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Point & Click: Die Adventure-Kolumne

Zwillingsgipfel des Glücks

Zwillingsgipfel des Glücks

Kennt Ihr Twin Peaks? Falls nein, kaufen und gucken, mehrmals. Falls ja, noch mal gucken. Am Wochenende habe ich es mir mit Freunden gemütlich gemacht und Staffel 2.1 verschlungen. Dabei hat sich meine Meinung verfestigt, dass diese TV-Serie von David Lynch die Grandiositätsskala zum Bersten bringt. So cool ein Jack Bauer oder ein John Locke auch ist, gegen die Präsenz eines Dale Cooper stinken die neuen Stars ab wie der Typ aus Vermächtnis der Tempelritter gegen Indiana Jones. Twin Peaks ist einfach für die Ewigkeit. Und wer mir das nicht glaubt, hat die Serie einfach nicht verstanden. Das Übliche eben.

Was das mit Adventures zu tun hat? Kommt jetzt...

Gebt. Mir. Twin Peaks. Als. Adventure!

Was würde ich darum geben, in die Rolle von Dale Cooper schlüpfen und seine grotesken Ermittlungen nachspielen zu können. Ich will mich auf einer Übersichtskarte der Stadt von Sägewerk zu Hotel klicken können, mit all den absonderlichen Bewohnern des verschlafenen Nestes reden, Visionen von rückwärts sprechenden Zwergen sehen, die vor roten Vorhängen krude Tänze aufführen. Ich will kryptische Botschaften Stück für Stück verstehen, die mit klassischen Rätseln und neuen Handlungssträngen angereicherte Welt ganz allmählich entschlüsseln.

Dazu gibt es dann den neu aufgenommenen und erweiterten Soundtrack, ohne dessen melancholische Schwere ein Twin-Peaks-Spiel kein Twin-Peaks-Spiel wäre. Für die Grafik könnte man ja zum Beispiel die Grafiker von Still Life reaktivieren. Sollte es doch ein 3D-Titel werden, muss man eben Alan Wake hernehmen und das Spielkonzept anpassen. Klar, außer mir würde sie wohl niemand kaufen, so eine 90er-Lynch-Fernsehserien-Umsetzung, aber man wird doch einmal träumen dürfen...

Was in den meisten Adventures passiert, ist eigentlich immer ziemlich geradeaus. Sicher gibt es einmal mysteriöse Charaktere und selten ist die ganze Handlung schon zu Beginn klar. Irgendwie führen die meisten Dialoge dann aber doch auf die benötigte Schlüsselinformation, während gelöste Rätsel in der Regel zur Folge haben, dass Fragen beantwortet werden. Warum nicht einmal mehr Fragen aufwerfen, als zu lösen? Warum nicht so ambivalente Szenen einsetzen wie in Twin Peaks, die erst Stunden später einen Sinn ergeben. Manchmal wünsche ich mir, dass Adventure-Designer etwas mehr von abgetretenen Erzählpfaden abrücken und sich etwas trauen. Aber dann müssen sie wohl befürchten, dass vom ohnehin kleinen Publikum ein zu großer Teil wegbricht. Ich bin jedenfalls gespannt, was House of Tales aus Overclocked macht, das ähnlich wie Memento Teile der Geschichte rückwärts erzählt.

P.S.: Wo es letzte Woche um Überraschungen ging: Black Mirror 2 kommt! Yay!

Jan Schneider ist Webmaster von Adventure-Treff.de, der großen deutschen Website für Adventure-Spiele. Jeden Mittwoch macht er sich auf Eurogamer.de Gedanken über das Genre.

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