Journey (PS4) - Test
Reisefieber, wie es einen nur einmal packt.
Journey ist in vielerlei Hinsicht ein einzigartiges "Ding" von einem Spiel. Es bricht wie wenige andere mit Konventionen, interpretiert den Begriff "Videospiel" auf eigene Weise und ist allgemein ein audiovisuelles Erlebnis wie kein anderes. Was thatgamecompanys Werk jedoch vor allem anderen eine Ausnahmestellung einnehmen lässt, ist eine ganz andere Tatsache: Ich kenne kein anderes Spiel, das ich so sehr verehre und das ich trotzdem nie wieder spielen will.
Natürlich habe ich mich für den Test der PlayStation-4-Überarbeitung ein zweites Mal in das tiefrote Leinen des/der Reisenden geworfen, um vor allem technische und Spielgefühlbelange abzuklären und all jenen, die es noch nie erlebten, dann den Kaufbefehl zu erteilen. Aber mir wurde schnell klar, dass ich persönlich diesen Weg kein zweites Mal zu seinem Ende abschreiten werde. Nicht, weil etwas mit dem Spiel an sich nicht stimmen würde. Ganz im Gegenteil. Diese Version ist wundervoll. Aber ich habe meine ganz persönliche Reise bereits hinter mir. Jeder weitere Durchgang verwässerte diese einschneidende Erfahrung nur.
Meine Geschichte ist geschrieben, es wird kein zweites Mal wie damals. Egal, wie sehr ich mir sage, dies hier sei ein anderer Reisender, den ich an sein Ziel geleite, diese weit entfernte glühende Bergspitze. Durch Sandstürme, über fliegende Teppiche hinweg, an zauberhaften Siegeln vorbei, die von einer längst vergangenen Zeit und einem nie endenden Zyklus des Lebens und Vergehens künden. Ich weiß noch jetzt, wo ich die teilweise versteckten Glyphen finde, die meinen Schal verlängern, der mich des Schwebens bemächtigt, führe zufällige Wegbegleiter durch das sonore Zirpen meines Reisenden an versteckte Orte und freue mich, wenn sich aus dieser rudimentären Kommunikation tatsächlich so etwas wie ein Verstehen entwickelt. Aber ich fühle es kein zweites Mal so wie im Frühjahr 2012.
Und Gefühl, das ist nun mal die Hauptsache an Journey. In dieser Version gleich doppelt dick aufgetragen, weil Sandverwehungen noch feiner und fließender über das gleißende Sandmeer huschen, die Kontrollen noch direkter umgesetzt werden und man allgemein ein bisschen mehr meint, diesen Ort nicht nur sehen, sondern auch anfassen zu können. Die Schlitterpartien eine gewaltige Düne hinab, schwereloses Fliegen soweit der mit Hieroglyphen besetzte Zaunerschal trägt, beschwerliche Wanderungen wider die Witterungen und zermürbende Steigungen - das alles transportiert diese definitive Version dank konstanten 1080p und 60 Bildern pro Sekunde noch direkter und gefühlsechter.
Es war schon damals eine Leistung, wie viel tröstende Schönheit thatgamecompany aus einem eigentlich leblosen Szenario zog, wie viel Jahrtausende überdauernde Geschichte sich zwischen den so vergänglichen, launischen, den Winden ausgelieferten Sandmassiven versteckte und wie viel Anmut sie aus derart sparsam animierten Figuren zogen. Dieser Titel ginge über die Ohren und den Sehnerv auch ohne freizügig vor sich hergetragene Lebensmetapher unmittelbar ins Herz und das ist allein den Gestaltern zu verdanken. Nichts sah vorher so aus, nichts seither.
Klug, vielsagend und im tiefsten Innern berührend, sollte jeder Journey erlebt haben, der Spiele nicht zwangsläufig über einen "Fail-State" definiert. Es ist aufwühlend und hypnotisierend zugleich, ein Meilenstein beim Spielen sich selbst schreibender Geschichten, dem man hoffnungslos verfällt, den man aber trotzdem aller Wahrscheinlichkeit nach nur einmal in seinem Leben spielt. Und dann? Dann behält man ihn, wie ein Erlebnis eigentlichen im Wortsinne, auf immer und ewig unverändert in Erinnerung. Wiederkäuen unnötig, denn wenn dieses Spiel uns eines lehrt, dann, dass man nur ein Leben hat und nichts in der Welt beim zweiten Mal so schön ist, wie beim ersten. Und wenn das nicht Gold wert ist, was dann?