James Cameron's Avatar: Das Spiel
Ganz schön blau
Es gibt dreierlei, von dem ich nie geglaubt hätte, dass ich es jemals sagen würde.
1. „Die Wii-Fassung macht mehr Spaß.“
2. „Spiele fördern Aggressionen.“
3. „Ich kaufe mir das neue Xavier-Naidoo-Album.“
Noch ist Super-GAU Nummer 3 nicht eingetroffen. Doch die Angst, dass es geschehen könnte, scheint begründet – jetzt, nachdem die bei 1 und 2 genannten Worte des Wahnsinns gefallen sind. Geschehen ist das anlässlich der Umsetzungen zu James Camerons neuem Werk Avatar, das nächste Woche in den Kinos startet. Ubisoft kredenzt dazu zwei Spiele. Einen Titel für die Xbox 360, PlayStation 3 und den PC. Der zweite stellt ein komplett anderes Spiel dar, speziell kreiert für die Wedel-Wii. Beide Varianten erzählen die Vorgeschichte zum Film.
Zunächst zur Fassung für die „großen“ Konsolen und den PC. Eines muss man den Machern lassen: Optisch ist das Science-Fiction-Epos ein Leckerli. Das gilt nicht nur für Menschen mit unbezahlbaren 120-Hz-Flachbildfernsehern oder wenigstens einem entsprechenden Monitor plus 3D-Vision-Brille, die die Software in stereoskopischen drei Dimensionen auf die Mattscheibe zaubern (siehe unsere Vorschau). Weniger betuchte Zeitgenossen freuen sich über den fremdartigen Dschungelmond in 2D, der das Auge mit üppiger Vegetation, bizarren Kreaturen, malerischen Wasserfällen, schwebenden Inseln und nachts fluoreszierenden Pflanzen bedient.
In dieser Welt dreht sich alles um das Volk der Na’vi, blauhäutige, über drei Meter große Humanoide. Weil Erdlinge die Idylle stören, um den Rohstoff Unobtanium abzubauen, kommt es zum Konflikt. Unowas? Egal, genaue Hintergründe werden eh nur spärlich erläutert. Ihr startet jedenfalls als Mensch, der dank eines ganz tollen Geräts in einen sogenannten Avatar schlüpfen kann und dann einem Ureinwohner ähnelt: Kurz reingelegt in die Maschine, schwupps, schon seid ihr blau. David Hasselhoff fände das sicher praktisch, allerdings in einem anderen Zusammenhang.
Die gut 30 bis 60 Minuten dauernde Einleitung fungiert als Tutorial. Sehr geschickt gemacht! Anschließend legt ihr an einem Punkt der Story fest, welcher Fraktion ihr angehören wollt, was eine weitere Stärke von Avatar darstellt: Der Mann oder die Frau an Maus oder Gamepad erlebt nämlich zwei Kampagnen. Freundlicherweise legt das Spiel gleich einen zweiten Speicherstand an, sobald ihr vor die erwähnte Entscheidung gestellt werdet. Insgesamt warten gut 15 Stunden Spielzeit. Freunde der gepflegten Solo-Unterhaltung wissen diesen Umfang ebenso zu schätzen wie die Tatsache, dass sie die Hintergrundgeschichte aus zwei Perspektiven erleben.
Ob ihr nun einen Mensch oder Na’vi mimt, spielerisch unterscheidet sich das rege Treiben wenig. Ihr rennt meistens in der Pampa rum und brezelt in der Verfolgerperspektive eure Feinde weg. Als Mensch nutzt ihr Schießeisen und erkundet die halboffene Welt mittels Booten, Fahr- und Flugzeugen. Der Na’vi setzt auch auf Nahkampfwaffen beziehungsweise sechsbeinige Pferde und einen fliegenden Saurier. Der allerdings machte mich aggressiv, genau genommen dessen grausame Steuerung.
Immer wieder döngelte der blöde Heini plump an Felswände, weil er so schwer kontrollierbar ist. In solchen Momenten will man sich schon mal eine Axt kaufen, um Gewaltfantasien zu kompensieren – wie besonders CSU-Politiker zu wissen glauben. Die Fluggeräte der Menschen präsentieren sich übrigens nicht ganz so zickig. Schön ist trotzdem anders, auch wegen der störrischen Kamera.