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Keiner schläft mehr bei Mario Party: Star Rush

Einer kauft es, alle ziehen gleichzeitig.

Nintendo Party? Vielleicht genau das Richtige nach exzessiven Destiny- und Witcher-Sessions und zwischendurch mal nach Dark Souls 3 im NG+. Man muss ja auch mal das Tempo wechseln und wenn wir alle ehrlich mit uns sind: Bei Mario und Nintendo werden wir alle am Ende des Tages zumindest kurz schwach. Oder auch länger. Oder für ein ganzes Weilchen.

Sonne im Herbst. Der eh schon sonnig ist. Zu viel Sonne. Wann kommt Skyrim HD?

Sicher. Aber Mario Party? Ja, auch Mario Party. Wobei ich sagen muss, dass meine Kenntnis der Reihe durchaus ein paar Lücken aufzuweisen hat. Das hier ist insgesamt das dreizehnte Spiel der Reihe - das vierzehnte, wenn man das etwas obskure Part-E dazuzählen möchte - und ich kenne... lasst mich nachdenken... zwei. Das allererste und Mario Party DS. Und jetzt Mario Party: Star Rush. Auf dem 3DS. Und natürlich N3DS. Auch in XL. Läuft auf allem. Nicht auf dem DS. Aber dem 2DS. Glaube ich. Okay, okay, ich kenne nur zwei von über einem Dutzend Vorgängern, aber trotzdem kann ich euch eine Sache jetzt schon direkt sagen.

Mario Party: Star Rush ist das beste Mario-Party-Spiel überhaupt.

Alle würfeln gleichzeitig. Das einzige, was fehlt, ist dass die Würfel durcheinanderfliegen können. Dann wäre es noch näher an einem 'echten' Brettspiel dran.

Warum? Ganz einfach: Es hat das schnarchige Rundenprinzip über Bord geworfen. In allen Vorgängern - ich habe nachgeguckt - zogen die Spieler abwechselnd in Runden. Das war langweilig. Vor allem, wenn man das tief in der Nacht schon leicht angeheitert gespielt hat. Hey, Mario Party kam '98, ich war deutlich jünger und durfte länger aufbleiben. Aber da kam es dann halt schon mal vor, dass einer weggedöst war, weil er gerade mal für eine Minute nicht so viel zu tun hatte. In Star Rush ziehen alle gleichzeitig, was einige fiese Momente mit sich bringt.

Nehmt Toad Tour, was übrigens keineswegs der einzige Modus ist. Ihr würfelt alle gleichzeitig. Dann zieht jeder seine Figur. Sind alle fertig, werden die Figuren bewegt. Erst dann seht ihr auch, was die anderen tun. Ihr müsst immer direkt auf einem der nacheinander abzuarbeitenden Minispielfelder landen, um einen Boss zu bekämpfen. Das Spielfeld erlaubt freies Ziehen, was bedeutet, dass ihr mit zum Beispiel einer Sechs mit einer kleinen Extraschleife direkt auf dem Feld landet und nebenbei noch ein paar Münzen einsackt. Einem anderen Spieler reicht aber eine Zwei, mit der er dann natürlich vor eurer Figur landet und erst mal fünf Münzen dafür einsammelt. Die folgende Minispiel-Bosskampfrunde spielen alle und wer sie gewinnt, bekommt einen Stern. Am Ende gewinnt derjenige mit den meisten Sternen. Aber, und hier kann es sich dann eben doch lohnen, Umwege zu laufen, Münzen lassen sich in Sterne umwandeln und plötzlich steht einer, der fleißig das Feld abgraste, dann doch vorn.

Die Halbwertzeit des Spielspaßes bei den Minispielen wird noch ermittelt.

Auch wenn ich ein paar Züge brauchte, um es zu sehen, in Toad Tour und auch allen anderen Modi steckt etwas mehr Tiefe, als es zunächst den Anschein hat, was dafür sorgt, dass der Brettspielanteil mehr wie ein echtes Brettspiel wirkt, nicht nur wie eine Ausrede, um Minispiele an den Mann zu bringen. In Mario Party geht es nicht ums Gewinnen, sondern ums Dabeisein und darum, den anderen liebzuhaben? Von wegen, erzählt das mal jemandem, der sich seines Sieges gewiss war, nur um von euch knapp mit der finalen Münzumtauscherei ausgestochen zu werden. So schmeckt Sieg, mein Freund. Zuckersüßer Nintendo-Sieg mit einer Ladung Extrazucker, weil auch Star Rush wie immer eine visuelle Schmusedecke mit fast universellem Appeal über Generationen hinweg ist. Aber trotzdem: Sieg!

Was die Minispiele angeht: Ja, mir fehlt jetzt der Vergleich zu dem nicht gespielten Dutzend der Serienteile, aber einer, der sich da etwas besser auskannte - 7 und 10 hatte er wohl auch noch gespielt - sagte, dass diese hier alle im oberen Feld der Reihe liegen und mehr Spaß machen als vieles der Wii-U-Version. Am Ende ist es natürlich häufig ein schneller Reaktionstest, ein paar Dinge sammeln und Frogger-Style zurücktragen, ein paar Mal auf was draufhüpfen, manchmal auch das Gehirn etwas mehr anstrengen.

Der Ballon-Modus für lange Fahrten...

In der Richtung war ich überrascht und froh, dass ich jemanden hatte, der es mir initial erklärte: Das Tortenschneidespiel ist mein Favorit, weil es ein gutes Gedächtnis und vor allem gutes räumliches Vorstellungsvermögen erfordert, beides Dinge, mit denen ich eher durchschnittlich gesegnet bin. Es war also eine gewisse Herausforderung, einen Tortenquerschnitt zu sehen, dann seitliche Ausschnitte davon und schließlich, nach einer kurzen Einprägezeit, mit dem Stylus richtig die Schnitte zu setzen, dass es exakt das geforderte Stück ergibt. Lässt sich schwer erklären, macht richtig Spaß, hab mich immer wieder über diese Runde gefreut. Insgesamt und ohne zu sehr ins Detail zu gehen: Jedes der Minispiele hätte ein vollwertiges NES-Spiel sein können, beliebige fünf von ihnen hätten eine gute Sammlung auf dem Super-Nintendo abgegeben. Und über 50 davon sind solider Inhalt für ein 3DS-Spiel heutzutage. Früher war Spielemachen in mancher Hinsicht leichter. Nicht in jeder, aber in mancher.

Wie gesagt, Toad Scramble ist nicht der einzige Modus - und er ist auch nicht so Toad-lastig, wie es erst den Anschein hat. Ihr müsst nur genug Sachen durch eine Art Erfahrungssystem freischalten, das beim Spielen nebenbei läuft. Ein echter Favorit wurde ganz schnell das Münzenrennen, schlicht weil es kurz, knackig und angemessen hektisch funktioniert. Ihr spielt ein paar Minispiele, sammelt dabei Münzen, mit denen ihr möglichst schnell versucht, das Feld zu umrunden, und zum Ende kommt noch Bowser und spielt kleine Bossrunden mit euch. Verliert ihr diese, schubst ihr euch ein paar Felder zurück, was für genau die Art von Wutgeheul und Freudengejauchze sorgt, die man bei einem solchen Spiel haben will. Dauert eine Runde lange, dann lasst es eine halbe Stunde sein. Es ist also exakt das, was man gut zwischendurch spielen kann. Alle-ziehen-gleichzeitig sei Dank!

...das chaotische (und bessere) Münzenrennen für immer, wenn mal eine halbe Stunde da ist.

Habt ihr dagegen einen ganzen Abend vor euch, ist vielleicht Ballonjagd das Richtige. Es ähnelt Toad Tour in der Art, wie ihr Punkte sammelt - Sterne in Minispielen und Münzen gegen Sterne tauschen -, ihr zieht aber auf festen Bahnen, wobei ihr auf Ballons landen müsst, um die Minispiele und Bosskämpfe auszulösen. Zwanzig Runden davon dauerten insgesamt etwas zu lang, als dass alle großen und kleinen Kinder der Runde die komplette Zeit mit voller Aufmerksamkeit dabeiblieben, aber dass das Ganze die etwas über 90 Minuten hielt - nicht genau auf die Uhr geguckt, könnte sogar etwas mehr gewesen sein -, war schon eine gewisse Leistung für eine einzelne Runde eines virtuellen Brettspiels. Auch dabei half natürlich, dass jeder immer etwas zu tun hatte und nicht erst die Runden der anderen abwarten musste.

Um das zu realisieren, war es natürlich nötig, dass jeder seinen Screen hat und damit auch seinen 3DS. Oder 2DS. Oder N3DS. Und sein eigenes Spiel. Halt, nein! Es reicht, wenn einer das Spiel hat! In einem Akt der Großzügigkeit - in keiner Weise zynisch gemeint, hätte man sicher auch auf die harte "Jeder braucht seines!"-Weise lösen können - erlaubt euch das Spiel einen Gast-Download für jeden Spieler. Dieser ist nicht viel kleiner als der des ganzen Spiels und es fehlt wohl nur minimaler Content aus dem eher sedierenden Solo-Modus. Äh, ja, Solo-Modus. Gibt es. Solltet ihr nicht spielen. Ist traurig, ein Party-Spiel alleine zu spielen. Zeugt von nicht vorhandenem Sozialleben, aber gleichzeitig dem Wunsch, eines zu haben. Hab nie Psychologie studiert, mir nur das eben nebenbei ausgedacht. Während ich den Solo-Modus spielte. Wenigstens werde ich dafür bezahlt.

Amiibos werden unterstützt. (Hey Schatz, ich hab den 'Plastik-Schrott' doch nicht umsonst gekauft!...Wie, Du bis nicht beeindruckt? Guck hier: Woll-Yoshi ist IM Spiel!)

Zurück zum Thema. Also ja, einer hat das Spiel, drei laden es herunter und können es alle komplett und mit allen Modi und Minigames zusammen spielen. Solange natürlich der eine Besitzer des Spiels in der Runde dabei ist. Ist er das nicht, können die anderen nur das besagte Minigame spielen und sonst nichts, was auf seltsame Weise weniger traurig ist, als Star Rush komplett allein zu spielen. Immerhin hatten sie mal Kontakt mit jemandem, der sie das Spiel herunterladen ließ, und warten voller Vorfreude und ausgestattet mit einem ranzigen Minispiel auf die Rückkehr dieses glorreichen Moments.

Technisch funktionierte das stets tadellos, ohne Lags oder Findungsschwierigkeiten in der Lobby, lief einfach. Ansonsten spielt das natürlich keiner für die Technik. Es ist erwartungsgemäß nicht das Spiel, das den N3DS aufgrund seiner schieren visuellen Macht der Polygone zum Kochen bringt. Es nutzt sein 3D eher bescheiden, aber eigentlich ist das am Ende egal. Es sieht aus, wie ein Mario Party aussehen muss, fühlt sich so an und die Figuren hängen beim Charme sowieso das meiste ab, was es da sonst in der Maskottchenwelt gibt. Außer Sonic natürlich! Old-School-Burn.

Stampft auf Goombas im Gras. Das werde ich als Einziges in meine nächste Bewerbung schreiben. Mehr muss man wirklich nicht sagen, mehr Kenntnisse sind für keinen Job nötig.

Und nach all dem bleibe ich dabei, auch ohne den kompletten Test oder auch nur das komplette Spiel gesehen zu haben, dass Star Rush das beste Mario Party überhaupt ist? Ohne auch nur alle anderen Teile zu kennen? In gewisser Weise schon, auch wenn das natürlich über die nächsten Wochen noch im Detail geprüft werden muss. Aber das gleichzeitige Ziehen macht das Spielerlebnis so viel flüssiger und unterhaltsamer, dass es eine Wonne ist. Sicher, mein eigener Favorit wird immer der erste Teil bleiben, einfach aufgrund der tiefen, jugendlichen Nachtstunden, in denen er gespielt wurde. Wenn es darum geht, dann hat sicher jeder, dessen Wege mal den dieser Serie kreuzten, seinen eigenen Favoriten. Aber das gleichzeitiges Ziehen ist eine wichtige Evolution und der großzügige Gast-Download die beste Art, es umzusetzen. Ein Mehrspielerkonzept, das Nintendo gerne generell so vollständig wie hier in anderen Titeln und dann nächstes Jahr auf der NX fortführen darf.


Entwickler/Publisher: Nd Cube / Nintendo - Erscheint für: 3DS Preis: ca. 45 Euro - Erscheint am: 7.10.16 - Angespielt auf: N3DS - Sprache: Deutsch

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