Knight's Contract
Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten
Die deutschen Entwickler können sich ruhig mal eine Scheibe von den Japanern abschneiden. Während aus dem Land der Dichter und Denker nur abgehobene Fantasy-Ware und vollkommen freakige Aufbausimulationen kommen, wagen sich die japanischen Feingeister an Goethes Faust.
Ihr wisst schon, das krasse Buch mit dem Typen, der gegen den Teufel kämpft, was mit Gretchen hat und sich einen Homonculus hält. Hm, wenn jetzt alle, die in Deutsch aufgepasst haben, den Kopf schütteln, hier noch ein besonderes Bonbon: Heinrich Faust ist ein Untoter, der nicht sterben kann und mit einer Zwei-Meter-Lanze durch die Gegend rennt.
Ok, in puncto Werkstreue gewinnt Namco Bandai noch nicht mal einen ganz, ganz kleinen Blumentopf. Doch als der Entwickler den ersten Level, Freyburg, zeigte, wurde mir gleich ganz warm ums Herz. Mit wie viel Liebe für die mittelalterlichen Details wurde das Städtchen aus meinem Heimat-Bundesland anhand von ein paar hübschen Bildern in einem Reiseprospekt als originalgetreuer Nachbau realisiert.
Überall Fachwerk, düstere Kathedralen, brennende Fackeln und fiese, schleimige Monster – lass das mal nicht die Schwaben hören. Denn wie wir alle wissen, hat Heinrich nicht etwa mit dem Teufel einen Pakt geschlossen, sondern wurde von Gretchen verflucht, nachdem er ihr als Henker den Kopf abgeschlagen hat!
Ok, künstlerische Freiheit und so. Trotzdem wird hier Goethes Faust so lange vergewaltigt, bis eine Mischung aus Bayonetta und Ico herauskommt. Denn ganz nach dem aktuellen KI-Partner-Trend steuert ihr selbst Heinrich und werdet von dem wiederauferstandenen Gretchen begleitet. Der Clou: Heinrich selbst kann nicht sterben, allein Gretchen hat eine Lebensenergieanzeige. Ihr müsst die zerbrechliche Zauberin also beschützen, während sie euch bei den wilden Hack'n'Slay-Kämpfen unter die Arme greift. Euer Auftrag: Dr. Faust um die Ecke bringen. Häh? Ist Heinrich nicht eigentlich Faust?
Egal. Optisch und auch spielerisch erinnert das Ganze an das eben schon erwähnte Bayonetta. Ihr haut mit wilden Kombos fiese Monster zu Brei, lasst Gretchen Magie regnen und stellt euch immer wieder einem dicken Endboss. Auch hier erwartet euch die übliche Mischung: Draufhauen, Quick-Time-Event und ein schickes Finale mit Super-Zauberspruch, der zum Beispiel einen riesigen Homonculus mit einer magischen Guillotine dem Kopf vom Rumpf trennt.
Noch dazu ein paar Puzzles basierend auf den unterschiedlichen Fähigkeiten, eine Fluchtsequenz mit dem obligatorischen Kameraschwenk (Uncharted, anyone?) und fertig ist ein bisher recht ansehnlicher und schön blutiger Prügler.
Wo die Japaner zulangen, muss selbst Reich-Ranicki die Segel streichen. Mit viel Liebe zum Blödsinn zerlegt Namco Bandai ein Stück deutscher Literaturgeschichte und lässt das mittelalterlische Freiburg wieder auferstehen. Das Ganze stinkt zwar von vorne bis hinten nach Japan-Quatsch, sah auf den ersten Blick aber gar nicht so schlecht aus. Die Grafik passt, die Action ist schön flüssig und die Idee mit dem untoten Helden gar nicht so schlecht. Die paar gezeigten Level-Fragmente lassen zwar nur erahnen, was einen am Ende erwartet, Spaß könnte das Gemetzel aber trotzdem machen. Man muss nur seine Literaturkenntnisse das Klo runterspülen und angesichts der vielen Genre-Standards keinen Würgereiz kriegen, dann passt das auch mit Goethes Faust.
Knights Contract erscheint 2011 für Xbox 360 und PS3.