Kolumne: Jan Bojaryn über 'Die Killersoap'
Es hört nie auf!
Heute stecken uns Videospiele die Flausen in den Kopf. Statt uns im Werther-Fieber blau-gelb zu kleiden, setzen wir auf Cosplay. Aber mit dem Verständnis älterer Generationen können wir trotzdem nicht rechnen. Was also hilft? Eigentlich nur eins: Warten. Die Erkenntnis ist auch nicht neu, aber sie stimmt und dürfte alternativlos sein. In dreißig Jahren erzählen wir unseren ungläubigen und gelangweilten Enkelkindern von der Zeit damals, als Videospiele böse waren. Und dass die Jugend von heute eigentlich glücklich sein sollte, in der Schule Monkey Island spielen zu dürfen.
Bis dahin
Selbst, wenn die Regelungen demnächst noch härter werden sollten, stoppt niemand den Siegeszug der Videospiele. Aber wer heute unter dem gesellschaftlichen Klima und kritischen Blicken der Umwelt leidet, muss trotzdem damit umgehen. Was soll man als bekennender Gamer tun, bis sich die Sache in ein paar Jahrzehnten beruhigt hat? Ein paar Tipps:
Auswandern
In vielen europäischen Ländern sind die Kontrollsysteme lasch und die gesellschaftliche Stimmung nicht so erhitzt. Ich empfehle die Niederlande. Die Sprache ist recht leicht zu lernen, dazu gibt es Strand, gutes Fastfood und akzeptables Bier. Österreich hat dagegen den Vorteil, mehr oder weniger unsere Sprache zu sprechen. Vorsichtig umgehen sollte man mit einer Auswanderung in die USA. Die Zeitverschiebung ist ein dicker Happen, und mit sexuellen Inhalten sind die dortigen Sittenwächter strenger als unsere.
Einsiedeln
Wer keine Menschen um sich hat, wird nicht auf sein seltsames Hobby angesprochen. Zu rechnen ist trotzdem mit Boulevard-Reportern, die, haben sie einmal von dem Killer-Eremiten gehört, die einsame Hütte rund um die Uhr belagern. Diskretion ist bei dieser Variante also Trumpf. Alternativ könnte man eine Enklave gründen, die sich ganz dem Spielen ohne Stigma verschrieben hat. Funktioniert aber auch nur so lange, wie keiner von dem Counter-Strike-Dorf erfährt; dann steht womöglich Besuch von der GSG-9 an.
Stark bleiben
Je nach Umgebung muss man sich heute nicht unbedingt schämen, dass man spielt. Nintendo krempelt gerade das Image des typischen Spielers um, wie es zuletzt nur Die Sims konnten. Als Student oder Schüler kann man sich einer kritischen Masse sicher sein, die Spielen zumindest nicht für bedrohlich hält. Man kann die ganzen sinnvollen Argumente griffbereit halten, um das eigene Hobby zu verteidigen. Ab und zu gibt es wirklich Menschen, die diese Argumente noch nicht kennen, und bereitwillig zuhören. Wenn man allerdings zum Beispiel über 30 ist und in einem süddeutschen Dorf lebt, hält man nach wie vor besser die Klappe.
Realitätsflucht
Die Welt will es ja nicht anders. Soll man sich nicht einfach von anderen Menschen abkapseln? Nur noch Bindungen aufbauen zur schicken Elektronik, die einen versteht? Erfolgsmomente nur noch in Spielen suchen, statt auch in der Realität? Das wäre zugegeben genau das, wovor alle Angst haben. Also lieber nicht.
Killerspiele definieren
Passiert ja schon längst: Während die Offiziellen in der Games-Industrie immer noch genervt mit den Augen rollen, wenn das K-Wort fällt, trägt die Jugend T-Shirts: “Ich spiele Killerspiele”, steht in verschiedenen Varianten darauf. Nie hat jemand erklärt, was Killerspiele überhaupt sein sollen. Diese taktische Lücke muss genutzt werden! Ab sofort sollten nur noch Spiele zu 'Killern' erklärt werden, die auch wirklich der Killer sind. Die Siedler zum Beispiel, oder vielleicht Spore, oder BioShock. Mittelmäßige Weltkriegsshooter und ohnehin Indiziertes verdienen die ganze Aufmerksamkeit doch nicht.