John Woo presents Stranglehold
Hong Kong Action-Porno
Hunderte Gegner reihen sich willig auf, als nächster Punkt auf der Highscore-Liste zu landen. Oft gibt es richtige Arenen, deren Tore auf und zu klappen, um das nächste Opfer hinein zu lassen. Wären da nicht die Spezialangriffe, die sporadischen Endgegnerkämpfe und die wirklich malerischen Räumlichkeiten, die Ihr stilvoll zerblasen dürft, würde schnell Langweile aufkommen.
Auch bei der Steuerung haben die Entwickler etwas gepatzt. Die vielen Interaktionsmöglichkeiten mit der Umgebung sind ja schön und gut, doch die dazu passenden Trigger, um die Aktionen auszulösen, sind viel zu klein geraten.
Normalerweise visiert Ihr einen Gegenstand an und löst per Knopfdruck die Akrobatik-Einlage aus. Hier müsst Ihr während den Feuergefechten jedoch sehr genau auf die blinkenden Flächen zielen, sonst springt Euer Charakter aus Versehen mitten in eine schwer bewaffnete Gegnergruppe.
Unterstützt durch ein mäßiges Leveldesign und eine hakelige Kamera werden so einige Abschnitte zu reinen Todesfallen. Hinzu kommen die seltsam gesetzten Speicherpunkte. Mal wird alle zwei Meter gesichert, dann muss man wieder 50 Bösewichter flach legen, bis man endlich durch ein „Saving content.“ erlöst wird. Aber Gott sei dank bekommt Stranglehold immer wieder die Kurve und liefert spätestens im nächsten Level genug Platz, um sich richtig auszutoben.
Spielerisch mögen einige Szenarien eher mittelmäßig ausfallen, doch optisch hat Midway ganze Arbeit geleistet. Jeder Abschnitt besitzt einen ganz eigenen Stil und eine ganz besondere Stimmung. Dreckige Hafenanlagen folgen hier auf prächtige Tempel, chinesische Casinos und ehrwürdige Museen. Überall gibt es etwas zu entdecken und zu zerstören. Hinter verschlossenen Türen warten kleine Origami-Kraniche, die sowohl die Punktzahl als auch die Tequila Energie erhöhen. Und selbst mächtige Dinosaurier-Figuren und Jade-Drachen geben unter Dauerbeschuss irgendwann nach.
Nach acht Stunden ist der ganze Spaß aber dann doch vorbei. Immerhin entdeckt man beim zweiten Durchgang auf einem höheren Schwierigkeitsgrad ständig neue Interaktionsmöglichkeiten und hat den Ehrgeiz, die Gegner noch schicker und stylischer aus dem Weg zu räumen. Die tolle Inszenierung macht sogar selbst beim dritten Anlauf noch verdammt viel Spaß. Für erspielte Punkte kann man in einem skurrilen Shop - bei John Woo persönlich in digitaler Form - Artworks, Videos, Artikel und Modelle für den Multiplayer erstehen.
Ein finales Urteil zum Multiplayer-Modus kann ich mir dagegen nicht erlauben. Erst nach langer, verzweifelter Suche gelang es mir im Schatten-Netzwerk von Microsoft, wo sich die Debug-Konsolen rumtreiben, einen Gegner zu finden. Die kurze und witzige Partie deutete zwar an, welches Potential hier verborgen liegt, die Netzwerkstabilität und etwaige Performance-Probleme ließen sich damit aber nicht beurteilen. Bisher sieht es danach aus, dass der Mehrspieler-Modus eine durchaus lustige Angelegenheit für Zwischendurch ist. Die Entwickler haben zwar sogar die Tequila Time mit eingebaut, doch außer Deathmatch bietet das Programm keine weiteren Besonderheiten.
John Woo hat einen wirklich tollen Job gemacht. Stranglehold ist ein Meisterwerk fantastisch inszenierter Feuergefechte und brachialer Action. Die Faszination, die von der Zerstörung der Umgebung und den spannenden Gefechten ausgeht, macht den Titel absolut einmalig. Nur Criterions Black gelang es, ein ähnliches Feuerwerk auf den Bildschirm zu zaubern. Doch leider ist die Präsentation und Action nicht alles, was ein Spiel ausmacht. Gerade Steuerung und Gameplay hätten noch etwas Feinschliff vertragen können. Genau wie der Multiplayer wirken diese Bestandteile unfertig und sollten bei einer Fortsetzung noch mal angefasst werden. Damit bleibt Stranglehold ein sehr guter Action-Titel, der John Woo Fans glücklich machen dürfte. Nicht mehr, aber ganz sicher auch nicht weniger.
Stranglehold erscheint zuerst am 14. September für die Xbox 360. Am 21. dürfen dann auch PC-Spieler zugreifen, während PS3-Besitzer noch bis zum Oktober ausharren müssen.