James Bond: Quantum of Solace
Keine Frauen, keine Autos, kein Poker
In punkto Leveldesign haben sich die Entwickler kräftig bei den Filmen bedient. Zu Beginn treibt Ihr Euch in engen Hotelgängen, prächtigen Sälen und einem Marmor-gespickten Spa herum. Im Gegensatz zu Call of Duty 4 wird das meiste Level-Inventar durch das Blei-Gewitter in seine Einzelteile zerlegt. Säulen splittern, Tische brechen auseinander und explodierende Lampen tauchen das Szenario in ein unheilvolles Licht. Die Gegner beweisen, wie viel Künstliche Intelligenz in ihnen steckt und kreisen den Helden fachgerecht ein.
An manchen Stellen wird das Dauerfeuer durch kurze Action-Sequenzen unterbrochen, die scheinbar ohne Quick-Time-Events auskommen – danke, danke, danke. So schleicht sich Bond auf einem filmgerecht geteilten Bildschirm an aufmerksamen Wachen vorbei oder muss per Nahkampfattacke einen Feind ins Reich der Träume schicken.
Auch die Verfolgungsszene auf der Baustelle (Casino Royale) wird es in die fertige Fassung schaffen. Dort dürft Ihr Bond bei waghalsigen Kletterpartien und brenzligen Drahtseilakten in der Third-Person-Perspektive steuern. Auf Ego-Experimente a la Mirror's Edge müsst Ihr aber (leider?) verzichten.
Diese Kletter- und Drahtseil-Elemente sollen das harte Egoshooter-Business aufbrechen und dem Titel etwas mehr kinoreife Atmosphäre verpassen. Nichtsdestotrotz möchte Treyarch einen Multiplayer-Modus integrieren, der passend zum Thema spezielle Spielmodi bereitstellt. Genaue Details wollten die Entwickler nicht rausrücken, fest steht nur, dass nicht 24 Daniel Craigs über den Bildschirm rennen. Stattdessen werdet Ihr wohl auch mit anderen Charakteren durch die Gegend ballern und müsst vielleicht versuchen, den MI6-Agenten auszuschalten.
Grafisch zieht Quantum of Solace, vor allem dank der beeindruckenden Call of Duty 4-Engine, der Film-Konkurrenz auf und davon. Detailgetreue Texturen, aufwändige Charakter-Modelle und Spezialeffekte setzen das Geschehen filmreif in Szene. Die Klasse eines Call of Duty 4 wird zwar selten erreicht, doch für eine Filmumsetzung sieht das schon einmal recht ordentlich aus. Wenn noch etwas an der Beleuchtung geschraubt wird und es am Ende mehr als zwei Gegnermodelle gibt, werden James Bond-Fans zumindest in diesem Bereich königlich bedient.
James Bond ohne die Statussymbole seiner Männlichkeit? Im ersten Moment zweifelte ich am Geisteszustand der Entwickler, doch nach ein paar Überlegungen musste ich zugeben, dass es jede Menge positive Beispiele gibt, die diesen Ansatz unterstützen. Vielleicht könnte diese Konzentration auf das Wesentliche sogar der Schlüssel zum Erfolg sein.
Auf den ersten Blick macht Quantum of Solace also einen recht guten Eindruck. Die Nahkämpfe wirken packend, die Grafik für eine Filmumsetzung erstklassig und das Charaktermodell von Daniel Craig glaubwürdig. Der Anteil der Feuergefechte mutete während der Präsentation zwar etwas übertrieben und gewöhnlich an, doch der Producer versicherte uns, dass es in der Vollversion deutlich mehr Action-Elemente geben wird.
Seid Ihr Bond- und Shooter-Fans? Dann solltet Ihr Euch diese Mischung im Kalender vermerken, die hoffentlich das Stigmata ihres Genres ablegen kann. Im Herbst wissen wir mehr, bis dahin könnt Ihr ja selbst noch den einen oder anderen Martini schlürfen und mitunter noch einmal einen Blick auf Casino Royale werfen. Es lohnt sich.
James Bond: Quantum of Solace erscheint im 3. Quartal für PC, Xbox 360, Wii und Playstation 3.