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Killer Instinct - Test

Ein Dutzend wäre nicht viel, ein halbes ist nicht mal 1991.

Ein solches 90er-Fest, dass sogar nur acht Figuren und ein paar Hintergründe reichen müssen. Hübsch, aber die Konkurrenz ist weiter.

Killer Instinct ist zurück! Hat ja auch lange genug gedauert. Was haben sie wohl in all den Jahren draus gemacht? Welche neuen Charaktere mag es wohl alle geben, welche ultra-brutalen Finisher toppen alles, was Mortal Kombat sich nie getraut hat? Was ... zur Hölle ist das?

Ein Drittel der aktuellen Besetzung.

Ok, es sieht ganz gut aus. Ein wenig seltsam körnig, aber es läuft mit super-sanften 60 Frames und die Detailfreude an Kämpfern und Hintergründen ist schön anzuschauen, ohne Frage. Aber es gibt nur einen einzigen anwählbaren Kämpfer und ich muss jeden Hintergrund mit einer kruden Ingame-Währung freispielen? Außerdem, es sind nur sechs Charaktere insgesamt?

Das allererste Street Fighter 2 auf dem Super Nintendo hatte mehr als das!

Nun, eines nach dem anderen. Killer Instinct ist weder free-to-play, noch pay-to-win, es ist ein „Freemium"-Spiel, besser bekannt unter dem klassischen Begriff „Demo". Ihr erhaltet eine Figur, könnt damit spielen so lange ihr wollt, habt fast alle Modi zur Auswahl, aber sehnt ihr euch nach etwas Abwechslung, kostet es Geld. Knappe 20 Euro kostet das Paket mit den restlichen Kämpfern, plus die zwei in Kürze folgenden Charaktere. Für 40 Euro gibt es neben den anderen Fightern ein paar Kostüme und eine wirklich nett umgesetzte Retro-Version des Originals. Wenn ihr zu viel Geld habt oder zu den unentschlossensten Menschen der Welt gehört, die auch nach der eigentlich ausgesprochen großzügige Demo noch nicht genau wissen, ob sie diesem Spiel jetzt mehr Zeit widmen möchten, könnt ihr die Charaktere einzeln für jeweils 5 Euro kaufen. Aber bringen wir es auf den Punkt, Killer Instinct kostet 20 Euro regulär oder 40 Euro in der Deluxe-Fassung.

Das Spiel liebt seine Partikel.

Das ist jetzt nicht sonderlich teuer, aber lasst mich noch mal wiederholen: 6 Charaktere, 6 Hintergründe. Das ist meines Wissens nach das zahlenschwächste Prügelspiel, das je erschien. Das erste und zweite KI brachte 11 Figuren mit, Street Fighter 2 hatte 1991 8 und davor gab es das Genre technisch gesehen nicht wirklich. Ja, mit den zwei noch kommenden Figuren ist man dann auch bei 8 und damit auf dem Level, der vor über 20 Jahren das Genre begründete, aber ist das wirklich der Maßstab?

Die einzelnen Kämpfer sind fast alle bekannt. Jago (Muskel-Mönch), Glacius (Eis-Wesen), Black Orchid (bisher wichtigste Alibi-Frau), Sabrewulf (Werwolf) und Chief Thunder (Indianer, irgendwie) hatten in jedem KI ihren Auftritt, neu ist die Spinnendame Sadira (neue Alibi-Frau). Jeder einzelne von ihnen ist ein nach den Maßstäben des Genres gut ausgearbeiteter Charakter. Jeder hat seine Eigenheiten, was Tempo und Bewegung angeht, jeder seine Specials und Kombos, wie man es erwartet. Wer sich mit diesen Figuren früher auskannte, wird sich schnell zurechtfinden. Die Spieltiefe, die man von der Erkundung einer solchen Figur erwartet, wird geliefert, aber nicht mehr oder weniger, als das bei jeder anderen der großen Serien derzeit auch der Fall ist. Nur dass diese teilweise mit Charakteren um sich werfen, die fast durchweg genauso ausgefeilt sind. Es ist egal, ob ein Prügler 25 oder 50 Figuren mitbringt. Solange die 25 was taugen, kein Problem. BlazBlue mit seinen 11 war schon mutig. Aber 8, selbst für relativ kleines Geld, ist hart an der Grenze.

Erst der Skill, dass das Mashing

Sei es wie es sei, ihr wisst jetzt, was ihr quantitativ für welches Geld bekommt, wie sieht es mit dem eigentlichen Spielablauf aus. Killer Instinct setzt auf lange, lange Kombo-Ketten, die ihr in der Regel mit einem Special einleitet und dann durch das Double-Auto-Feature im Anschluss mit weiteren Moves kombiniert. So entfesselt ihr eine schön lange und vernichtende Kombination. Die Ultra Kombo ist natürlich auch wieder dabei, damit ein Match so spektakulär wie möglich beendet wird und mit der größtmöglichen Demütigung für den Unterlegenen. Im Gegenzug dürfen die Kombo Breaker nicht fehlen, damit ihr, einmal in so einer Kombo gefangen, überhaupt eine Chance habt, wieder Land zu sehen. Neu sind die Counter Breaker, die praktisch den ersten Breaker in einen Reversal schicken und für ein paar Sekunden jegliche Breaker canceln.

Es sind vielleicht nicht viele Charactere...

In der Praxis heißt das nach wie vor, dass Killer Instinct ein extrem schnelles und Reflex-getriebenes Spiel ist. Lernunwillige Neulinge werden es nicht so leicht haben, Zugang zu all dem zu finden, denn während man sich in Street Fighter mit ein paar Specials und Geschick über Wasser halten kann, müsst ihr hier extrem schnell und praktisch instinktiv die richtigen Moves beherrschen. Spielen zwei Anfänger, wirkt das Spiel seltsam behäbig und wenig beeindruckend, zumindest bis sie dann gelernt haben, ein Kombo zu initiieren und diese durch massives Button-Mashing am Laufen zu halten. Legen zwei Pros los, bekommt man spektakuläre Matches, in denen die endlosen Partikel-Effekte vor lauter Breakern nur so fliegen. Es wird später spannend sein zu sehen, wie gut das Matchmaking funktioniert, das ich leider noch nicht testen konnte.

Um es kurz zu machen, ich mochte schon immer den Ansatz von Killer Instinct. Es ist schnell, erfordert entsprechend gute Reflexe und belohnt nach initialem Skill auch immer wieder eine Runde ordentliches Knöpfe-Hämmern, was mit einem anständigen Arcade-Stick immer gut kommt. Es ist mehr als genug Tiefe da, ohne es zu übertreiben und die übersichtliche Zahl der wirklich wichtigen Moves ist vergleichsweise leicht erlernbar. Killer Instincts grundsätzliche Mechaniken haben sich die zwei Jahrzehnte lang sehr gut gehalten und Double Helix mag zwar kein Rare sein - 90er Rare ist natürlich gemeint -, aber sie waren klug genug, nichts anzufassen, was nicht kaputt war. Das Spiel macht nach wie vor nicht nur Spaß, sondern verteidigt erfolgreich seinen Platz in der Hall of Fame der Prügler-Ideen.

Story? Welche Story?

Bei den Spielmodi herrschte ein wenig Faulheit. One on One, entweder gegen einen Spieler auf der Couch oder die KI, das Gleiche noch mal Online entweder im Exhibition/Ranked Match oder in einer privaten Lobby, das Dojo ist ein umfangreiches Tutorial der nicht so spannenden Art und der Survival-Modus nennt sich sonst Story, nur dass es hier halt keine Story gibt, sondern nur eine Abfolge von Kämpfen. Das ist schon ganz schön 90er, wenn man den Online-Teil außen vor lässt. Ein netter Gedanke sind die Trials, die euch direkt und ohne Umwege im Hauptmenü Aufgaben stellen, indem ihr bestimmte Gegner besiegen oder im Survial weit kommen sollt. Durch die kurzen Wege findet man auf diese Weise immer schnell etwas zu verprügeln, ohne lange darüber nachzudenken, worauf man jetzt Lust hat. Außerdem bekommt ihr so auch noch ein wenig In-Game-Währung extra, die ihr dann in anwählbare Stages - preiswert - oder teilweise lächerlich teure Accessoires investieren dürft. Dann doch lieber die klassischen KI-Tunes oder den Original-Ansager freischalten, da haben alle mehr von.

Eine Sache muss man aber auf jeden Fall dazusagen: Spielt Killer Instinct nicht mit dem regulären Pad. Oder, wenn ihr es tut, erwartet keine Wunder. Das D-Pad des Xbox-One-Pads ist besser als es noch bei der 360 der Fall war, aber das heißt jetzt nicht so viel. Nur mit dem Arcade-Stick spielt es sich wirklich gut, aber das gilt für praktisch jedes Spiel des Genres.

... aber die, die da sind, sind außergewöhnlich gut animiert, detailliert und schön groß.

Killer Instinct kann es noch, da habe ich keine Zweifel. Seine eigene Mischung aus Special-Move-Wissen und Kombo-Button-Mash-Wut in Verbindung mit Skill-basierten Kontern funktioniert mindestens so gut wie damals. Betrachtet man den Lernaufwand, um in das Spiel zu finden, ist es sogar recht zugänglich, hat aber genug Tiefe und belohnt gute - antrainierte - Reflexe gut genug, dass sich auch Profis wohlfühlen. Als Prügelspiel an sich sichert sich Killer Instinct seinen Platz in der Reihe der großen Namen und das nicht nur als ein „Es war einmal"-Spiel, sondern jetzt wieder quicklebendig in mit Partikel-Effekten nur so um sich werfender Glorie.

Auf der anderen Seite sind die 90er eben durch und sechs, beziehungsweise acht Figuren in einem Prügelspiel wären heute bei jeder anderen Serie eine Zahl, für die sie sich schämen würden. Zu sagen, dass die anderen auch nur mit wenig mehr starteten, ist nach so vielen Jahren auch keine Ausrede mehr und vor allem ist das hier kein Start, sondern der dritte Teil, der es auf gerade mal einen neuen Charakter bringt. Da es auch bei den Spielmodi sehr grundlegend bleibt, bin ich wirklich zwiegespalten. Ich mag das, was da ist, sehr gerne, aber für selbst die 20 Euro ist es im Vergleich zu allem, was in den letzten Jahren auf der Current Gen erschien, schon ein harte Ansage. Ihr wisst, wie viel Geld ihr übrig habt. Dank der Tatsache, dass ihr es erst mal laden und euch anschauen könnt, ist es leicht, sich ein eigenes Bild zu machen. Dazu rate ich euch auf jeden Fall, aber so oder so komme ich nicht umhin zu denken, dass es fast 20 Jahre nach dem letzten Killer Instinct mehr hätte sein müssen, als das, was hier geliefert wurde. Denken wir mal positiv und nehmen wir es als guten Neubeginn mit genug Luft nach oben für die Zukunft. Und viel Platz für Blut, das hier praktisch nicht vorhanden ist. Manches war halt früher wirklich besser.

7 / 10

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Killer Instinct

Xbox One, PC

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