Kann Death Stranding 2 retten, was sich Death Stranding gerade verdirbt?
Norman Reedus verhandelt scheinbar bereits über eine Fortsetzung.
Death Stranding 2 ist keine Fantasie mehr, wenn Norman Reedus nicht komplett falsch verstanden wurde. In einem Interview sagte er ungefähr (es ist eine Google Translate Übersetzung eines auf Portugiesisch veröffentlichten Interviews): "Ich denke wir machen Death Stranding 2. Die Verhandlung zu dem Spiel laufen schon." Angesichts sehr solider Fanzahlen, guter Verkäufe und teilweise traumhafter Bewertungen wundert das jetzt wahrscheinlich exakt niemanden. Es gibt noch die Möglichkeit, dass er den Director's Cut meinte, aber aus genannten Gründen würde nach normaler Sequel-Logik eine Fortsetzung so oder so Sinn machen. Auch Kojima hatte sich dazu ja schon mal geäußert und gemeint, dass er bei einer Fortsetzung bei Null beginnen würde, mit neuer Story und neuem Gameplay.
Gut so, denn so wie ich Death Stranding sehe, ist das Spiel ein Kunstwerk, fast mehr als es wirklich ein Spiel ist. Es hat ein sehr eigenes Art-Design, das gleichzeitig unverkennbar Kojima ist, aber eben auch Death Stranding und nichts anderes. Das Gameplay arbeitet bis zum schmerzhaften Grad aktiv mit der Idee einer leeren, trostlosen Welt zusammen und dieses Gefühl der einsamen Reise ist das dominierende Motiv. Zumindest empfand ich es so. Das und selbst erfundene Sci-Fi-Verschwörungstheorien, die von Minute Eins an komplett aus dem Ruder laufen. Das kann man mögen, muss man nicht, aber ich bewundere es. Ich bewundere Death Stranding dafür, dass es existiert, dass es so kompromisslos seine Vision durchzog, dass es kein großes Interesse daran zeigte es dem bequemen Spieler wie mir rechtzumachen, sondern mich zwang seine Vision von Leid, Weite und Einsamkeit zu erleben. Und für eine Weile habe ich das gern getan. Spaß hatte ich dabei wenig, aber ich bin mir bis heute nicht mal sicher, ob das der Sinn dieses Spiels war.
Nun, es scheint mit dem Director's Cut seine Meinung in dem Punkt geändert zu haben. Wir werden in Kürze sehen, wie das alles passieren wird, was da in dem Trailer zu sehen war, aber ein guter Teil davon hat mich schlicht schockiert. Nicht der übliche Kram. Neue Missionen, sicher. Neue Waffen, klar doch. Ob die Story eine neue, chaotische Wendung bekommt, mal gucken. Aber andere Sachen... Wenn Norman Reedus als subtil getaufter Sam Porter Bridges in seiner Crib abhängt und zu iTunes rockt, dann kann ich das noch darunter verbuchen, dass auch die härtesten Hunde mal Spaß haben müssen und einfach chillen wollen. Ich weiß nicht, ob es im Rahmen der Stimmung des Spiels sinnvoll ist, das weiter zu betonen, aber sicher, kann man machen. Ich würde es nicht, aber ich bin auch nicht Kojima und kann nicht auf ein Leben voller meist aberwitzig guter Spiele zurückblicken.
Viel bedenklicher finde ich allerdings die Vereinfachung der Bewegung durch die Welt. Die Jetpack-Fallbremse ist sicher extrem praktisch, um eine 500 Meter tiefe Schlucht runterzuhopsen, aber dann wieder ging es meiner Auffassung nach nie um praktisch. Praktisch wäre auch ein Hubschrauber gewesen oder andere Tech, die man innerhalb der Story sicher hätte rechtfertigen könne, wenn praktisch ein Faktor sein sollte. Praktisch ist sicher nun auch der niedliche Roboter, der einen durch die Gegend trägt, damit man sich nicht mit der unwegsamen Einsamkeit auseinandersetzen muss. Also ja, das kommt dem bequemen Spieler in mir entgegen, aber es verwirrt den Bewunderer des Kunstwerks in mir. Und während der noch verwirrt ist, nutzt ein anderes Feature die Chance ihm mit voller Wucht gegen das Schienbein zu treten: Autorennen.
Sicher, im Rahmen des gewollt umständlichen Craftings ist es möglich alles zu bauen. Schließlich braucht die sterbende Zivilisation neue Infrastruktur, um wieder auf die Beine zu kommen. Insoweit ist es sicher theoretisch kein Problem eine Rennstrecke und entsprechende Fahrzeuge zu basteln. Aber wir reden hier über das Ende der Welt und das verzweifelte letzte Aufbäumen dagegen. Das ist einfach nicht das Spiel, das sich mit so etwas beschäftigen sollte. Ich sage nicht einmal, dass es spielerisch schlecht sein muss. Wird als aufgesetztes kleines Bonus-Game schon okay werden, wenn auch wohl nicht das nächste GT. Aber so wenig wie wirre Stories über vor den Bauch geschnallte Embryos in GT gehören, hat ein Rennspiel etwas in dieser Welt verloren.
So leid es mir tut, das fühlt sich nicht nach Director's Cut, sondern nach Special Extended Edition an, mit all dem Kram, dem man auf dem Boden im Schnittraum fand und nun anklebte, in der Hoffnung, dass es jemand als Mehrwert empfindet. Wäre Death Stranding ein normales Spiel, dann wäre das ganz normal und völlig okay. Es ist aber eben kein normales Spiel. Es ist ein absurder Sonderling, der den meisten Konventionen zugänglichen Designs unserer Zeit widerspricht. Es ist ein kompliziertes und komplexes Kunstwerk. Es brauchte kein Rennspiel. Es ist perfekt als das, was es ist.
Insoweit bin ich sehr froh, dass scheinbar ein Death Stranding 2 eine sehr reale Möglichkeit ist. Von Zeit zu Zeit muss es solche Exoten geben, gerade im Triple-A-Bereich. Ob sie dann wirklich Spaß machen, das sehe ich mehr als Bonus. Insoweit bin ich auch froh, dass Kojima eine Fortsetzung neu erdenken würde, so wie auch, dass der grantige Norman Reedus wieder eine Rolle darin spielt. Es dürfte im Idealfall wieder ein Werk werden, dem man sich nur schwer nähern kann, aber das einem viel zu denken gibt. Weniger, was Kojima uns mit der Story sagen wollte, sondern über Spiele an sich, Gameplay in seiner Essenz, warum man etwas spielt und ob Spaß der wichtigste Treiber dabei sein sollte. Autorennen haben in solchen Spielen nur unter sehr besonderen Umständen etwas verloren.
Ob Death Stranding Director's Cut entgegen meinen Erwartungen einer davon sein könnte, das erfahren wir dann in Kürze, Alex durchwandert dann einmal mehr das Wasteland von Death Stranding. Und hüpft dann wohl auch bequem tiefe Canyons runter. Den Test zu Death Stranding (noch ohne Director's Cut) findet ihr hier.