Knights of Pen & Paper 2 - Test
So schnell werden Liebeserklärungen zur Routine
Plötzlich war es da. In einer Zeit, als selbst jedes Free-2-Play-Game sich an mich mit 20 PR-Mails heranschleicht, wie kann es da sein, dass der Nachfolger eines recht erfolgreichen kleinen Indies, diesmal sogar mit Unterstützung von Paradox entstanden, plötzlich vor der Tür steht? "Hey ihr da draußen, Knights of Pen & Paper 2 ist da!". Okay, gleich mal in den App-Store gehen... 1 Download?!? Ich habe noch nie etwas gesehen wo "1 Download" steht. Bin ich jetzt der Zweite, der sich das runterlädt (inzwischen sind es immerhin 5.000...)? Ist das Schrott, den sie heimlich rausbrachten? Ein billiges Update mit ein paar neuen Kämpfen?
Nein, es ist wirklich ein zweiter Teil. Neue Story, neue Gegner, ein paar neue Systeme, alles, was man von einer Fortsetzung halt so generell erwartet. Um kurz zu rekapitulieren: Der erste Teil war eine Hommage an das Pen&Paper-Rollenspiel, indem es euch nicht ganz in die Schuhe der Helden steckte, sondern an den Tisch des Spielleiters im dunklen Kämmerlein setzte. Ihr übernahmt seine Rolle, konntet viele der Kämpfe selbst definieren, aber auch die der bis zu fünf Spieler, die diese Gefechte dann austrugen. Es war kein sonderlich komplexes Vergnügen, beschränkte sich meist auf einen eher schlichten Rundenkampf mit oft durchsichtigen Taktiken, aber der Perspektivwechsel plus viele, viele kleine meist sehr niedliche Witze und Anspielungen zum Thema hielten es frisch und locker. Für die paar Stunden, die es dauerte, und die waren eigentlich auch genug. War jetzt nicht so, dass ich im Anschluss direkt mehr davon gebraucht hätte.
Knights of Pen & Paper 2 setzt direkt dort an, wo der Vorgänger endete und an einem Punkt, an dem jeder P&P-Spielleiter schon mal stand. Egal wie heftig das Monster ist, die überzüchteten Spielercharaktere plätten es im Vorbeigehen. Da hat nicht mal das Monster mehr Bock drauf und geht nach Hause. Woraufhin der Meister sagt, dass neue Charaktere hermüssen, noch mal von vorne, klein anfangen. Worauf die Spieler keinen Bock haben und nach Hause gehen. Also müssen neue Spieler her. Hat jeder einmal im Laufe seiner Spielleiterlaufbahn durchgemacht, ist hier niedlich eingefangen. Wie eben so vieles am Rande auch.
So nett es aber auch ist und so sehr man immer wieder mal merkt, dass hier langjährige Erfahrung am eigenen Leib drinsteckt, wenn es um die Haken und Ösen des Hobbys Pen & Paper geht, der Spielablauf ist doch sehr, sehr gleich. Im realen P&P ist das nicht wild, neue Geschichten, neue Spieler, die Dynamik richtet den Rest oder eben auch nicht. Hier ist die eigentliche Geschichte extrem dünn und es geht am Ende nur um das Aufleveln und Genießen der kleinen Spitzen. Taktischer Anspruch ist selten gefragt, da euch das Spiel ja immer die Wahl lässt, was ihr wann wie hochgezüchtet erledigt oder ob ihr lieber gegen zwei oder fünf Feinde auf einmal antretet. Man wandert halt fröhlich von Ort zu Ort, arbeitet brav die Aufgaben - sprich Kämpfe - ab und levelt sich so durchs Heldenleben. Wie gesagt, der Charme der überarbeiteten Optik und viel mehr noch der mitunter ziemlich schrullige Humor halten einen durchaus mit gewisser Freude am Laufen, aber viel mehr ist da nicht.
Das Kampfsystem basiert nach wie vor auf dem richtigen Balancieren von Spezialangriffen, die ihr für die verschiedenen Klassen steigert. Diese sind nun eigene Buttons und direkt auswählbar, ganz ohne Menüumwege, wodurch es sich etwas fließender spielt. Die Fertigkeiten selbst sind auch bei alten Klassen größtenteils neu und minimal besser balanciert, die Übermacht der Helden ist jedoch nach wie vor mit auch nur ein wenig Überlegung stets gesichert. Am reizvollsten ist der nun deutlich verstärkte Einsatz von Dungeons, in denen ihr euch durch die einzelnen Räume hindurch nicht ständig heilen dürft. Da sie im Gegenzug jedoch auch so balanciert sind, dass selbst eine Gruppe mit gerade mal dem vorgeschlagenen Level oft genug praktisch ungehindert durchmarodiert, hält sich auch hier der Nervenkitzel im Rahmen.
Neu ist auch der Ablauf des Nachkaufens von Spezialgegenständen und neuen Klassen. Diese werden nun in nach und nach erscheinenden "Zeitschriften" freigeschaltet, statt sie wie zuvor einfach im Shop zu holen. Das soll die Langzeitmotivation stärken, aber ich bezweifle, dass allzu viele das Spiel zweimal mit unterschiedlichen Klassen durchstehen, zumal es sich nun deutlich länger zieht. Stattdessen werden die meisten einfach bei den Startklassen bleiben und die Magazine ignorieren.
Ich mag Knights of Pen & Paper 2, vor allem aber weil ich Pen & Paper mag. Diese fortgesetzten Liebesschwüre an die älteste Form des Fantasy-Rollenspiels verfehlen ihre Wirkung nicht und oft genug kann ich vergessen, dass ich hier ein relativ hohles und eigentlich viel zu einfaches Spiel vor mir habe. In kurzen Schüben und unterwegs ist es ein ausgesprochen sympathischer Zeitvertreib, der zumindest leicht Eingeweihte immer wieder zum Grinsen animiert. Aber die Frische des ersten Teils ist verflogen, der Witz war nie sooo gut und der Spielablauf ist schon ganz schön einmütig. Nett, tut nicht weh, ist zu freundlich, zu glatt und zu leicht wieder zu vergessen. Fast, als hätte es die eingangs erwähnte Mail nie gegeben.