La-Mulana 2 - Test: Bitte Spiel, hab Mitleid!
Es ist so unbarmherzig.
Ich mag es gern, wenn mir Spiele das Gefühl geben, gerade wirklich ein Abenteuer zu erleben. Wenn ich vieles entdecken kann, geheime Schalter umlegen, versteckte Räume öffnen, Schatztruhen knacken, sowas eben. La-Mulana 2 ist genau das, umgesetzt als Metroidvania in Pixelgrafik. Und es ist, wie so ein Indiana-Jones-Abenteuer eben ist. Ihr wisst nie, was passieren wird, wenn ihr den nächsten Schritt nach vorne tut.
Vielleicht löst ihr damit ja einen unsichtbaren Schalter aus, der wiederum eine tödliche Falle in Betrieb setzt? Oder aber ihr öffnet die reizvolle Schatztruhe auf der anderen Seite des Bildschirms - alles kann passieren. Ihr habt nur dummerweise keine Anhaltspunkte dafür, was am wahrscheinlichsten ist. Mit dem Ergebnis, dass ihr in La-Mulana 2 sehr viel ausprobieren müsst.
Der Vorgänger La-Mulana wurde ursprünglich im Jahr 2005 für den PC entwickelt und hatte den Anspruch auszusehen, wie ein Spiel auf einem MSX-Computer. Das gelang, war aber wohl nicht jedermanns Sache, weshalb im Jahr 2007 schon ein Remake für die Wii erschien, das dem Spiel eher eine 16-bit-Optik verpasste. Ebendiese Umsetzung gab es später auch für den PC und die PS Vita. La-Mulana 2 folgt gleich dem Grafikstil des Remakes, fühlt sich allerdings immer noch an wie ein ziemlich altes Spiel. Das liegt unter anderem daran, dass es keine Breitbild-Unterstützung gibt, läuft grundsätzlich im 4:3-Modus mit (gemusterten) Balken am Rand. Warum nicht zumindest optional eine 16:9-Variante integriert wurde, ist mir schleierhaft, aber La-Mulana 2 soll wohl wirklich sein, wie Spiele damals waren und nicht, wie wir uns heute an sie erinnern.
Dafür spricht auch die etwas gewöhnungsbedürftige Steuerung, die sich vor allem beim Springen bemerkbar macht. Springt ihr aus dem Lauf heraus, beschreibt eure Figur in der Luft von Anfang an einen Bogen, fügt ihr die Sprungrichtung jedoch hinzu, während ihr euch schon in der Luft befindet, gibt es eine gewisse Verzögerung, bevor die Spielfigur reagiert. Das einzuplanen, macht eigentlich einfache Aktionen manchmal ziemlich frustrierend, vor allem weil das Spiel immer wieder ziemlich präzise Platformer-Aktionen von euch fordert.
La-Mulana 2 dreht sich um die Erkundung von alten Ruinen. Als junge Forscherin seid ihr auf der Suche nach eurem Vater, dem Helden des ersten Teils. Und wie das in solchen Ruinen üblich ist, gibt es da jede Menge sich drehender Plattformen und Stacheln, über die ihr sehr präzise springen müsst. Immerhin habt ihr aber eine Peitsche, mit der ihr nicht nur eure Gegner, sondern teilweise auch eure Umgebung auspeitschen könnt.
Aber selbst wenn ihr das könnt, rettet euch das in vielen Fällen nicht. Denn La-Mulana 2 ist voller ausgesprochener Gemeinheiten. Das Spiel scrollt nicht durchgehend, außer in seltenen Momenten. So lauft und springt ihr also von einem Bildschirm in den anderen. Nicht selten kommt es vor, dass eine Leiter, die in den Bildschirm über euch führt, auf einmal nicht mehr da ist, wenn ihr dort angekommen seid. Das ist in sich nicht schlüssig und führt dazu, dass ihr in einen kleinen Abgrund springen müsst um wieder nach unten zu kommen. Daraufhin landet ihr dann in 80 Prozent aller Fälle auf dem Kopf eines Monster, lauft ihr weiter nach rechts, geht unter euch eine Falltür auf und ihr fallt einen weiteren Bildschirm nach unten, wo ihr zielgenau in einem Haufen Stacheln landet.
Diesen Geist atmet La-Mulana 2 geradezu durchgehend. Zu Beginn bekommt ihr ein paar heiße Quellen vorgestellt und wenn ihr euch in die begebt, werdet ihr geheilt. Ein bis zwei Spielstunden später trefft ihr auf Wasserbecken, die so ähnlich aussehen. Und was machen die? Schaden natürlich. Ein blauer Schimmer, der ähnlich aussieht wie ein Speicherpunkt, verteilt Elektroschocks. Und dann präsentiert euch das Spiel ein Schnellreisesystem - ihr könnt euch jederzeit zu einem der Speicherpunkte teleportieren. Das freut euch, denn das heißt, dass ihr euch jederzeit zu den heißen Quellen zurückbeamen könnt.
Das Spiel verzichtet aber darauf, zu erwähnen, dass ihr die Speicherpunkte dafür nicht nur benutzen, sondern zusätzlich scannen müsst. Und wenn ihr euch dann zum ersten Mal teleportieren wollt, schaut ihr doof aus der Wäsche. Man spürt, dass das alles kein Zufall ist, La-Mulana 2 will bösartig sein. Denn das Spiel kommuniziert durchaus mit euch. Ihr tragt nämlich ein Tablet mit euch herum, auf dem ein komischer glatzköpfiger Onkel am Anfang einen Messenger installiert. So erfahrt ihr beispielsweise, dass ihr durchaus seitwärts in Stacheln hineinlaufen, nicht jedoch von oben auf sie fallen dürft. Das ist eine wichtige Information - warum dann nicht auch andere wichtige Informationen auf diese Weise kommunizieren?
Das mag sich alles recht negativ lesen, aber La-Mulana 2 ist nicht ohne einen gewissen eigenen Charme. Da sind einerseits die völlig durchgedreht wirkenden Figuren - wahlweise angeberische Gigolos oder entrückte Heilige, die auf groteske Art alten Göttern huldigen, die im Inneren der Welt vergraben sind. La-Mulana 2 hat eine überraschend komplexe Geschichte, die Spielern des ersten Teils bekannt vorkommen dürfte, die sich aber hinter einer riesigen Mauer aus Gameplay verbirgt und nur selten mal durchguckt. Dazu kommen Monster, die teilweise sehr an berühmte Pokémon erinnern und Bossgegner, von denen ihr bei den ersten zehn Versuchen annehmt, dass sie unbesiegbar sind. Das macht La-Mulana 2 zu einem sehr interessanten, aber eben auch extrem harten Brocken.
La-Mulana 2 bringt mich dazu, mich an alte Zeiten zu erinnern und das nicht wegen seiner Pixelgrafik. Sondern weil es die Art Spiel ist, die viel Hingabe erfordert, um sie zu verstehen. La-Mulana 2 lässt sich nicht einfach wie ein weiteres Spiel auf eurer Bucket List abhaken, es muss erobert werden wie eine schwer befestigte Burg und es verlangt von euch, dass ihr auch mal damit lebt, dass ihr gerade nicht wisst, wie eine bestimmte Mechanik funktioniert. La-Mulana 2 ist der hässliche Zierfisch unter den Spielen in Retro-Optik. Ein seltenes Individuum, das nur wenige Leute wollen werden. Aber die, die es mögen, werden es so leidenschaftlich spielen wie Antoine Griezmann das WM-Finale (... wenn er nicht gerade Fortnite spielt). Das Spiel hält unzählige Geheimnisse für euch bereit, ohrfeigt euch jedoch, während ihr sie sucht. Wenn ihr ruhig bleibt, werdet ihr in 20 bis 30 Stunden bei der Endsequenz angelangt sein, habt ihr dagegen Schwierigkeiten, euch einzuprägen, wo sich Fallen befinden oder kommt ihr nicht darauf, wie ihr einen Boss besiegen könnt, dann dauert es entsprechend länger.
Für La-Mulana 2 müsst ihr (genauso wie für den Vorgänger) die richtige Art von Spieler sein. Das Spiel verlangt, dass ihr eine enorm hohe Frusttoleranz besitzt, dass ihr euch auf eine nicht gerade perfekte Steuerung einlasst und dass ihr nichts gegen ein 4:3-Seitenverhältnis habt, das eigentlich nicht nötig gewesen wäre. La-Mulana 2 ist wie ein 16-bit-Spiel, das man als herausragende Erfahrung in Erinnerung hat, das, gemessen an heutigen Maßstäben, aber schwerfällig und unkomfortabel ist. Gleichzeitig hat es aber viel zu bieten: eine bizarre Geschichte, viel zu entdecken, echte Herausforderungen! Die Entwickler liefern das, was sie versprochen haben, und das ziemlich kompromisslos. Die Frage ist nur, ob ihr euch das gewünscht habt.
Entwickler/Publisher: Nigoro/AGM Playism - Erscheint für: PC - Preis: 20,99 Euro - Erscheint am: erhätlich - Getestete Version: PC - Sprache: englisch - Mikrotransaktionen: Nein
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