Kena: Bridge of Spirits - Test: Ein wenig Disney, etwas 90er und ganz schön niedlich
Kena: Bridge of Spirits sieht bezaubernd aus, aber steckt auch mehr dahinter? Unser Test verrät es euch.
Mögt ihr Spiele, in denen es irgendwelche kleinen, niedlichen Viecher gibt, von denen ihr selbst am liebsten welche hättet und sie den ganzen Tag knuddeln möchtet? Okay, dann geht gleich los und kauft euch Kena: Bridge of Spirits. Zugegeben, es ist natürlich nicht der einzige Grund, warum ihr einen Blick auf dieses kleine, wunderschöne Spiel werfen solltet, eine Art Mischung aus Disney-Film und Action-Adventures der 90er. Das Beste vom Besten? Nun, revolutionär ist Kena mit Sicherheit nicht, aber das muss es auch nicht sein, um einfach Spaß zu machen.
Kena ist Ember Labs Debütprojekt und wenn alle Debütprojekte so aussehen würden wie dieses, hätten wir viel mehr wundervolle Spiele. Womit ich keine anderen Titel schlecht reden möchte, nicht falsch verstehen. Aber Kena zieht euch von den ersten Momenten an in seine bezaubernde, magische Welt voller Details und Geheimnisse, die wie aus einem Disney-Animationsfilm entnommen wirkt. Dabei setzt das Spiel auf eine auf den ersten Blick weitläufige Spielwelt, die zur Erkundung einlädt, ohne dass ihr euch in dieser verliert.
Kena und seine große, kleine Welt
Ein Kunststück, das nicht jedem Spiel gelingt. Im Großen und Ganzen führt euch Kena zielgerichtet durch seine Welt, ohne dass ihr euch zu weit vom Pfad entfernen könntet. Es ist die Art von Umgebung, die ein Gefühl von Größe erzeugt, ohne diesen Umfang mit unnützem Kram zu füllen. Klar gibt es Sammelobjekte und andere Beschäftigungsmöglichkeiten in den einzelnen Regionen, aber das alles ist nicht so immens aufgebläht wie in einem Assassin's Creed, in dem ihr mehr Zeit mit der Suche nach allem Sammelbaren verbringt als mit der eigentlichen Geschichte des Spiels.
Kena wirft euch zuerst einmal ins kalte Wasser. Ohne große, ausufernde Erklärungen landet ihr im Spiel und lauft einfach drauflos, in fröhlicher Erwartung der Dinge, die da kommen. Die dann aber nicht ganz so fröhlich sind. Kena ist eine Geisterführerin und sucht nach verlorenen Seelen. Sie stößt auf ein Dorf und seine Umgebung, das von finsteren Mächten, der Fäulnis, korrumpiert wurde. Eure Aufgabe besteht natürlich darin, das alles geradezubiegen. Über Gespräche mit einigen wenigen Charakteren und über Flashbacks erfahrt ihr Stück für Stück mehr über die Vergangenheit.
Ihr drängt die Fäulnis mithilfe eurer Fähigkeit zurück, wobei euch die Rott helfen. Die kleinen, niedlichen Kreaturen, die ich anfangs erwähnte. Kreaturen, denen ihr kleine Hüte aufsetzen könnt, die ihr im Spielverlauf findet. Das sind kleine Vogelnester, Pilze, Blätter und ähnliche Dinge. Hach, niedlich. Ihr könnt euch auch mit Kena auf den Boden hocken und mit den Rott um euch herum interagieren, eines auf eurem Kopf tanzen oder euch auf die Wange küssen lassen. Aber das nur am Rande... Im Endeffekt helfen sie Kena nicht allein bei ihrer Aufräumaktion, sie unterstützen sie obendrein im Kampf und bei Rätseln. Hier und da erinnern sie mich ein wenig an Nintendos Pikmin.
Gut gekämpft ist halb gewonnen
Die Kämpfe gegen normale Feinde sind in der Regel keine große Herausforderung, aber die Bossgegner tragen ihre Bezeichnung zum Teil zu Recht. Präzises Timing und perfektes Ausweichen sind hier häufig der Schlüssel zum Erfolg. Wo ihr vorher noch problemlos durch die Welt kamt, stellen die Bosse eine echte Herausforderung dar. Gleichzeitig erkennt ihr relativ leicht, was jeweils zu tun ist, um sie zu bezwingen - danach liegt's allein an eurer Ausführung. Die Rott können euch im Kampf zum Beispiel heilen, wenn auch nicht permanent, sondern einmalig an vorgegebenen Stellen, sie lenken Gegner ab oder zerstören Gewächse der Fäulnis, die weitere Feinde ausspucken. Kurz gesagt: Ihr seid auf sie angewiesen.
Davon abgesehen kann sich Kena ganz gut allein zur Wehr setzen. Mit ihrem Stab prügelt sie mit leichten und schweren Angriffen auf die Gegner ein, hinzu kommen mehrere andere Attacken, die sich mit der Zeit freischalten lassen. All das ist recht übersichtlich gehalten, es gibt nicht unzählige Kombos, die ihr erst einmal auswendig lernen müsst - gut so! Mich nervt häufig nichts mehr, als massenhaft Angriffsoptionen zu haben, von denen ich am Ende sowieso nicht mehr als eine Handvoll verwende.
Insgesamt setzt Kena dabei auf viele Mechaniken, die euch aus anderen Spielen vertraut sind. Im Story-Verlauf kann sie ihren Stab in einen Bogen verwandeln und Bomben erzeugen. Schaltet dann noch das Upgrade frei, das im Sprung mit gezogenem Bogen die Zeit verlangsamt und ihr habt eine enorm effektive Waffe in euren Händen - vor allem nützlich, wenn ihr auf Gegnern kleine Schwachstellen erkennt, die ihr präzise anvisieren müsst. Sie kann eine Ausweichrolle durchführen, einen magischen Schild erzeugen, der Attacken abwehrt (drückt im richtigen Moment, um den Gegner aus dem Tritt zu bringen) und so weiter. Im Kern nichts, was ihr nicht schon mal gesehen habt.
All das braucht ihr und müsst ihr geschickt einsetzen. Bei Gegnern mit Schilden hilft euch zum Beispiel zuerst eine schwere Attacke, um deren Schutz zu zerbrechen. Alles in allem ist es ein befriedigendes, flüssiges Kampfsystem, das sich übersichtlich und zugleich flexibel präsentiert, euch keine Steine in den Weg legt. Trotz allem sind die Auseinandersetzungen intensiv. Selbst bei wenigen Feinden müsst ihr aufpassen, denn ein gegnerischer Treffer kann euch sehr wehtun - das gilt natürlich für Bosse umso mehr. Haltet daher zusätzlich die Augen nach Meditationsstellen in der Spielwelt offen, die geben euch dauerhaft mehr Gesundheit.
Kena schwächelt leicht zum Ende, aber die Musik ist toll!
Ein wenig ankreiden könnte man Kena, dass sich die Art der Rätsel vor allem zum Ende zu stark wiederholt. Ihr setzt dann häufig die gleichen Methoden ein, um weiterzukommen und neue Bereiche freizulegen. Nichts Dramatisches, aber es erweckt den Eindruck, dass dem Studio hier an manchen Stellen die Kreativität ausging. Ein kleiner Wermutstropfen. Davon abgesehen macht die Erkundung Spaß und das alleine schon wegen der schönen Spielwelt. Hab' ich bereits erwähnt, oder? Egal, kann man nicht häufig genug sagen. Was ich noch nicht ansprach, ist der Soundtrack von Kena. Ausgezeichnet ist ein Wort, mit dem ich ihn beschreiben würde. Ember Lab hat hier traditionelle, balinesische Musik mit einfließen lassen, das Ergebnis ist eine perfekte Ergänzung zu dem, was ihr auf dem Bildschirm seht. Magisch, mysteriös, aufregend, all diese Momente und Gefühle vermittelt die Musik auf wundervolle Art, zum Teil auch mit Gesang von Kena-Sprecherin Ayu Larassanti.
Was Ember Lab zum Glück nicht vergessen hat, ist ein Fotomodus. Den werdet ihr garantiert des Öfteren einsetzen, um zu schauen, ob ihr ein paar coole oder einfach nur wundervolle Momente und Panoramen einfangen könnt.
Kena: Bridge of Spirits Test - Fazit
Kena: Bridge of Spirits erfindet das Rad nicht neu. Aber das, was es tut, präsentiert es auf eine enorm kompetent umgesetzte Art. Allein schon audiovisuell ist es ein bezauberndes Erlebnis und ein Grund, es sich wenigstens einmal anzuschauen. Gegen Ende hin wirkt das Spiel ein wenig gehetzt, aber das trübt das Vergnügen nur unwesentlich. Die Kämpfe funktionieren prima, das Erkunden macht Spaß und es ist nicht das längste Spiel. Ja, für mich ist das im Jahr 2021 de facto ein Pluspunkt, wenn mich ein Spiel vielleicht "nur" ein Wochenende oder eine Woche lang beschäftigt. Lieber kurz und knackig als ausufernd und irgendwann langweilig. In diesem Sinne liefert Ember Lab mit seinem Debütprojekt einen hervorragenden Einstand ab, den es sich zu unterstützen lohnt. Und das nicht allein wegen der Rott. Mal ehrlich: könnt ihr diesen niedlichen Kulleraugen widerstehen?