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Killing Floor 2 - das letzte Horde-Mode-Spiel, das ihr jemals brauchen werdet?

Guter, stabiler Early-Access-Start eines erprobten Konzepts.

Killing Floor ist nicht für jedermann. War es nie und wird es auch mit dem zweiten Teil nicht werden. Das ist nicht per se schlecht. Zu viele Spiele versuchen heutzutage, Häkchen in möglichst vielen Genrekategorien auf einmal zu setzen und verdünnen damit ihre eigentliche Substanz. Nicht zwangsläufig in einem ungesunden Maße, aber doch genug, um in der homogenen Vermengung von Spielstilen etwas von ihrer Identität zu riskieren.

Killing Floor 2 ist dagegen so geradeaus wie es nur geht. Klar klettert man auch hier mithilfe von Erfahrungspunkten je nach Klasse eine Serie an Fähigkeiten empor. Der eigentliche Kern der Sache liegt aber im derben, wellenbasierten Horde-Geballers gegen Höllenkreaturen, die genau so gut aus dem Skizzenbuch eines verstörten, Death-Metal-hörenden Sechzehnjährigen stammen könnten. Mit Stacheln gespickte Zombies, Schwerter schwingende Untote mit abgezogener Haut, aufgedunsene Säurespucker und mit einem Folterkorsett aufrecht gehaltene, unentwegt schreiende Hexenwesen.

Mengenkontrolle ist alles, will man nicht überrannt werden.

Das ist alles irrsinnig pubertär, hier aber irgendwie auch verdammt passend, wenn man in der Early-Access-Version in Laboren, einer verschneiten Forschungseinrichtung oder einem zerstörten Paris - mehr Maps folgen - zu sechst um sein Überleben ballert. Die Formel hat sich also nicht großartig geändert. Die Truppe Spieler legt die Zahl der Wellen fest, je mehr, desto mehr Erfahrung, verschweißt unter Umständen einige Türen, um die Horde etwas besser handhaben und sogar ein wenig steuern zu können und hofft, es bis zum Boss zu schaffen. Das ist stumpf, schnell und mit beinahe automatischer Rollenverteilung gesegnet. Ob Commando, Support, Medic oder Berserker, das erkennt man schon daran, mit welcher Waffe man standardmäßig in die Schlacht zieht.

Der Kommando macht's mit präzisen Sturmgewehren mehr aus der Ferne, Supports gehen mit der Schrotflinte näher ran und der Feldsani erhält maximale EXP, wenn er seinen Kollegen mit dem alternativen Schuss seiner medizinischen Pistole Heilungspfeile in den Hintern schießt. Der Berserker nutzt unterdessen das verbesserte Nahkampfsystem. Dank der Möglichkeit, Angriffe auch zu parieren macht das sogar Spaß. Nicht länger ist man vor stärkeren der fast immer den Nahkampf suchenden Gegner im permanenten Rückwärtsgang. Ich würde allerdings lügen, wenn ich behauptete, ich hätte das System schon gemeistert. Wenn Killing Floor 2 später dieses Jahr erscheint, soll es das Spiel statt der aktuellen vier auf zehn Klassen, hier Perks genannt, bringen.

Mit den Leveln fünf, zehn, 15, 20 und 25 schaltet ihr jeweils eine von zwei neuen Fähigkeiten frei, die diese Spielweisen noch fördern. Wirklich exotisches ist bislang nicht dabei, aber annähernd verdoppelter Schaden für die Ersatzpistole, Nachtsicht oder ein Munitionsrucksack, an dem sich die Mitspieler rundenweise bedienen können. Das ist schon die Art spürbarer Skillzuwachs, die rechtfertigt, dass er nur alle fünf Level stattfindet. Das alte System übrigens, bei dem die Verwendung von Waffen einer anderen Klasse einen Malus mit sich brachte, scheint nicht mehr am Platz zu sein. Stattdessen nutzt jeder alles, kann sich mit einigen Fähigkeiten aber einen satten Bonus für seine klassenspezifischen Argumentverstärker verdienen.

In 'Zed-Time' - setzt nach besonders guten Treffern ein - läuft das Spiel für einige Sekunden für das ganze Team in Zeitlupe. Perfekt, um sich zu orientieren oder einige kritische Treffer zu platzieren.

Und die spielen einmal mehr die Hauptrolle. Die neuen, in der Mehrheit realitätsnahen Waffen sehen spitze aus, und fühlen sich fantastisch an. Ein traditionelles Fadenkreuz gibt es nicht. Wer aus der Hüfte feuert, "sprüht" seine blauen Bohnen förmlich den Gang hinunter und erkennt am Einschlagsort seines Projektils, ob er gut gezielt hat. Wer die Waffe direkt unter die Nase reißt, platziert dagegen die so wichtigen präzisen Einzelschüsse direkt im Kopf der Gegner. Zieht man dann ei einer vollautomatischen Waffe den Abzug durch, wird sie schwer zu kontrollieren, wie etwa in Payday. Die Ballermänner treten wirklich wie ein Pferd und das fabelhafte Schadensmodell der Gegner quittiert eines der besten Gunplays der Branche. Tripwire sagt auf seiner Early-Access-Seite jedoch selbst, dass man die Gore-Effekte womöglich für bestimmte Länder noch beschneiden muss.

Konnte ich den Titel vergangene Woche noch auf Englisch spielen, ist das Umstellen der Sprache diese Woche schon nicht mehr möglich, was nahelegt, dass die Splattereffekte vielleicht schon ein wenig an die Leine genommen wurden. Bemerkt habe ich es allerdings nicht. Die Gliedmaßen fliegen noch immer sehr tief, Gänge und Wände sind nach jeder Welle in knallrotem Lebenssaft gestrichen und Granaten schleudern die Feinde weiterhin mächtig durch die Gegend. Lobend erwähnen muss man zudem die Grafik, die mit stimmungsvoll düsterer Ausleuchtung und angemessen eklig modellierten Höllenkreaturen punktet. Das hier ist in Texturen und Effekten ohne Zweifel alles auf dem Stand der Zeit und kein Vergleich zu dem mittlerweile über fünf Jahre alten ersten Teil, der schon damals nach nicht besonders viel aussah.

Nicht allzu viel halte ich bisher vom Boss, dem deutschen Oberzombie/verrückten Maso-Wissenschaftler Hans Volter. Der Wechsel von effektiver Mengenkontrolle betont weicher Untoter zum Dauerwegrennen vor einem Kugelschwamm von Gegner sagte mir bisher nicht allzu sehr zu. Auch, dass er exponentiell schwerer zu besiegen scheint, sobald er auch nur einen meiner Mitspieler erledigt, fühlt sich aktuell nicht richtig an. Ich habe Partien erlebt, in denen fünf tote Spieler den letzten dabei beobachteten, wie er geschlagene fünf Minuten vor einem sich diebisch freuenden Hans Volter weglief. Das war seltsam und alles andere als spannend. Gut möglich, dass sich mir und meiner Gruppe einfach die eine, heilsbringende Taktik noch nicht erschlossen hat. Nach zehn Wellen stumpfen Zeigefingertraumas war bei mir nach jeder Bossniederlage erst mal für ein Weilchen die Luft raus.

Nach Kopfschüssen laufen die Gegner noch ein wenig weiter, bluten aber schließlich aus.

Bis hierhin zeigt sich Killing Floor 2 trotzdem als routinierte und bereits sehr stabil laufende Evolution des populären Horde-Konzepts. Es ist ein Spiel, dessen Sinn man in einem Satz erklären kann und ich bin nicht zu 100 Prozent sicher, ob man damit auch im zweiten Gang über drei Millionen Spieler erreicht. Die überaus positive Resonanz auf die Early-Access-Phase - SteamSpy schätzt schon jetzt über 300.000 Besitzer - stimmt allerdings optimistisch.

Und warum auch nicht? Tripwires Spiel ist derbe, wild und von Natur aus monoton, was nicht bedeutet, dass es einem nicht alles abverlangen würde. Stets zusammenbleiben, wie ein Teil einer amorphen Masse immer dorthin wabern, wo die Teamkollegen gerade nicht sein können, Routen abdecken und seiner Rolle entsprechend spielen. Wenn alles funktioniert, man gut zusammenarbeitet ohne ein Wort zu reden, dann ist es ein echter Gewinner. Ganz egal an wie vielen Spielern sein schnörkelloser Charme auch komplett unregistriert vorbeiziehen wird.

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
In diesem artikel

Killing Floor 2

PS4, Xbox One, PC

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