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Kinect Sport Rivals - Test

Besser mit Kinect? Wohl kaum!

Wenn die Steuerung funktioniert, ist es ein etwas kurzer, aber echter Spaß. Ist das nicht der Fall… Bowling und Fußball haben halt verloren.

Nachdem zum Start der Xbox One Fighter Within eine absolute Katastrophe in Spielform verkörperte, hoffte ich zumindest, dass Kinect Sport Rivals endlich zeigen würde, wie stark sich die ungeliebte Kamera verbessert hat. Schließlich machte die Demo einen guten Eindruck und bewies mit Wake Racing, dass sich wenigstens eine der sechs im fertigen Spiel erhältlichen Disziplinen bequem von der Couch aus steuern ließ.

Hoffnung

Leider musste ich ziemlich schnell feststellen, dass nicht jede Sportart so sauber funktionierte. Aber klappern wir sie einfach der Reihe nach ab. Bevor ihr überhaupt mit peinlichen Bewegungen vor der Fernseher beginnen dürft, erwartet euch zunächst eine kleine Kalibrierung, bei der Kinect versucht, einen Avatar anhand eures Gesichts zu erstellen. Im ersten Moment war ich sogar irgendwie beeindruckt, da die freundliche Stimme darum bat, meine Brille für den Vorgang zu entfernen. Anschließend sollte ich meinen Kopf in verschiedenen Positionen halten, damit Kinect eine genaue Kopie erstellen konnte. Nun ja, das endgültige Ergebnis lag irgendwo zwischen überzeichneter Realität und abstrakter Kunst. Um ehrlich zu sein: Bis auf die Brille und Haarfarbe sah mir meine Figure nicht im Geringsten ähnlich.

Ein wenig enttäuscht über das Resultat, zog ich sofort in die erste Disziplin: Wake Racing. Wie schon in der Demo klappte die Steuerung per Kinect tadellos. Haltet eure Arme nach vorne und formt beide Hände zu einer Faust, um das Greifen des Lenkers zu simulieren, wodurch ihr automatisch Gas gebt. Öffnet eure Griffel für eine abrupte Senkung der Geschwindigkeit. Zum Lenken zieht ihr eine Hand zu euch und lehnt euren Körper für engere Kurven zur Seite. Erreicht ihr eine Rampe, bewegt ihr euren Oberkörper für einen Trick nach vorne oder hinten. Auf Wunsch streckt ihr dabei auch die Hände zur Seite. Obwohl die Steuerung keinerlei Probleme verursacht, vergaß man irgendwo das Streckendesign. Die wenigen Kurse fühlen sich alle recht gleich an, was sicherlich daran liegt, dass sämtliche Ereignisse auf ein und derselben Insel stattfinden und sich somit auch die Rennstrecken optisch nie voneinander absetzen.

Das Highlight der Sammlung.

Als Nächstes stand Bergsteigen auf dem Programm. Eine etwas seltsame Wahl für ein Sportspiel, aber der Mut zur frischen Spielweise zahlte sich aus. Für mich der eindeutige Höhepunkt der Sammlung. Vor allem, da ihr es nicht unbedingt im Stehen spielen müsst. Zum Klettern benutzt ihr die am Felsen montierten Griffe. Abwechselnd zieht ihr eine Hand nach oben, während ihr die andere zum Boden bewegt. Schnell entsteht ein flüssiger Ablauf, bei dem ihr im rasanten Tempo den Berg erklimmt und sogar seitwärts zwischen Griffen wechselt. Kurz aufstehen müsst ihr nur, um kleine Lücken zu überwinden. Hierzu sollt ihr eigentlich hüpfen, doch eine ruckartige Bewegung vom Sitzen in den Stand erfüllte bei mir ebenfalls die Bedingung. Zwischendurch können ihr feindliche Spieler am Fuß greifen und sie von der Klippe reißen. Das gleiche Schicksal erwartet euch, solltet ihr nicht schnell genug vor ihnen fliehen.

Zweifel

Wer sich so wenig wie möglich beim Spielen bewegen will, dem empfehle ich Zielschießen. Hier wählt ihr zu Beginn nur eure bevorzugte Hand und schießt anschließend auf einen Haufen unterschiedlicher Scheiben. Ihr benötigt dazu keine weitere Bewegung. Sobald ihr euren Arm auf eine Platte richtet, folgt der Schuss automatisch. Einige Scheiben geben mehr Punkte, wenn ihr sie in der richtigen Reihenfolge oder der Mitte trefft. Sogar die Platten eures Gegners könnt ihr stehlen, falls sie oberhalb der Trennbarriere erscheinen. Neben eurem Punktekonto erhöht sich dabei eine kleine Leiste am unteren Bildschirmrand. Ist sie gefüllt, könnt ihr mit einem gezielten Schuss einen Laser aktivieren, der euren Widersacher kurzfristig außer Gefecht setzt. Gleiches kann euch passieren, wobei ihr dem Laser durch Lehnen zur Seite ausweicht. Auf den höheren Schwierigkeitsstufen gerät man bei der hektischen Mischung aus Laserstrahlen und gezielten Schüssen schnell ins Schwitzen.

Nach diesen drei eher unverbrauchten Disziplinen war ich vom restlichen Inhalt, beginnend mit Tennis, schwer enttäuscht, da es sich kaum von dem absetzte, was Wii Sports vor mittlerweile acht Jahren bot. Eure Figur bewegt sich hier automatisch über das Spielfeld, während ihr im richtigen Moment euren Arm schwingt, um den Ball zu treffen. Verschiedene Bewegungen führen zu einem Backspin, Topspin oder Lob. Alles kein Problem. Nur bei der Richtungsbestimmung der gelben Filzkugel habt ihr keinen großen Einfluss. Weder der Zeitpunkt des Treffers noch die Haltung eures Arms scheinen den Landepunkt zu beeinflussen. Auch jetzt bin ich mir nicht sicher, ob es so sein soll oder Kinect meine Bewegungen nicht liest.

"Wer sich so wenig wie möglich beim Spielen bewegen will, dem empfehle ich Zielschießen."

Ruft während der Spielchen 'Power-up', um eure Spezialfähigkeit einzusetzen.

Den glorreichen Tiefpunkt des Pakets bildet jedoch Bowling. Hier funktioniert überhaupt nichts. Bewegt euch zur Seite, um die Position eurer Figur zu ändern, die ihr leider nicht wie bei Wii Bowling festsetzen könnt. Stattdessen versucht ihr krampfhaft, euren Unterkörper so wenig wie möglich zu bewegen, um beim Werfen der Kugel nicht plötzlich die Position vor der Bahn zu ändern. Selbst das Zielen ist eine chaotische Zufallsentscheidung der Götter. Eine leichte Drehung mit der Hand verpasst eurer Kugel einen Drall. Nur wie stark diese Bewegung sein soll, dürft ihr durch stundenlanges Ausprobieren selbst herausfinden, in denen ihr nicht einen einzigen Strike landet. Damit ist jedoch nicht garantiert, dass ihr überhaupt eine Drehung erzeugt. In fast 50 Prozent aller Versuche rollte meine Kugel unbeeindruckt von meiner Handbewegung geradeaus. Wie man ein so undurchdachtes Konzept mit in das Spiel aufnehmen konnte, ist mir ein Rätsel.

Trauer

Beim Fußball sieht es leider nicht besser aus. Da ihr natürlich nicht die kompletten Bewegungen nachahmen könnt, bleiben eure Spieler fest am Boden des kleinen Feldes stehen. Vor ihnen wandern ständig ein paar Feinde auf Schienen hin und her. Ihr müsst lediglich das richtige Timing erwischen, um den Ball von einer Person zur nächsten zu passen, bis ihr schließlich den Schützen vor dem gegnerischen Tor erreicht. Abschließend wackelt ihr mit Fuß oder Kopf und betet für einen Treffer, da wie beim Tennis jegliche Kontrolle über die Schussrichtung fehlt. Manchmal zog ich mein Bein in einer deutlichen Bewegung nach links, nur um mitansehen zu müssen, wie der Ball rechts im Netz verschwand. Richtig langweilig wird es dann, sobald euer Widersacher am Zug ist. Diesem dürft ihr dann erst einmal bei längeren Pässen zusehen, bevor ihr letztendlich seinen Schuss blockt. Außerhalb von Spezialschüssen wehrte ich jeden einzelnen Versuch der lausigen KI mit Leichtigkeit ab. Die einzige Schwierigkeit bestand darin, nicht einzuschlafen.

"Den glorreichen Tiefpunkt des Pakets bildet jedoch Bowling, denn hier funktioniert überhaupt nichts."

Packt lieber Wii Bowling aus, wenn ihr euren Fernseher nicht den gesamten Nachmittag anschreien wollt.

Damit bleiben am Ende drei gelungene Sportarten, zwei grauenhafte und Tennis irgendwo dazwischen. Doch selbst bei den guten Minispielen fehlt nach einer gewissen Zeit die Abwechslung, da ihr den immergleichen Abläufen folgt und ihr die unterschiedlichen Kurse an einer Hand abzählen könnt. Auch die kurzweiligen Nebenmissionen mit Bonuszielen wiederholen sich am laufenden Band. Vergebens suchte ich nach Motivation, um länger als ein paar Stunden auf der Insel zu bleiben. Punkte tauscht ihr in einem Geschäft gegen neue Outfits oder Geräte ein, die ihr vorher erst mit Erfahrungspunkten freischalten müsst und keinen wirklichen Unterschied ausmachen. In jeder Disziplin erwarten euch die gleichen Designs, die trotzdem für jede Sportart einzeln gekauft werden müssen. Das gesamte Konzept des Stores scheint nicht richtig durchdacht und erweckt den Eindruck, nur zu existieren, um wenigstens einen geringen Fortschritt beim Spieler zu erzeugen. Spielübergreifend werden euch nach jeder absolvierten Runde Fans auf einem Konto gutgeschrieben, die euch auf den weltweiten Leaderboards platzieren und ansonsten keinen Wert besitzen.

Kinect Sports Rivals hat die gleichen Stärken und Schwächen der beiden Vorgänger. Selbst die schöne Optik mit tropischen Hintergründen schafft es nicht, die offensichtlichen Fehler zu verdecken. Wie zuvor findet ihr ein paar nette Spielchen und Spaß für ein oder zwei Nachmittage, bevor sie euch durch ihre ständig gleichen Abläufe irgendwann langweilen. Den Rest probiert ihr vielleicht ein paar Mal aus und kämpft dabei verzweifelt mit der grausamen Steuerung. Besonders Bowling und Fußball treiben einen schnell in den Wahnsinn, weil man hier kleinste Abweichungen sofort bestraft, während woanders mehr Spielraum für Missgeschicke herrscht.

Kinect selbst scheint vielleicht ein besseres Gerät zu sein. Doch ohne Entwickler, die wirklich damit umzugehen wissen und das Potenzial mit neuen Möglichkeiten auskosten, treten wir auch in der Next-Gen weiterhin auf der Stelle.

5 / 10

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