L.A. Noire: Rockstar Pass
Verhaften Sie die üblichen Verdächtigen.
L.A. Noire hat durchaus ein paar sehr gespaltene Reaktionen hinterlassen. Die eine Seite war angetan - ich gehöre selbst zu dieser Fraktion -, die andere nicht. Richtige Verrisse habe ich im Rahmen berufsmäßiger Rezensionen nicht gelesen, aber von Seiten einiger Spieler, die ihre Meinung in ein paar Zeilen auf diversen Seiten kundtaten, konnte und kann man immer noch ein paar sehr deutliche Reaktionen finden. Ich fasse es mal grob zusammen: "Langweilig. So langweilig. Ist das überhaupt ein Spiel?". Meist mit ein paar Foxtrott Uniform Charlie Kilos versehen.
Sich als Rezensent zurückzulehnen und in dem sicheren Wissen eigener Überlegenheit zu proklamieren, dass der Pöbel gerne an den Toren rüttelt, wäre einfach. Und in diesem Falle aus meiner Sicht völlig richtig. Der entscheidende Punkt dabei ist aber "aus meiner Sicht". Hier scheiden sich die Wege des Spieldesigns drastisch in das was, was L.A. Noire tut, und das, was mancher als Videospiel bezeichnet.
L.A. Noire erzählt Geschichten, denen man linear und eingleisig folgt. Keine Variationen im Ablauf, entweder man findet die Hinweise und stellt die richtigen Fragen oder man kommt nicht zum Ende und muss nochmal suchen gehen. Die einzelnen Spielabläufe sind nicht unbedingt das, wozu man Lichtgeschwindigkeits-Reflexe braucht. Besonders die Action-Sequenzen kann jeder schaffen und muss dazu sogar eher selten auf die "Überspringen"-Funktion zurückgreifen. Sonderlich aufregend sind sie selten. Das Suchen der Hinweise erinnert an ein klassisches Adventure ohne zu viel Kombinieren mit Hilfestellungen.
Es ist einfach nicht ein Spiel, gegen das ihr bis zum Ende kämpft und nach dem letzten Boss in Siegesgeheul ausbrecht. Falsches Spiel und sollte jemand das erwartet haben, dann kann ich die Enttäuschung nachvollziehen. L.A. Noire zeichnet sich durch sein Setting, seine Stimmung, seine Charaktere, deren Gesichter und die Geschichten aus. Das sind Dinge, die ich genauso schätze kann wie eine richtig gute Action-Herausforderung, sei sie nun Old-School oder Modern-Kindergarten. Es sind zwei grundverschiedene Ansätze und man muss an L.A. Noire mit der entsprechenden Einstellung herangehen. Das ist dann immer noch keine Garantie, dass man es mag, aber vielleicht wird man überzeugt. Wie ich bereits im eigentlichen Test schrieb: Zuerst habe ich mich praktisch verweigert, das zu spielen, aber nach anderthalb Stunden hatte es mich dann.
Wem es so ging und wer nach der Hauptgeschichte einfach noch ein klein wenig mehr von genau diesen Qualitäten haben möchte, der liegt mit dem Rockstar Pass für 12 bis 13 Euro nicht falsch. Vier Fälle gibt es, dazu zwei Anzüge und ein zusätzliches MG. Die letzten drei Dinge kann man geflissentlich als Bonus verbuchen. Solche sollen die Anzüge zwar beim Ballern und Verhandeln auch geben, aber zu merken war davon nicht viel. Sehen trotzdem ganz nett aus und gut gekleidet nimmt einen die Stadt der Engel ja durchaus eher ernst.
Die Fälle sind also das Herz der Sache und es erstaunt, dass keiner aus dem Morddezernat dabei ist. Einmal Verkehr, einmal Pyromanen-Forschung und zwei aus der Wunderwelt der Sitte. Tote finden sich hier und da auch, aber in erster Linie dreht es sich um warmen Abriss, Drogen in ungesunden Dosierungen und ein paar möglicherweise geklaute Autos. Das sind im Vergleich zu Serienkillern eher Brot- und Butter-Fälle für gestandene Cops. Die ein bis zwei Stunden langen, in sich geschlossenen Geschichten bieten nicht mehr oder weniger als das Hauptspiel auch. Der schwache, große Handlungsbogen war nicht seine Stärke und insoweit fällt seine gänzliche Abwesenheit hier kaum auf. Außerdem ist es nett, nochmal mit Bekannten Gesichtern um die Häuser zu ziehen.
Die vier Geschichten starten entweder lose in die Haupthandlung eingeschoben, wo sie für Auflockerung sorgen, oder aber man geht im Hauptmenü direkt in die Fälle-Liste, wo sie jederzeit gestartet werden. Was fehlt, ist der große Rausreißer bei den vier Storys. Jede einzelne macht Spaß, die eine etwas mehr, die andere zieht sich schon mal ein klein wenig, aber im Gesamten unterhalten sie einen alle redlich. Nur der Mankell, der Falke, der das Konzept brechende Einzel-Ausreißer, auf den wartet man vergeblich.
Ob ihr generell etwas mit L.A. Noire anfangen könnt oder nicht, müsst ihr anhand des Hauptspiels entscheiden. Der Rockstar Pass bietet eine sehr solide, spannende Extrarunde, wenn für ein paar Fälle mehr der Atem noch reicht. Gut aufgebaut, gut erzählt, jeder der Vier eine angenehme Unterhaltung für die Laufzeit eines mal kurzen, mal langen Tatorts. Für die nächste Ergänzung wünsche ich mir aber mehr Mut bei den Geschichten. Die Klischees der 40er sind aufgearbeitet, jetzt ist es Zeit, uns in den Fällen auch mal so richtig aus der Spur zu werfen. Wie? Da lasse ich mich gerne überraschen.
Der Rockstar Pass ist ab sofort für Xbox 360 und PS3 zu haben. Einzelne Fälle kosten etwa 4 Euro.