James Cameron's Avatar: Das Spiel
Ganz schön blau
Mit Kampfstab und Wii-Mote fuchtelt ihr Pixelgegner zu Tode oder schickt sie per Pfeil und Bogen aus der Distanz über den Jordan. Bei Flugabschnitten bestimmt die Neigung des Nunchuk, wohin euer Saurier fliegt. Kämpfe mit Zwischengegnern, wie die helikopterartigen Vehikel und Mechs der Menschen, erfordern Reaktionsschnelligkeit. Also: Eingabegerät im Rahmen von Quick-Time-Events horizontal und vertikal schütteln und rechtzeitig Knöpfchen drücken!
Auch bei Avatar für die Wii sammelt der Spieler Erfahrungspunkte. Hier hat er aber glücklicherweise die Wahl, was er damit anstellt – ob er den Kampfstab, den Bogen oder bestimmte Eigenschaften seines Schützlings verbessert. In allen drei Fällen existiert sogar so etwas wie ein Fertigkeiten-Baum. Was die Nintendo-Fassung ebenso besser macht: Die Steuerung treibt einen nicht in den Suizid – und verbrennt sogar Kalorien.
Doch auch dieser Fassung scheint der Fluch anzuhängen, den Filmumsetzungen offenbar gepachtet haben: Stellenweise entsteht der Eindruck, den Entwicklern sei die Zeit ausgegangen. In den Flugabschnitten geht es immer nur darum, Flieger der Menschen zu zerlegen. Ewig grüßt das Murmeltier sozusagen. Auch die Schleicherei durch den Dschungel nutzt sich im Lauf der Zeit etwas ab.
Und: Das lustige Versteckspiel des blauen Lulatsch im hohen Gras, der aus dem Gestrüpp heraus Überraschungsangriffe starten kann, gerät bisweilen unfreiwillig komisch. Hat er einen Gegner ausgeknipst und dadurch vielleicht fünf weitere alarmiert, muss er sich einfach wieder geduckt in die Wiese hocken – schon haben seine Kontrahenten vergessen, dass es ihn gibt. Alzheimer, ick hör dir trapsen.
Beim 360/PS3-Avatar fühlte ich mich wegen der lahmen Aufträge oft alles andere als ein Held. Eher wie ein Botenjunge, Brotzeitholer oder Zivildienstleistender. Wäre ich böse, würde ich diese Spielmechanik einem Entwickler empfehlen, der den Zivi-Simulator 2010 produzieren möchte – wo sich Landwirtschafts-Simulator & Co. doch so gut verkaufen. Zum Glück bin ich nicht derart fies, und zum Glück hat Avatar auch Stärken. Mir fallen gerade nur keine weiteren als die genannten ein. Immerhin liefert der Mehrspielermodus solide Kost: Bis zu 16 Teilnehmer gehen sich auf zehn Karten an den Kragen, bei üblichen Verdächtigen á la Team-Deathmatch, Capture the Flag, King of the Hill, Domination und Assault.
Die Wii-Fassung hält mit einem kooperativen Modus dagegen, bei dem sich zwei Leute vor die Konsole kuscheln. Per Knopfdruck klinkt sich jederzeit ein Kumpel ein. Zugegeben, das Spielprinzip ist extrem linear, simpel, beinahe plump. Trotzdem hat es mein Herz deutlich mehr erwärmt. Die Ratio wollte der Xbox-Variante wenigstens eine 6 geben, weil es wirklich rüberkommt, dass sich die Macher eine Menge Mühe gegeben haben. Doch was bei Spielen zählt, sind der Spaß und damit Gefühle. Und genau aus diesem Grund liegt „Avatar made for Wii“ näher an einer 7 als der große Bruder an der 6. Ja, das hat mich auch erschüttert.
Xbox 360/PlayStation 3:
Wii:
James Cameron’s Avatar ist für PlayStation 3, Wii, Xbox 360 und PC erhältlich - auch für DS und PSP, auf die sich dieser Test aber NICHT bezieht.