Just Cause 3 - Test (PC)
Die wunderbare Welt des Chaos, auf den Konsolen aber noch mit Problemen.
Ich mag Just Cause. Seit dem ersten Teil, dem damals zugegebenermaßen noch an vielen Ecken der letzte Schliff fehlte. Die Art von Feinschliff, den Just Cause 2 ein paar Jahre später bekommen hat. Ich mag es wegen seiner Unkompliziertheit, weil ihr einfach die Sau rauslassen und die bösen Jungs mit allen erdenklichen Mitteln in die Schranken verweisen könnt. Und besonders deswegen, weil es sich dabei selbst nicht im Geringsten ernst nimmt. Auch in Just Cause 3 geht Spielspaß wieder vor Realismus - und das ist gut so, weil es schlicht wie die Faust aufs Auge passt.
Das zeigt alleine schon die Eröffnungssequenz. Mit seinem alten Kumpel Tom Sheldon befindet sich Rico Rodriguez in einem Propellerflugzeug auf dem Weg nach Medici, einer fiktiven Inselgruppe im Mittelmeer, die zugleich Ricos Heimat ist. Hier herrscht der Diktator Sebastiano di Ravello mit eiserner Faust und Rico hat es sich zur Aufgabe gemacht, die dortigen Rebellen im Kampf um die Freiheit zu unterstützen. Empfangen werden sie jedoch von di Ravellos Kampfjets und Luftabwehrstellungen, also steigt Rico kurzerhand aufs Dach des Flugzeugs und schießt von dort aus mit einem Raketenwerfer auf besagte Stellungen am Boden.
Es ist nicht der einzige waghalsige Stunt, den ihr in Just Cause 3 absolvieren werdet. Das Spiel legt geradezu Wert darauf, dass ihr das tut - und es lässt euch eben genau das nach Lust und Laune tun. Rico kann unter anderem auch à la Batman kopfüber unten am Rumpf eines Helikopters hängen und von dort aus Gegner ins Visier nehmen. Bei diesem Vorhaben helfen Ricos nützliche Spielzeuge. Sein Greifhaken wurde weiterentwickelt und ist für sich genommen schon eine tödliche Waffe. Ihr könnt zum Beispiel zwei Punkte per Seil miteinander verknüpfen und dann auf Tastendruck dafür sorgen, dass sie sich gegenseitig anziehen.
Damit lasst ihr dann Soldaten über den Boden schleifen, bringt Treibstofftanks zu Fall und auch bei Verfolgungsjagden ist das Ganze ziemlich nützlich. In einer Mission steht Rico auf dem Dach eines Fahrzeugs und muss Gegner fernhalten. Verknüpft doch einfach mal die Fahrzeuge eurer Feinde mit dem Boden und mit etwas Glück fliegen sie meterhoch durch die Luft. Gleichermaßen könnt ihr damit Helikopter oder Kampfjets vom Himmel holen, wenn ihr es zum passenden Zeitpunkt einsetzt. Einfach zwei Helikopter miteinander verbinden und ihnen eine kleine Überraschung bescheren, wenn sie langsam ineinander krachen und in einem großen Feuerball explodieren - ein äußerst befriedigendes Gefühl.
Zugleich verfügt Rico in seinem Outfit über einen Fallschirm und einen Wingsuit, die er jederzeit und immer wieder einsetzen kann - das ist nicht realistisch, macht aber verdammt viel Spaß und passt einfach wunderbar zu diesem Spiel. Ohne Fallschirm und Co. wäre es vermutlich oftmals sehr frustrierend, weil ihr euch so mehr als nur ein paar Mal vor dem sicheren Tod rettet, wenn etwa euer gekaperter Helikopter abstürzt und ihr vor dem Aufschlag auf dem Boden schnell noch aus dem Cockpit hüpft, um euch mit Fallschirm, Wingsuit oder einfach mit dem Greifhaken in Sicherheit zu bringen.
Wenn ihr Just Cause wie ich seit dem ersten Teil begleitet, wird euch auffallen, dass Avalanche das Spielkonzept mit jedem Teil weiterentwickelt und verfeinert hat. Das ist auch in Just Cause 3 nicht anders und entsprechend solltet ihr nicht mehr erwarten, wenn ihr euch diesem Spiel widmet. Evolution statt Revolution lautet das Motto, was in diesem Fall nichts Schlechtes ist. Avalanche gibt euch weitestgehend freie Hand dabei, was ihr auf Medici anstellt.
Erneut ist das Land in diverse Provinzen aufgeteilt, die ihr befreien könnt, indem ihr darin befindliche Stützpunkte und Siedlungen von Feinden säubert. Dazu müsst ihr etwa in einer gegnerischen Militärbasis sämtliche „Chaos-Objekte" zerstören. Dabei handelt es sich unter anderem um Treibstofftanks, Stromgeneratoren, Satellitenschüsseln und dergleichen. All das könnt ihr mit euren Kugeln durchlöchern oder einen Sprengsatz (von dem ihr unendlich viele bei euch tragt) anbringen, explodieren wird es am Ende so oder so. Also: Wenn ihr Explosionen mögt, ist Just Cause 3 genau euer Ding. Alleine diese bildschirmfüllenden Feuerbälle mit weit in den Himmel ragender schwarzer Rauchwolke nach der Explosion eines gewaltigen Treibstofftanks sind einfach herrlich. Und dass 1.308 von 1.832 getöteten Feinden in meinem Spielverlauf durch Explosionen starben, spricht ebenfalls Bände, was ihr hier zu erwarten habt. Letzten Endes bleibt es aber dabei, dass ihr meist nur diese speziellen Chaos-Objekte zerstören könnt, hier noch ein paar Wachtürme, doch ansonsten bleiben die Siedlungen unversehrt. Ihr sollt sie ja auch befreien, nicht zerstören.
Also keine komplette, sondern teilweise Zerstörung von dafür vorgesehenen Objekten. Aber davon gibt es mehr als genug und es macht immer wieder einen Heidenspaß, das alles in die Luft zu jagen, zu sehen, wie alle paar Meter etwas neben euch explodiert, während Rico sich als Ein-Mann-Armee durch das Land schlägt. Übrigens: Wenn ihr nicht wollt, braucht ihr nicht sämtliche Provinzen zu erobern. Nur für eine Handvoll Storymissionen müsst ihr im Vorfeld zwei oder drei weitere Provinzen befreien oder einen Kontrollturm von di Ravellos Militär unter eure Kontrolle bringen, um mit der Geschichte fortfahren zu können. Der Großteil der Einsätze lässt sich aber ohne irgendwelche Einschränkungen in Angriff nehmen.
Allerdings lohnt es sich durchaus, dass ihr euch auch mit dem Rest dieser übrigens sehr wundervollen, natürlich und lebendig gestalteten Spielwelt beschäftigt. Einerseits gibt es mehrere verschiedene Sammelobjekte, die ihr finden könnt, andererseits schaltet ihr mit so ziemlich jeder eroberten Siedlung oder einem Stützpunkt optionale Herausforderungen frei. Dabei müsst ihr etwa möglichst viel Chaos verursachen, ein Rennen mit einem Fahrzeug absolvieren oder eine bestimmte Strecke mit Fallschirm oder Wingsuit fliegen. Je besser ihr euch dabei schlagt, desto mehr Zahnräder erhaltet ihr.
Die Zahnräder lassen sich wiederum für die neuen Mods einsetzen. Mit diesen Modifikationen kann Rico seine Fähigkeiten verbessern. Ihr braucht sie nicht zwingend, um die Hauptstory beenden zu können, aber sie machen euch das Leben definitiv einfacher. Es gibt sie für verschiedene Kategorien und Zahnräder für die jeweilige Kategorie erhaltet ihr durch die Erfüllung der zugehörigen Herausforderungen. Ihr könnt dann zum Beispiel eine „kluge Zündschnur" freischalten, mit der der Timer geworfener Granaten reduziert wird, wenn ihr sie in die Nähe von Gegnern werft. Mit der „langen Zündschnur" verlängert ihr wiederum die Zeitspanne bis zur Explosion. Weiterhin lässt sich etwa die Zahl der möglichen Verbindungen, die ihr mit eurem Greifhaken aufbauen dürft, auf maximal sechs erhöhen, ebenso könnt ihr die Stärke der Verbindung steigern. Grundsätzlich könntet ihr also dann sechs Soldaten an einer Gasflasche befestigen, drauf schießen und sie hebt mit all den Gegnern an der Leine in die Luft ab. Kurz gesagt: Die Befreiung der Spielwelt und die Erfüllung der Herausforderungen hat einen vernünftigen spielerischen Sinn, der euch das Leben auf Medici einfacher macht.
Ihr könnt euch übrigens im Grunde überall dort, wo immer ihr gerade seid, neue Waffen und/oder Fahrzeuge liefern lassen. Dazu wählt ihr aus einem entsprechenden Anforderungsmenü das gewünschte Objekt aus, werft einen kleinen Signalsender auf den Boden und schon wird eure Lieferung in einem großen Container abgeworfen. Allerdings funktioniert das nur mit Einschränkungen. Entsprechende Sender müsst ihr euch stets aufs neue in Siedlungen oder Basen holen und ihr könnt auch nicht immer und immer wieder den gleichen Kampfhelikopter schnell nacheinander anfordern - es gibt immer einen Cooldown bei einzelnen Objekten.
Ganz perfekt funktioniert das jedoch nicht immer. Es kam mehrfach vor, dass mein angeforderter Helikopter den Abwurf nicht überlebte und gleich in Flammen aufging, wodurch nur noch ein frisch geliefertes Wrack vor mir stand. Selbst die Schnellreise-Option begrenzt man leider künstlich auf diese Art und Weise. Ihr müsst euch erst wieder eine neue Leuchtfackel in einer Siedlung oder Basis beschaffen, bevor ihr euch zum gewünschten Ziel transportieren lassen könnt. Es wirkt ein wenig umständlich und ich weiß nicht genau, warum man es auf die Art und Weise lösen musste. Ein einfacher Cooldown zwischen zwei Lieferungen oder einer Schnellreise - sagen wir fünf oder zehn Minuten - hätte es stattdessen auch getan.
Aber bevor ihr nun das Schlimmste annehmt: Zumindest über kürzere bis mittlere Distanzen kann sich Rico in einem ganz vernünftigen Tempo fortbewegen. Und dazu braucht ihr nicht mal ein Auto, mit Fallschirm und Wingsuit kommt ihr mehr als gut und schnell voran, wenn ihr wisst, wie ihr sie richtig einsetzt. Tatsächlich habe ich außerhalb der Hauptmissionen selten irgendein Fahrzeug verwendet, weil Rico nicht zwingend darauf angewiesen ist - und außerdem könnt ihr währenddessen den Blick über die schöne Landschaft schweifen lassen. Aber das hängt wohl auch von eurer Präferenz ab. Fahrzeuge zu kapern ist wahrlich ein Kinderspiel, das gilt selbst für Helikopter und Flugzeuge. Greifhaken befestigen, ranziehen lassen und einsteigen, vorher gegebenenfalls noch den Piloten rauswerfen. Übrigens: Fahrzeuge schaltet ihr für eine Anforderung per Luftpost frei, indem ihr sie zu einer Garage bringt, wo sie quasi gespeichert werden. Warum man aber direkt an einer Garage selbst kein Fahrzeug anfordern kann... ich weiß es nicht. Die ein oder andere Kleinigkeit ergibt in Just Cause 3 nicht unbedingt Sinn, wirkt sich aber nicht negativ auf euren Spielspaß aus.
Abschließend noch ein paar Zahlen, damit ihr einschätzen könnt, wie lange euch Just Cause 3 beschäftigen kann. Steam zeigt mir 19 Stunden an, die ich benötigte, um die Hauptstory abzuschließen. Zieht davon noch mal gut drei, vier Stunden ab, in denen das Spiel im Hintergrund minimiert war oder in denen ich mich mit einigen Dingen abseits der eigentlichen Geschichte beschäftigte und ihr wisst in etwa, wie viel ihr alleine dafür benötigen werdet. Aber wie gesagt, das Spiel hat ja noch mehr zu bieten. Mein Gesamtfortschritt liegt nun bei 43 Prozent, es sind noch diverse Provinzen zu erobern, Herausforderungen freizuschalten und Sammelobjekte zu finden. Schwierig zu finden sind Letztere übrigens nicht. Befreit ihr eine Provinz, werden sie mit Fragezeichen auf der Karte markiert. Ihr müsst sie dann nur noch an Ort und Stelle finden und nicht langwierig danach suchen.
Auf einen Multiplayer-Modus hat Avalanche erneut verzichtet, obwohl die von Fans geschaffen Multiplayer-Mod für Just Cause 2 recht beliebt ist. Trotzdem könnt ihr in gewisser Weise mit anderen konkurrieren, es gibt nämlich verschiedene Bestenlisten, etwa für den längsten Wingsuit-Flug, die größte Zahl an Explosionen, die ihr mit einer einzelnen Explosion verursacht habt oder möglichst viele Treffer mit einem Magazin. Auch für die einzelnen Herausforderungen gibt es eigene Bestenlisten, in denen ihr euch mit anderen Spielern messt.
Die Konsolenversionen haben derzeit beide mit teils größeren Problemen zu kämpfen, was vor allem die Framerate betrifft. Die Xbox-One-Version leidet mehr darunter und fällt schon mal bis auf 20 FPS, die PS4 bis auf 24 FPS. Im Allgemeinen ist die Xbox-One-Version in puncto Framerate jedoch instabiler als die PS4-Fassung, selbst außerhalb der Kämpfe mit Explosionen und ihren zahlreichen Effekten gibt es Probleme. Mehr dazu entnehmt ihr der ersten Performance-Analyse zu Just Cause 3. Da wir das Ganze noch etwas genauer unter die Lupe nehmen und etwaige kurzfristige Patches berücksichtigen wollen, folgt unser finales Fazit zu den Konsolenversionen in Kürze. Im Optimalzustand befinden sie sich derzeit aber sicherlich nicht und ich hoffe, dass Avalanche hier noch einige hilfreiche Optimierungen vornehmen kann.
Lässt man die Probleme der Konsolenversionen mal kurz außer Acht, habe ich mit Just Cause 3 genau das bekommen, was ich erwartet habe. Avalanche hat das zugrundeliegende Spielkonzept in den letzten Jahren weiter verfeinert - zwischen Teil 1 und 3 liegen Welten - und erneut eine wirklich toll anzuschauende Spielwiese für euch geschaffen, auf der ihr jede Menge Chaos anrichten könnt. Und da seit dem letzten Teil schon wieder fünf Jahre vergangen sind, zeigen sich bei dieser Reihe auch nicht die geringsten Ermüdungserscheinungen. Klar, die Story mag vielleicht keinen Oscar gewinnen, doch sie ist gutes, witziges Actionkino und schafft es, euch bis zum Ende zu motivieren. Steht euch also der Sinn nach dieser Art von unkomplizierter und unterhaltsamer Action, die sich nicht zwingend an die Grenzen des Realismus hält und sich selbst nicht ernst nimmt, macht ihr mit Just Cause 3 definitiv nichts falsch. Es bereitet einfach Freude, Medici von den Schergen des Diktators zu befreien und dabei mit den zahlreichen Möglichkeiten und tödlichen Waffen zu experimentieren, die euch das Spiel bietet. Ich weiß schon, wo ich meinen Weihnachtsurlaub verbringen werde. Aber erst mal bitte schnell auf den Konsolen nachbessern, liebe Entwickler.