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JDM: Japanese Drift Master – Wird das etwa einer dieser altmodischen Arcade Racer, die wir so vermisst haben?

Querlenker aus Übersee.

Wow! Es ist verdammt lange her, dass ich so viel Spaß mit einer Demo hatte. Und ich kann mit Driften normalerweise nicht viel anfangen. Was – so viel eigene Nase muss sein – vor allem daran liegt, dass ich eine ziemliche Niete darin bin. Mal kurz den Grenzbereich zu überschreiten, fühlt sich super an. Aber minutenlang in „Schräglage“ zu schlittern, um dann den wichtigen Punkte-Multiplikator herzuschenken, wenn das Heck doch mal die Bande touchiert… Hört mir auf.

Und ich will mit JDM auch keinen Heilsbringer heraufbeschwören, denn genau so funktioniert das in Japanese Drift Master. Trotzdem habe ich gerade ein paar Stunden in einer Demo versenkt, die aus irgendeinem Grund bei mir gezündet hat, wie Drift-Racer das sonst überhaupt nicht tun – schon gar nicht übrigens, wenn das Driften nur ein kleiner Teil eines ansonsten ganz „normalen“ Rennspiels ist.

Aber vielleicht liegt‘s ja eben daran. JDM bedeutet nämlich nicht nur ein wenig Driften in einem ansonsten normalen Rennspiel, sondern das genaue Gegenteil. Es hat mich hinters Lenkrad eines giftgrünen Nissan Fairlady Z gepackt, den Wagen in der japanischen Präfektur Guntama abgestellt (eine ländliche Gegend mit engen Straßen, die sich durch steiles Gebirge schlängeln und an wenigen Häusern entlang um einen See herum führen) und gesagt: „Gas rechts, Bremse links, Handbremse soundso. Und jetzt brenn‘ Gummi in den Asphalt!“

Guntama ist keine offene Welt, wie man sie unter anderem aus Forza Horizon oder The Crew kennt. Dazu ist das Gebiet zu klein. Es ist technisch außerdem keine Offenbarung. Das Auge fürs Detail, das Entwickler Gaming Factory dort an den Tag legt, sorgt allerdings ähnlich wie Segas Like a Dragon dafür, dass ich gleich in der ersten Minute an diesen fiktiven Ort teleportiert werde – beziehungsweise in das Cockpit dieses grünen Flitzers, der sich so verblüffend gut anfühlt, dass es doch tatsächlich cool ist, ihn auf den engen Wegen in einen Drift zu legen.

Es hat ein bisschen gedauert, bis ich so richtig warm damit wurde. Aber recht bald hatte ich den Dreh zumindest halbwegs raus. Und Leute, nutzt die manuelle Schaltung! Es macht viel aus, im richtigen Gang aufs Gas zu treten, um den Boliden querzustellen. Man kann das auf einem Übungsplatz in speziellen Trainingssitzungen sogar üben. Oder auf den kleinen Parkplätzen am Straßenrand. Man kann den Wagen tunen, später neue kaufen… Wisst ihr, wo es zum ersten Mal Klick gemacht hat? Als ich irgendwann in eine Gasse eingebogen bin, die kaum breiter als mein Nissan war.

Zwei, drei Kurven lang habe ich mich da durchgezwängt, bevor ich auf einen Parkplatz beim Autohändler eingebogen bin. Da war ich gedanklich plötzlich mittendrin in diesem kleinen, irgendwie „ehrlichem“ Racer, der die eine Sache, die ihm wichtig ist, so richtig ernst nimmt: nicht nur das Driften selbst, sondern die Szene, die darum lebt.

JDM: Japanese Drift Master

Als ich im ersten Rennen als Erster über die Ziellinie geschossen bin, fand ich mich nämlich plötzlich als Verlierer wieder. Warum? Na, weil ich nicht genug Punkte erdriftet hatte. Es gibt ein Rennen, da schlittert man gechillt in einer Kolonne von Driftern durch die langen Kurven einer idyllischen Bergstraße. Dort hat es dann zum zweiten Mal und so richtig Klick gemacht. Weil das verdammt cool war. Später soll man dann sogar im richtigen Abstand von einem Vorherfahrenden dessen Drifts quasi synchronspiegeln – klasse!

Das macht einfach Laune! Auch deshalb, weil JDM genau die richtige Mischung aus Arcade und zugänglicher Simulation gefunden hat. Ich mag es, dass man den Wagen weder bei voller Fahrt auf der Stelle drehen noch binnen drei Metern zum Stehen bringen kann. Solche Zugeständnisse an das Unvermögen eines vermuteten Zielpublikums machen Renn- und andere Spiele nicht besser, sondern langweiliger.

Außerdem muss man durchaus verstehen, wie das mit dem Driften grundsätzlich funktioniert, bekommt das gleichzeitig aber so mühelos hin, dass man die teils sehr verschiedenen Herausforderungen trotzdem entspannt angehen kann. Dazu zählt unter anderem das Chauffieren einer jungen Dame, die durch das Aneinanderreihen zahlreicher Drifts unterhalten werden will. Das ist Teil der Story, die in kurzen Manga-Strips erzählt. Zugegeben: Das ist es nicht, weshalb ich hier an den Start gehe.

Ach, und zu den Herausforderungen zählen übrigens auch reguläre Rennen, bei denen dann doch mal die Platzierung zählt. Das sind hier aber die Ausnahmen – genau wie Drag-Läufe, in denen man durch gefühlvolle Burnouts die Reifen aufheizt, bevor die Rakete an den Start rollt. Und ja: Man wählt das jeweils nächste Rennen aus, indem man die Karte aufruft, eine Markierung setzt und durch die kleine offene Welt dorthin rast.

Weil die räumlich so verdichtet ist, weil die eigentlichen Rennen über fest abgesteckte Kurse führen und weil sich das Spielprinzip trotz des realen Hintergrunds sehr stark um diese klar definierte Arcade-Fantasy dreht, fühle ich mich bei Japanese Drift Master jedenfalls wie in einem klassischen Racer, von denen es gerade mit realen Straßenwagen heute leider viel zu wenige gibt. Das alleine empfinde ich schon als angenehm.

Vielleicht sollte ich dazu sagen, dass die ziemlich einfältige KI der anderen Verkehrsteilnehmer hier sicherlich nicht zu den Stärken zählt. Auch die Physik bei Unfällen hat mehr von durch Kinderhand herbeigeführte LEGO-Plauzer, als dass sie an reale Zusammenstöße erinnern würde. Und das sind längst nicht alle Kleinigkeiten, die ich aufzählen müsste…

Wenn JDM: Japanese Drift Master nicht ohnehin erst im kommenden Frühjahr auf PC erscheinen würde und sich bis dahin noch so einiges verändern dürfte. Immerhin ist das hier lediglich der Prolog der Geschichte, die man dann erlebt (daher auch der Untertitel Rise of the Scorpion). Die heute noch versperrten Straßen dürften dann Teil der gesamten Spielwelt sein – von anderen Schauplätzen und weiteren Verbesserungen ganz zu schweigen.

Also: Wenn euch an coolen Arcade-Racern liegt, werft ruhig jetzt schon mal einen Blick auf diese Demo. Ich mache JDM hier vermutlich etwas größer als es ist. Aber wenn dieses feine Stück Software sein Herz nun mal so fest am rechten Fleck hat…

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Benjamin Schmädig Avatar
Benjamin Schmädig: Für ihn ist WipEout 2097 der Grund, aus dem es Videospiele gibt – aber auch Indiesachen, Shooter sowie fast alles, das mit Weltraum zu tun hat. Sucht gute Storys, knackige Herausforderungen und freut sich, wenn die grauen Zellen nicht unterfordert werden.
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JDM: Japanese Drift Master

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