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Jericho

Apokalypse Revisited.

Um das Spiel zu beenden, muss man dieses Feature nutzen. Man will es aber auch. Schließlich sind die Fähigkeiten der Geisterjäger nicht von schlechten Eltern. Die eine verfügt über Telekinese, die andere kann Fallen stellen. Heilen. Wiederbeleben. Alles drin. Hätten die Dämonen gewusst, mit wem sie sich einlassen, hätten sie vermutlich lieber ein gemütliches Barbecue daheim am Höllenfeuer veranstaltet.

Hör mal, wer da hämmert.

Ganz so einfach ist es dann, trotz der konventionellen Feuerkraft und der übersinnlichen Kräfte, doch nicht. Dass man sich der Herausforderung, das richtige Balancing zu finden, bewusst ist, wird anhand eines Boss-Kampfs gezeigt: Wir befinden uns in einer Art Saal. In der Mitte hängt, gehalten von Eisenketten, ein korpulenter Mann. Nein. Ein echter Fettsack. Der Bauch aufgeschlitzt, das Innere ist zu sehen. Zwar nicht detailliert, aber genug, um sich für eine Sekunde angewidert abzuwenden. Keine Frage, diese Auseinandersetzung wird ... ekelhaft. Denn einer seiner Angriffe besteht darin, literweise Blut zu verspritzen – was in etwa so wirkt wie Säure.

Und jetzt wird’s hektisch. Jericho feuert aus allen Rohren. Die Heilerin wird erst einmal außer Reichweite positioniert. Weiter feuern und in Deckung gehen. In all dem Chaos aus Blei und Blut fallen Mitstreiter, müssen wiederbelebt werden. All das und das ständige Wechseln zwischen den Charakteren sorgt für reichlich Adrenalin-Schübe. Es ist dabei so schwer, dass man gegen Ende des Fights versucht ist, 'Stirb endlich, Du Schwein!' zu schreien. Und das als Zuschauer.

End-Boss Vicus hängt da freiwillig.

Die wahre Stärke Jerichos liegt aber – aus meiner Sicht – im Erkunden und Durchforsten der bisweilen bizarren Gewölbe und modrigen Gänge. Dabei wechselt das Tempo ständig: Von vorsichtig schleichend zu schnellen Passagen, in denen man Powerplay gegen die Höllenbrut spielt. Und dabei werden deftige Sprüche geklopft. An den genauen Wortlaut kann ich mich nicht mehr erinnern, aber die Stimme des Anführers und seine knappen Ansagen erinnern ein wenig an Riddick in „Pitch Black“ – für alle, die den Film im englischen Original gesehen haben.

Aber auch seine Kollegen sind nicht auf den Mund gefallen, machen Kontext-bezogene Witze und benutzen Wörter, die in Amerika ganz sicher unter 'Strong Language' fallen. Aber: Das funktioniert super. Das Team wird so tatsächlich zum Team und wirkt nicht wie eine Truppe Einzelkämpfer, die mal eben gegen das Böse kämpfen. Es ist erstaunlich, wie viel lebendiger das Geschehen wird und wie viel näher es an einen Film heranrutscht, weil es neben den Feuer- auch Wortgefechte gibt. Natürlich muss eine spielbare Version erst noch zeigen, ob das auch über die gesamte Spielzeit hinweg funktioniert.

Vielleicht liegt es daran, dass ich Clive Barkers Vorstellung von Horror mag, aber ich muss ehrlich gestehen, dass mich überhaupt nicht interessiert, ob Jericho in den technischen Disziplinen mit den üblichen Verdächtigen gleichziehen kann. Das soll nicht heißen, dass Jericho nicht auch dort ganz oben mitspielen könnte. Im Gegenteil. Es sieht super aus. Aber es entscheidet aus meiner Sicht nicht, ob Jericho spielenswert ist.

Aus meiner Sicht sind es eher das Setting, der Stil, die Schock-Momente, das Bizarre und Überraschende, was Jericho auszeichnet. Ich habe auf alle Fälle schon mal einen Platz in meinem Regal freigemacht. Neben Undying.

Clive Barker's Jericho soll Ende September für PC, PS3 und Xbox 360 erscheinen. Wie es sich spielt, werden wir in Kürze bald anhand einer spielbaren Version herausfinden.

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