Karting Superstars: Kein Forza, aber vielleicht der beste Arcade-Racer, den niemand auf der Rechnung hatte
Aufregender Flirt mit dem Randstein. Und mit Tony Kanaan.
Eigentlich hatte ich ja Urlaub. Aber als ich mitbekam, dass der Nachfolger von Circuit Superstars gerade in den Early Access gestartet ist, war mir das umgehend egal. Karting Superstars heißt der und dreht sich um das, was der Name verspricht: Anstatt in GT-Boliden, Formel-1-Wagen, Rallye-Rasern und vielem mehr Platz zu nehmen, sitzt man diesmal am Steuer eines flinken Zweitakters.
Statt von oben tut man das dabei mit dem Blick von hinten über den Helm, ist diesmal also eher mittendrin, anstatt das Gewusel aus der Ferne zu verfolgen. Und für mich fühlt sich Karting Superstars damit ein wenig mehr nach „großem“ Rennspiel als der an Super Sprint erinnernde Vorgänger. Auch wenn der Racer noch immer so farbenfroh und frisch aussieht wie ein charmantes Action-Adventure.
Gut, „Super Sprint“… Diese Beschreibung wird den Tatsachen natürlich kaum gerecht. Immerhin war schon das erste Spiel vom Indie-Studio Original Fire Games viel mehr als ein profaner Arcade-Flitzer, da die Fahrzeuge von einer erstaunlich glaubwürdigen Physik über Rennstrecken mit einem hervorragenden Flow getrieben wurden. Meiner Begeisterung darüber hatte ich im letzten Jahr, lange nach Release, mal Ausdruck verliehen – und Karting Superstars macht eben genau da weiter.
Will sagen: Auch die Karts rauschen physikalisch so nachvollziehbar über den Asphalt, dass es eine Freude ist, sie auf der Bremse in den Scheitelpunkt zu zwingen und dann behutsam wieder auf die andere Straßenseite in Richtung Kurvenausgang zu beschleunigen. Eine große Rolle spielen dabei die Randsteine, ganz besonders die im Kurveninneren. Denn so wichtig es für so manches Zehntel sein kann, über die Abweiser zu rauschen, so sehr sollte man darauf aufpassen, dass der Wagen nicht versetzt und dadurch Geschwindigkeit verliert.
Gerade in Verbindung mit dem erneut sehr feinen Streckendesign, bei dem oft nicht das Durchfahren dieser einen kniffligen Spitzkehre, sondern das möglichst frühe Herausbeschleunigen aus gleich zwei, drei oder noch mehr aufeinanderfolgenden Kurven im Mittelpunkt steht, kommt den Kerbs eine große Bedeutung zu.
Nun liegen Karts naturgemäß so satt auf der Straße, dass man auch in vielen engen Kurven durchgehend auf dem Pinsel steht. Zusätzlich rutschen Reifen für mein Empfinden auch ganz allgemein schon weniger als im Vorgänger, sodass man seltener am Driften ist. Aber diesen Aspekt des vorausschauenden Fahrens über mehrere Kurven hinweg fängt Karting Superstars bislang eben wirklich klasse ein.
Wie gesagt: „bislang“. Momentan ist das ja alles Early Access. Weshalb noch längst nicht alle Strecken verfügbar sind (aktuell sind es sechs Kurse in einer oder zwei Varianten plus entgegengesetzter Richtung) und auch die Rennstrategie spielt noch keine Rolle. Online-Rennen finden zudem ohne Kollisionen statt und es ist auch kaum jemand online. Das alles soll in den kommenden Monaten erst hinzukommen.
Und sortiert diesen Arcade-Spaß auch unabhängig vom aktuellen Umfang richtig ein. Ähnlich wie im Vorgänger wird es keine nennenswerte Karriere für Solisten geben, denn der Fokus liegt auf dem Absolvieren zufällig generierter Meisterschaften in einem von fünf gewählten Schwierigkeitsgraden. Zusätzlich geht’s zum Zeitfahren in weltweiten Ranglisten auf die Piste sowie (ausreichend Teilnehmer vorausgesetzt) online an den Start, wofür man allein oder gemeinsam mit Freunden in eine laufende Partie gesteckt wird, um ständig wechselnde Rennen zu absolvieren.
Beständiges Spielen schaltet dabei Helme, Gesten und mehr frei. Und was mir übrigens besonders gut gefällt: Karting Superstars ist nicht nur mit Schultertasten und Analogstick spielbar, sondern fühlt sich auch rein digital richtig gut an. Mit analogem Gas und Bremse sowie digitaler Lenkung kommt ihr am besten zurecht? Geht mir genauso. Funktioniert einwandfrei!
Abgesehen davon mag ich nach wie vor das clevere Strafensystem, bei dem man nach dem Abkürzen einer Kurve nicht nur eingebremst, sondern auch zum buchstäblichen „Geisterfahrer“ wird, sodass das halbe Feld vorbeiziehen kann, ohne dass man ihm das Geringste entgegenzusetzen könnte. Den meisten Schummlern zieht das die Zähne.
Klar, natürlich ist Kartfahren auch Kontaktsport, in einer flotten Arcade-Umgebung wie dieser hier erst recht. Und so macht es sich durchaus bezahlt, vor einer Haarnadel innen reinzustechen, um Plätze gutzumachen. Man sollte es nur nicht übertreiben und umgekehrt die Augen offenhalten. Zum einen kann man allzu optimistische Manöver mit dem Fahren einer cleveren Linie nämlich kontern und zum anderen kosten längere Rangeleien beide Streithähne Zeit. Wer einen Kontrahenten einfach nur zur Seite schiebt, verliert ja oft selbst wertvolle Zehntel – mal ganz davon abgesehen, dass clevere Vorausfahrende eilige Drängler dorthin schieben können, wo sie fürs Abkürzen bestraft werden.
Mag sein, dass aggressive Piloten unterm Strich im Vorteil sind. Allzu kopfloses Rempeln kann ich allen Normalfahrern aber zum Glück nicht empfehlen. Nur eine Sache fehlt mir: unterschiedliche Kart-Typen, darunter solche mit Gangschaltung. Denn die sollen den aktuellen Plänen nach auch im Verlauf des Early Access nicht hinzukommen. Dabei waren auch die vielen, sehr verschiedenen Fahrzeugklassen durchaus eine Stärke von Circuit Superstars.
Lasst euch davon aber nicht abschrecken. Auch ohne Abwechslung in Sachen Untersatz ist Karting Superstars schon jetzt ein exzellenter Arcade-Racer, der nicht zuletzt mit satten 60 Bildern pro Sekunde übers Steam Deck rast. Wenn ihr daher nur das kleinste Bisschen Benzin im Blut habt – klimakleberfreundliche Alternativen gehen sicher auch –, dann schaut euch zumindest mal die Demo an, die auf Steam verfügbar ist. Und greift bei Interesse früh zu! Das Spiel soll mit wachsendem Umfang teurer werden als es momentan der Fall ist.