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Killer is Dead - Test (Japanische Version)

Wenn verrückte Ideen und gelungenes Gameplay endlich zueinanderfinden.

Dieser Test basiert auf der japanischen Version von Killer is Dead.

Suda is back! Diese Aussage sollte eigentlich groß und breit auf der Verpackung von Killer is Dead stehen. Vergesst die letzten Grasshopper-Titel, bei denen Suda nicht einmal der Director war. Sowohl Shadows of the Damned als auch Lollipop Chainsaw waren amüsante Titel, bei denen man allerdings merkte, dass er nicht allein am Steuer saß. Nach Killer 7 und No More Heroes darf man Killer is Dead als die wahre Rückkehr zu alten Stärken bezeichnen.

No More Deadly 7

Hier befindet ihr euch wieder auf einer schmalen Grenze zwischen grauenhaften Dialogen und brillanten Texten, deren genaue Intentionen sich wohl nur Suda erschließen. Auf melodramatische Sequenzen mit starken Emotionen folgen verrückte Situationen, die an Twin Peaks erinnern. Anschließend überrascht euch ein kindischer Slapstick-Gag, der sofort durch eine verstörende Szene ausgehebelt wird. Anstatt sich direkt an einem seiner Vorgänger zu orientieren, wirkt Killer is Dead wie eine Mixtur aus Killer 7, No More Heroes, Deadly Premonition und japanischen Game Shows. Viele unterschiedliche Attribute passen zum Spiel. Nur 'langweilig' gehört nicht dazu.

Dazu brauche ich euch ohne Kontext bloß ein paar Dinge aufzählen, die ihr in Killer is Dead vorfindet: einen Auftragskiller, dessen Diät allein aus weich gekochten Eiern besteht. Eine Villa auf dem Mond. Einhörner. Eine russische Dampflok, die euch mit ihren Augäpfeln attackiert. Cyborg-Ninjas. Mehr Einhörner. Ein zum Kaiju mutierter Wissenschaftler. Aliens. Und solltet ihr im Kampf ein Leben verlieren, ruft ihr kurz eure Gehilfin Mika, die durch lautes Schreien und weinerliche Schläge auf die Brust euer Herz massiert.

Der Stil mag Geschmackssache sein, doch mir leuchten dabei die Augen hell auf.

Doch für den bunten Trupp an Charakteren gehören diese Dinge zum Alltag. Ihr steigt in den sauberen Anzug von Mondo Zapper - wunderbarer Name, auch wenn Travis Touchdown wohl niemand überbieten kann - und schnetzelt euch mit einem Katana bewaffnet durch zwölf Missionen. Sein ernstes Verhalten in dieser bekloppten Welt erinnert mich sehr an York Morgan aus Deadly Premonition. Auch hier entsteht ein Großteil des Humors durch absurde Anekdoten und Interaktionen mit anderen Figuren, von denen jede ein eigenes Spin-off verdient hätte.

Aber so viel sollte man von einem richtigen Suda-Spiel erwarten. Dafür ist er bekannt. Sein großes Problem lag schon immer in der restlichen Umsetzung des Erlebnisses. Killer 7 bot zwar ein innovatives System, doch die Erkundung freier Gebiete auf festen Schienen kann sich nur als umständlich beschreiben. No More Heroes hatte abseits der Bosse mit langweiligen Feinden zu kämpfen und auch das Level-Design war eher trostlos. Meine Sorgen im Vorfeld des Starts von Killer is Dead waren daher nicht ungerechtfertigt. Zum Glück kann ich nach knapp zwei Durchgängen sagen, dass Suda endlich ein Spiel erschaffen hat, dessen Gameplay sich mit seinen Ideen messen kann. Zumindest im Gegensatz zu früheren Versuchen.

Auf melodramatische Sequenzen mit starken Emotionen folgen verrückte Situationen, die an Twin Peaks erinnern.

Am Kampfsystem schätze ich den simplen aber dennoch ausgearbeiteten Ansatz. Es erwarten euch keine langen oder zahlreichen Combos. Stattdessen gibt euch der Titel wenige Angriffe mit auf den Weg, von denen sich jeder anders in den Gefechten auswirkt. Simples Hämmern auf eine Taste bringt euch höchstens auf dem leichten Schwierigkeitsgrad weiter. Doch selbst dort blocken eure Feinde recht schnell und ihr müsst stets mit Kontern rechnen. Spielte sich Metal Gear Rising: Revengeance beispielsweise aggressiv am besten, müsst ihr hier die umgekehrte Strategie verwenden. Verteidigung und Ausweichmanöver gehören nämlich zu euren besten Freunden.

Kein Button-Masher

Ein simpler Block führt zu einem sofortigen Gegenangriff, der sich auch zu einem Konter ausbauen lässt. Weicht ihr beim Blocken gleichzeitig zur Seite, aktiviert ihr den Burst Rush. Dabei verlangsamt sich die Zeit und euer Bildschirm wird in ein kontraststarkes Rot-Weiß getaucht. Währenddessen dürft ihr ungestört auf euer Opfer einschlagen. Bei jedem Gegner erweist sich eine andere Herangehensweise als erfolgreich, wodurch die Kämpfe selbst nach über 20 Stunden für mich frisch blieben. Zudem fühlt es sich einfach großartig an, wenn ihr den Feind stylisch in zwei Teile zersäbelt. Die dazu passende Zeitlupe darf natürlich nicht fehlen. Generell erzielt Killer is Dead sein gutes Feedback über die Veränderung der Farbpalette. Auch die Gegner leuchten unterschiedlich und weisen euch somit auf ihre Angriffe hin.

Spielte sich Metal Gear Rising: Revengeance beispielsweise aggressiv am besten, müsst ihr hier die umgekehrte Strategie verwenden.

Der Soundtrack von Akira Yamaoka passt wie immer perfekt zu jeder Situation und wechselt von Jazz über Elektro hin zu Metal.

Zu Problemen kommt es meist nur, wenn euch der Titel zu viele Gegner auf einmal vor die Füße wirft. Dann erweist sich auch die Kamera als lästiger Störenfried, weil es keinen Lock-on gibt. Besonders bei Mondos Instant-Kill-Attacke regte ich mich öfters auf. Denn der Vollidiot läuft dann lieber zum gepanzerten Feind, den ich damit noch nicht penetrieren kann. Dass der Fiesling auf der anderen Seite des Feldes steht, während mein eigentliches Ziel fröhlich neben mir tanzt, ist dem Guten völlig egal.

Neben dem Schwert besitzt Mondo noch einen bionischen Arm, den ihr hauptsächlich zum normalen Schießen benutzt. Die Wunderwaffe besitzt noch drei weitere Einstellungen, die ihr jedoch erst freischalten müsst. Da dies in optionalen Missionen geschieht, werden sie vom Hauptspiel nicht verlangt und leider auch nur für versteckte Räume verwendet. Eigentlich schade, da sich besonders die Eiskanone als äußerst hilfreich im Kampf erweist und so ein paar mehr Rätsel möglich gewesen wären. Außerhalb von Hallen, in denen ihr beschossen werdet, vergesst ihr die Wumme daher ziemlich schnell. Zumal das Deckungsystem in der Gewöhnungsphase eine grauenhafte Qual sein kann. Anstatt euch an Wände zu bewegen, bleibt Mondo auf der Stelle stehen und verharrt in einer unbeweglichen Hocke. So umgeht ihr zwar jeden gegnerischen Schuss, aber ein etwas intuitiveres Verhalten hätte daran nichts geändert.

Kein Spiel ohne Upgrades

Sämtliche Attribute und Fertigkeiten dürft ihr anhand von Kristallen über den Spielverlauf aufwerten. Durch das Einsammeln von Diamanten und Rosen verbessert ihr hingegen eure Lebens- sowie Blutanzeige automatisch. Letztere benötigt ihr für euren Arm und gewisse Spezialattacken. Genau wie beim Kampfsystem bediente man sich hier der Philosophie: Weniger ist mehr. Jede zusätzliche Attacke oder Konter erweitert euer Repertoire sinnvoll. Die Story wurde für einen Durchlauf auch perfekt auf diese Entwicklung angepasst. Den höchsten Schwierigkeitsgrad solltet ihr daher erst mit einem voll aufgerüsteten Killer angehen. Gleiches gilt für Personen, die sämtliche Aufträge mit dem höchsten Rang absolvieren sollen. Hier gefällt mir die unkonventionelle Verteilung der Punkte. Verschiedene Missionen haben unterschiedliche Bonus-Kategorien, die euch für gewisse Aktionen belohnen. Dadurch seid ihr gezwungen, alle möglichen Spielweisen zu perfektionieren.

Zu Problemen kommt es meist nur, wenn euch der Titel zu viele Gegner auf einmal vor die Füße wirft.

Mika. Das japanische Äquivalent zu Tiny Tina.

Gehört ihr zu diesem Personenkreis, wird euch Killer is Dead gute 30 Stunden beschäftigen. Der Rest ist nach knapp acht bereits am Ende der Story und kann die Zeit durch abwechslungsreiche Nebenmissionen auf das Doppelte erhöhen. Meistens kehrt ihr dazu in alte Gebiete zurück und müsst einen neuen Boss bekämpfen, nach bestimmten Feinden suchen oder gezielte Aufgaben erfüllen.

Ein wenig unkonventionell sind dagegen die Gigolo-Missionen. Was soll ich großartig dazu sagen? Ihr setzt euch neben eine hübsche Dame und glotzt ihr am besten unbemerkt zwischen die Beine und in den Ausschnitt. Ansonsten machen eure Weichteile beispielsweise Bekanntschaft mit kochendem Wasser. Gebt ihr der Schönen schließlich die richtigen Geschenke, nimmt sie euch mit auf ihr Zimmer. Ähnlich zum restlichen Spiel bin ich mir nicht ganz sicher, ob diese Szenen das Verhalten glorifizieren oder als lächerlich bloßstellen will.

An diesem Punkt brauche ich nicht mehr weiter reden. Es sollte sich bereits herauskristallisiert haben, ob euch Killer is Dead interessiert. Natürlich könnte ich noch genauer auf bestimmte Situationen im Spiel eingehen, doch meiner Ansicht nach habe ich bereits zu viel gesagt. Killer is Dead muss man erleben. Da reichen auch Videos auf YouTube nicht aus. Die vollen Ausmaße des hier gebotenen Wahnsinns erhaltet ihr nur beim Spielen selbst. Es ist bunt, chaotisch, dumm, absurd und einfach nur genial. Da können selbst kleine Probleme mit der Kamera oder dem Deckungssystem keine Dellen schlagen. Suda hat endlich den nächsten Schritt geschafft und sich auch abseits seiner kranken Ideen weiterentwickelt. Wenn man es zusammen mit Killer 7 und No More Heroes als Serie betrachtet, ist Killer is Dead der nahezu perfekte Abschluss seiner persönlichen Dollar-Trilogie.

9 / 10

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