein Online, sondern ein Remake. Es erscheint nur auf dem PC und das irgendwann nächstes Jahr.