King of Fighters XII
Endlich in HD!
Messies sind Leute, die sich nur unheimlich schwer von Sachen trennen können, egal wie sehr der sich ansammelnde Ballast auch die Lebensqualität einschränkt. Wenn man jetzt mal einen Vergleich anstellen möchte, dann ist die King-of-Fighters-Serie von Prügel-Experte SNK der König der Messies. Bis vor kurzem setzte selbige noch auf so manche alte Sprites und Animationen aus dem schönen Jahre 1994. In Zeiten von Street Fighter IV und Blazblue ist das selbst dem überzeugtesten Oldschool-Prügler irgendwann zu viel der Nostalgie.
Für The King of Fighters XII hat sich SNK einen Ruck gegeben und sich endgültig von den Altlasten der Vorgänger getrennt, auch auf die 3D-Experimente der beiden, unter den Fans nicht allzu beliebten Maximum Impact-Episoden wurde verzichtet. Das aktuelle King of Fighters ist ein kompletter Neustart, spielerisch großzügig entschlackt und dabei doch komplett in 2D gehalten. In echtem, zeitgemäßem 2D. Kein Cell-Shading, kein 2,5D, keine Polygon-Hintergründe. SNKs jüngster Prügler setzt komplett auf aufwändig animierte XXL-Sprites.
Terry Bogard, Kyo Kusanagi, Athena Asamya und die anderen Kämpfer wurden von Grund auf neu gezeichnet und beeindrucken mit gewaltiger Größe und saubere Animationen, ohne dabei ihre pixelige Herkunft hinter irgendwelchen Filtern und Shadern zu verdecken. Die Figuren sind knackscharf, überzeugen mit individueller Mimik und dynamischen Bewegungen. Aber der Aufwand, der hier getrieben wurde, hat seinen Preis: Konnten die letzten Episoden von King of Fighters noch mit teilweise um die 40 Kämpfer beeindrucken, treten hier nur 22 Figuren mit oft leicht eingeschränktem Special-Repertoire vor mageren sechs Hintergründen gegeneinander an. Individuelle Endsequenzen werden hier ebenso vermisst wie ein grimmiger Endgegner, alte Favoriten wie Mai Shiranui und Yuri Sakaziki. Und was sich hier Arcade-Modus nennt, das fungiert in anderen Spielen unter dem Titel Time Trial.
Zudem ist die KI der Gegner oft so erbärmlich, dass ihr manchmal schon Mitleid für sie entwickelt. Selbst im finalen Kampf könnt ihr eure Gegner mit einem einfachen Feuerball problemlos in Schach halten, auch in das zehnte Projektil werden sie einfach so hineinlaufen. Ebenfalls mit Tücken behaftet ist der Online-Modus. Kennt ihr diese Träume, in denen ihr vor etwas auf der Flucht seid und einfach nicht voran kommt? Die, in denen sich alles so anfühlt, als würdet ihr euch durch zähflüssigen Sirup bewegen? Genauso sind die meisten Online-Matches von The King of Fighters XII.
Bleibt also nur der Versus-Modus gegen einen menschlichen Mitspieler. Und da blüht der neue Kämpferkönig endlich auf und zeigt, dass SNK hier zumindest keinen spielerischen Schnellschuss geliefert hat. Ihr tretet in klassischer Manier in Dreierteams gegeneinander an, das Tag-Team-Element der 2003er-Episode wurde dagegen wieder entfernt. Dafür wollen interessante neue Systeme wie Critical Counter, Clash und die an die Focus-Manöver aus Street Fighter IV erinnernden Guard-Attacks jetzt gemeistert werden. Trotz seines geringen Umfangs kann The King of Fighters XII mit ein paar motivierten Mitkämpfern eine sehr spannende, abendfüllende Angelegenheit werden.
Man merkt einfach immer wieder, dass SNK Playmore nicht die finanziellen Möglichkeiten für ihr großes Prügel-Comeback hatte wie Rivale Capcom. Die eingeschränkte Kämpferzahl, die wenigen Hintergründe, die sparsamen Spielmodi. The King of Fighters XII ist ein unfreiwillig puristischer Prügler, der sein Herz aber trotzdem am rechten Fleck trägt und spielerisch zu punkten vermag.
Doch gerade das macht die Mängel bei Präsentation, KI und Online-Modus umso ärgerlicher. Vielleicht wird es ein zweifellos kommendes Sequel richten, aber für den Moment muss sich SNK trotz bester Absichten, grundsätzlich guter Spielbarkeit und toller 2D-Sprites der Konkurrenz geschlagen geben. Mal sehen, wie sich Kyo, Terry und die anderen in der nächsten Runde machen: Ein wenig mehr Feinschliff und die SNK-Truppe qualifiziert sich wieder für die Oberliga.
The King of Fighters XII ist für Xbox360 und PS3 erhältlich.