L.A. Noire: The Complete Edition (PC) - Test
Unverändert verdächtig wundervoll
Hinweis: Schaut in unsere L.A. Noire Komplettlösung, wenn ihr Hilfe bei der Lösung der Fälle braucht oder Filmrollen und Zeitungsartikel sucht.
PC dauert derzeit bei Rockstar - und nicht nur bei denen - irgendwie immer etwas länger und das ist auch bei der Crime-Story L.A. Noire nicht anders. Jetzt, ein paar Monate, nachdem PS3- und Xbox-360-Spieler bereits alle Fälle im L.A. der späten 40er lösten, kommt die "Complete Edition" auf den PC und, oh Wunder, bietet das gleiche eindrucksvolle Spiel, das es bereits auf den Konsolen war.
Das "Complete" bezieht sich auf das im Preis erhaltene Paket der Zusatzmissionen, die man für die Konsole noch extra kaufen musste. Insoweit bekommen hier PCler eine echte Entschädigung für die längere Wartezeit. Sonst hat sich nicht so viel getan. Ich hatte ja ein wenig die Hoffnung, dass man die PC-Version mit der dahinterstehenden Hardwareleistung nutzen würde, um den Rest der Stadt auf das unglaubliche Niveau der Gesichter in diesem Spiel zu heben, aber das ist leider nicht passiert. Ein schönes Spiel bleibt es allemal, aber der Unterschied zu den extrem lebensechten Zügen, aus denen ihr Emotionen lesen sollt und könnt, ist nach wie vor vorhanden.
Die Hardwareleistung sollte trotzdem da sein. Hier tickt ein guter i5 mit einer ATI 6870, genug Speicher und einer eigentlich schnellen Platte. Damit durfte ich mich aber kaum aus dem Mittelfeld der Qualitätsoptionen herauswagen, wenn ich nicht Auflösung opfern wollte. Nicht so schlimm, selbst auf dem ersten Setting sieht hier immer noch das, worauf es ankommt, richtig gut aus. Dies scheint übrigens von Karte zu Karte ein wenig zu schwanken, eine vergleichbare NVIDIA-Karte hatte weniger Probleme und packte fast alle Hoch-Optionen. Wer es möchte, kann auch auf Stereoskopisches 3D umschalten.
Die Steuerung unterstützt natürlich das Pad, aber auch Maus und Keyboard werden wie bei ähnlichen Spielen gewohnt und ohne besondere Vorkommnisse unterstützt. Lediglich beim Rumble - das so eine Maus eher selten hat - wurde ein wenig getrickst. Wie in einem Adventure verändert sich das Fadenkreuz zur Lupe, wenn es über ein interessantes Objekt bei den Ermittlungen wandert.
Insgesamt kann man der "Complete Edition" also die titelgemäße Vollständigkeit attestieren, dazu kommt eine kompetente Umsetzung auf den PC. Spielerisch gibt es keine Änderungen, daher hier der Einfachheit halber noch einmal der Test zur Konsolen-Version dieses meiner Meinung nach immer noch ebenso außergewöhnlichen wie wundervollen Spiels, die Note am Schluss gilt auch für den PC.
Wer wissen möchte, ob die Bonus-Missionen, die beim PC ja ohne Aufpreis dabei sind, etwas können, erfährt das hier noch einmal en détail:L.A. Noire Rockstar-Pass Test
Was ist denn mit Rockstar los? Hätte ich nicht gerade in diesem Moment L.A. Noire gespielt und genau gewusst, wovon sie reden, ich hätte die News mit dem "Wir wollen mehr reden und weniger ballern" wohl kaum ernst genommen. Aber genau das haben sie gemacht in diesem Spiel. Hier wird auch geballert, aber das Verhältnis ist klar. Reden steht im Vordergrund und das sollte sich jeder bewusst machen, der eine Art Mafia 2 in gut - oder sagen wir besser, weil so schlecht war es ja wohl nicht - erwartet hat.
Überhaupt krempelt L.A. Noire vieles um. Los Angeles in den späten 40ern bildet eine offene Spielwiese der ausufernden Art mit einer riesigen Karte, auf der ihr überall hinfahren könnt, wo ihr wollt. Aber Bandenkriege und wild um sich ballernde Irre werdet ihr nicht finden. Nicht einmal ihr selbst könnt den Irren mimen, da ihr als Detective, als Mann des Gesetzes, eben genau das nicht tun sollt.
Ein paar Nebenmissionen wurden als Bonus verteilt, aber angesichts der Möglichkeiten, die das Spiel bietet, all dem aus dem Weg zu gehen, wirken sie ein wenig wie nachträglich angetackert statt wirklich in das Spiel integriert. Womit man aber gut leben kann, der Fokus von L.A. Noire ist ein ganz anderer. Ich wollte nur verhindern, dass hier jemand ein GTA in den 40ern erwartet.
Nachdem das geklärt ist, worum geht es? Nun, kurz gesagt, um Fälle. Ihr spielt die Rolle des gradlinigen, aufrechten Detective Phelps, der frisch aus dem Krieg an der japanischen Front an die Westküste zurückkehrt und sich als Polizist bis zum Ermittler hocharbeitet. Die ersten Schritte sind dabei schnell erledigt und nach nur wenigen Stunden steht ihr schon vor grausigen Mordfällen, die an die ungelösten Black-Dahlia-Morde dieser Zeit angelehnt sind, bevor es weiter zu den schillernden Sitten- und Drogenwächtern der Stadt und auf DeNiros Backdraft-Spuren in das Branddezernat geht.
Der Ablauf eines Falls bleibt dabei stets gleich. Es beginnt mit der Vorbesprechung im Polizeihauptquartier. Etwas geschah in der Stadt und euch und eurem im Laufe des Spiels wechselnden Partner wird der Fall übergeben. Ob ihr dort selber hinfahrt oder euch von ihm chauffieren lasst, dürft ihr jederzeit frei entscheiden. Nur in wenigen Momenten wie Verfolgungsjagden seid ihr gezwungen, euch selbst hinter das Steuer zu setzen. Insoweit unterscheidet sich dies bedeutend von früheren Rockstar-Games. Ich würde sogar empfehlen, nicht zu fahren, da ihr so wesentlich aufmerksamer den Dialogen der beiden auf dem Weg lauschen könnt. Diese sind fantastisch, wie so ziemlich jedes Gespräch in L.A. Noire. Aber dazu später noch viel mehr.
Am Ort des meist grausigen Geschehens angekommen, gilt es Hinweise zu finden. Nicht immer ist das Opfer identifiziert, mal auch nackt und geschändet, grausige Morde sind keine Erfindung morbider Schweden in den letzten zwei Jahrzenten. Eine Handtasche mit einem Führerschein, die am Tatort zurückgelassen wurde, macht es einem einfach, meist jedoch muss man mit einem Streichholzschächtelchen aus einer Bar vorlieb nehmen oder einfach nur dem Schildchen einer Reinigung an der Kleidung. An den Opfern selbst finden sich die stummen Zeugen der Tat in Form der Art der Verletzungen, der Lage des Köpers und weitere Hinweise. Das Spiel geht, sobald ihr etwas gefunden habt, in eine eigene Ansicht nah über die Schulter von Phelps und lässt euch mit seiner Hand auf das zeigen, was ihr untersuchen wollt. Habt ihr es in der Hand, wird diese mit dem linken Stick bewegt, sodass ihr es euch genau anschauen könnt. Mal gibt der Gegenstand etwas her, oft nicht. So ist das Spurenlesen halt.
Damit ihr wisst, dass etwas da ist, das einen weiteren Blick lohnenswert macht, spielt als erster Hinweis die "Untersuchungs"-Musik so lange, wie es etwas zu finden gibt. Wer möchte - und ich kann ehrlich gesagt nur dazu raten -, schaltet die Vibration des Pads an, denn diese lässt euch wissen, dass ihr praktisch auf einem Hinweis draufsteht. Mit dem bloßen Auge hätte ich ein paar Sachen sicher nicht gefunden. Im richtigen Leben würde dieses kleine Zettelchen etwas abseits der Leiche hervorstechen, hier im Spiel kam man mit der Grafik noch nicht soweit, dass es gleichermaßen in den Fokus rückt. Weniger ein Kritikpunkt an L.A. Noire, mehr an der Funktionsweise unserer Wahrnehmung. Doofe Wahrnehmung. Immer so fixiert auf das reale Leben.
Habt ihr alles zusammen, ergeben sich daraus in aller Regel die nächsten Ermittlungspunkte, denen ihr folgt. Neue Orte, die in Bezug zu dem Fall stehen und im gleichen Stil untersucht werden wollen, neue Zeugen und Verdächtige, die euch erzählen, was sie wollen. Um herauszufinden, ob sie aber auch wirklich die Wahrheit sagen, kommt jetzt der Punkt von L.A. Noire ins Spiel, der dieses Experiment der Flucht aus dem Uncanny Valley zu etwas ganz Speziellem werden lässt. Die Gespräche.