Kojima macht endlich, was alle von ihm wollen: Ein neues “Metal Gear”. Aber wollen wir das wirklich?
Starring: Rigid Raccoon!
Man kann über Death Stranding sagen, was man will (und ich hatte eine Menge dazu zu sagen, was mir nicht gefiel), aber man kann ihm nicht vorhalten, nicht endlos originell gewesen zu sein. Ein verschroben-deprimierter Finster-Anime, der mit gigantischen Production Values als Hollywood-Epos cosplayte, vor Fanservice nur so strotzte und es spielerisch trotzdem nicht nötig hatte, sich irgendwem anzubiedern.
Man muss dieses Spiel nicht mögen, um es wahnsinnig zu respektieren. Es war in Stil und Vibe unverkennbar Kojima und doch ohne Gleichen. Eine schöne Erinnerung daran, warum ein neues Spiel dieses kontroversen Kreativen immer Pflichtprogramm ist. Nur, wie ich die neue Ankündigung von der gestrigen State of Play nehmen soll, das weiß ich nicht so recht.
Zurück zu den Wurzeln
PlayStations Hermen Hulst und Hideo Kojima kündigten da Physint an – auch wenn der Arbeitstitel in der Ankündigung nicht ein Mal fiel –, ein neues “Action Espionage Game”. Das “Tactical” aus dem Untertitel von Metal Gear Solid lassen sie vermutlich aus lizenzrechtlichen Gründen weg, aber ansonsten dürften die Parallelen kein Zufall sein. Auch Hulst spricht von einer Rückkehr zum Genre. Das Signal: “Das hier ist das neue Metal Gear Solid, das ihr von Konami nicht mehr bekommen könnt.”
Das Problem daran ist: Auch von Kojima können wir das eigentlich nicht, oder? Nicht nur für mich lebt Metal Gear Solid insbesondere von seiner Mythologie und seinem überlebensgroßen Figuren-Pantheon. Das alles ist so spezifisch und über die Jahre so aus Genre-Tropen sowie Film- und schließlich Selbstreferenzen gewachsen, dass jede Annäherung an eine ähnlich konfigurierte Welt sich fast zwangsläufig wie ein Plagiat oder zumindest wie eine Wiederholung von bereits Erlebtem anfühlen muss. Mir fehlt die Fantasie, wie das klappen und authentisch wirken soll.
Wählt Kojima hingegen einen anderen Weg, stehen die Chancen nicht schlecht, dass die Spieler etwas anderes bekommen, als sie nach einer Ankündigung wie dieser erwarten. Ich bin deshalb nicht ganz sicher, ob die Nähe zu Metal Gear nicht eher hinderlich für Physint ist? Nicht zuletzt, weil ich Kojimas unschönen Abgang bei Konami bis hierhin in erster Linie als kreative Befreiung empfunden habe.
Es wäre schade, stiege er nun freiwillig wieder in die alten Boxen zurück, die er schon in den 15 Jahren vor seiner Entlassung – schenkt man regelmäßige Äußerungen in der Richtung seit Anfag der 2000er Glauben – als einengend empfand. Dann wiederum kann man sicher auch eine Menge in die Tatsache hineininterpretieren, dass sich sein ikonischer Held Solid Snake in Kartons offensichtlich sehr wohl fühlt.
Letzten Endes werde ich es wohl mit dem Merksatz vom Anfang halten: Ein neues Kojima-Spiel ist immer Pflichtprogramm. In diesem Fall allein schon als spannende kreative Übung, wie ein alter Meister das Genre, das er so prägte, aus einer neuen Richtung angeht. Ich hoffe nur, das Resultat kommt mir nicht zu bekannt vor. Denn das ist das Letzte, was ich von ihm möchte – ganz egal, wie viel Wehmut und Nostalgie mitschwingt, wenn ich an Metal Gear Solid denke.