Lair
Was uns nicht tötet, härtet uns ab!
Im Prinzip kann ich mich den vernichtenden Kritiken der amerikanischen Journalisten nur anschließen. Die Steuerung von Lair ist eine echte Katastrophe. Ohne Analogstick-Alternative fliegt sich der Drache mit der SIXAXIS-Kontrolle wie eine flügellahme Ente. Ohne Fadenkreuz, mit schwer nach zu vollziehendem Auto-Aiming und dem miesesten Lock-On-System der Spielegeschichte wird die Auswahl des richtigen Gegners zur Glückssache. Und ohne Radar verwandelt sich die Suche nach dem nächsten Missionsziel in eine Odyssee, an deren Ende nur das Game Over wartet. Also eine 3/10 drunter geklatscht und gut ist die Sache.
Doch kann man es sich wirklich so einfach machen? Ja, das Spiel hat enorme Probleme und scheitert vor allem an der überzogenen Erwartungshaltung der Sony-Gemeinde. Lair ist nun mal nicht der System-Seller, den alle erwartet haben. Aber ist es am Ende wirklich so ein mieses Spiel? Ganz unvoreingenommen habe ich mir den Drachen-Flugsimulator vorgeknüpft und mich auf einen wilden Ritt eingelassen, der letztlich zu einem überraschenden Ergebnis führt.
Lair ist nicht irgendein Spiel. Es ist das Produkt einer renommierten deutschen Firma, die schon zu guten, alten Amiga-Zeiten mit Titeln wie Turrican Spielegeschichte geschrieben hat. Auch auf dem Gamecube gelang es Factor 5, sich mit gelungenen Star Wars-Umsetzungen einen Namen zu machen.
Die Titel waren zwar alle nicht sonderlich innovativ, jedoch lieferten sie - wie die Vorlage - ein wunderhübsches Action-Märchen ab, das neben einer herausragenden Technik auch viele spaßige Weltraumkämpfe zu bieten hatte. Dann kam der Wechsel. Schon kurz nach der Ankündigung der Playstation 3 machten erste Bilder zu Lair die Runde. Ein detaillierter und beeindruckender Drache samt Reiter ließ Fantasy-Träume wahr werden.
Mit der Kraft der High-End-Konsole und der Kreativität der Entwickler schien alles möglich zu sein. Echte Next-Generation-Grafik, gigantische Spielfelder und die damals noch begeistert aufgenommene Steuerungstechnik sollten ein echtes Spektakel auf den Bildschirm zaubern, das alles andere alt aussehen lassen würde.
Wie so oft sieht die Realität leider anders aus. Factor 5 ließ sich von der Euphorie übermannen und setzte ganz auf die neue Technik. Damit begaben sie sich leider auf einen Holzweg, der nur in den Abgrund führen konnte.
Dabei sind die Voraussetzungen gar nicht mal so schlecht. Die Hintergrundgeschichte rund um zwei verfeindete Nationen und eine Spezialeinheit von Drachen-Reitern ist zwar kein großes Fantasy-Kino, dennoch wird die Story dank schicker Zwischensequenzen und einigermaßen sinnvoller Dialoge recht ansprechend präsentiert. Der Held der Geschichte ist ein stolzer, aber auch recht naiver Reiter, der ohne nachzudenken Schlacht um Schlacht für das eigene Vaterland kämpft. Gemeinsam mit seinem Drachen muss er Intrigen, Rückschläge und Niederlagen überstehen. Wie so oft wächst er daran und erkennt, dass man die Welt nicht einfach in Gut und Böse einteilen kann.