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Last Window: The Secret of Cape West

Schwanengesang in Noir

Hier haben wir vermutlich den Letzten seiner Art vor uns. Last Window: The Secret of Cape West ist der Nachfolger des Ausnahmetitels Hotel Dusk: Room 215 und spielt im selben Universum wie die beiden Another-Code-Spiele. Aber wie bereits gesagt, wird Lost Window aller Voraussicht nach euer letzter Ausflug in die faszinierende Adventure-/Visual-Novel-Welt des japanischen Entwicklers Cing sein...

Nachdem das Spiel bereits im Januar diesen Jahres in Japan erschien meldete das kleine, aber feine Team im März den Bankrott an – tatsächlich bin ich durchaus überrascht, dass der letzte Cing-Titel überhaupt noch nach Europa gekommen ist. Daher ist jetzt auch Schluss mit dem Trübsal blasen, immerhin haben wir hier immer noch ein toll präsentiertes, spannendes Noir-Abenteuer vor uns. Und das wollen wir schließlich auch genießen!

Last Window: The Secret of Cape West spielt kurze Zeit nach den Ereignissen von Hotel Dusk im Los Angeles des Jahres 1980, ihr schlüpft erneut in die Rolle des 34 Jahre alten Ex-Polizisten Kyle Hyde. Ermittelt der zunächst noch die Gründe dafür, warum er und seine Mitmieter aus ihrem Apartment-Block geworfen werden, so gewinnt die Handlung doch bald an Fahrt und schließlich geht es um viel mehr: Kyle ist dem Geheimnis um den Tod seines Vaters auf der Spur.

All das ist ziemlich ungewöhnlich für ein Videospiel. Keine außerirdischen Invasoren, keine dämonischen Kräfte, keine strahlenden Helden... wie schon sein Vorgänger orientiert sich auch Last Window in erster Linie an großen Noir-Vorbildern aus Hollywood und an einschlägiger Literatur.

Rechts im Bild seht ihr eure Position im Raum, links seht ihr eure Umgebung durch Kyles Augen.

Und wie sein Vorgänger scheint sich auch Last Window in erster Linie an anspruchsvolle, erwachsene Spieler zu richten. Spieler, die nicht mit permanenter Reizüberflutung bei Laune gehalten werden wollen, die sich mit einem desillusionierten Ex-Cop identifizieren können und kein Problem mit langen Dialogen und dem Verzicht auf vordergründige Action haben.

Wie schon im Vorgänger haltet ihr auch in Last Window euren DS aufrecht, ähnlich wie ein Buch. Auf dem Touchscreen bewegt ihr euren Helden, auf dem anderen Bildschirm sehr ihr eure Umgebung aus der Ego-Perspektive. In den Dialogen werden große Portraits der Protagonisten eingeblendet, die genau wie im Vorgänger in einem enorm stilvollen Bleistiftskizzen-Look dargestellt sind und in entscheidenden Momenten mit farblichen Highlights auf sich aufmerksam machen.

Rätsel sind ebenfalls vorhanden, stellen aber abermals nicht das Zentrum des Spiels dar – Last Window weist ebenso Adventure-Charakteristika wie Elemente der Visual Novel auf. Das wird vor allem deutlich, wenn man bedenkt, dass Kyle ein Buch namens Last Window mit sich führt, das nach jedem absolvierten Kapitel um einen neuen Absatz ergänzt wird und sich manchmal als nützliche Hilfe im Spiel entpuppt.

Auch so manche wichtige Entscheidung wird von euch verlangt. Während eines Gesprächs klingelt das Telefon – führt ihr das Gespräch weiter und ignoriert den möglicherweise wichtigen Anruf oder geht ihr ans Telefon und verpasst so vielleicht eine wichtige Information? Ein sehr interessantes Feature hierbei ist das Ignorieren von Gesprächsoptionen. Alte Adventure-Hasen stellt das vor eine ganz neue Herausforderung.

Die Charakterportraits sind so ausdrucksstark gezeichnet wie schon im Vorgänger.

Jeder, der die einschlägigen LucasArts- und Sierra-Klassiker oder auch modernere Adventures wie die Geheimakte-Serie gespielt hat, der weiß, dass Dialoge stets wichtig sind – jeder potentielle Gesprächspartner wird zu jedem sich bietenden Thema ausgefragt, bis er euch definitiv nichts mehr zu sagen hat.

In Last Window nützt euch diese Vorgehensweise allerdings nicht wirklich. Hier müsst ihr erkennen, wenn ein Dialog euch weiterhilft oder ob er ins Leere führt und dementsprechend von euch ignoriert werden sollte. Und manch ein Gesprächspartner reagiert auf zu große Neugier möglicherweise auch sehr allergisch, gibt aber bereitwillig wertvolle Informationen preis, wenn ihr subtil und zurückhaltend vorgeht. Aber selbst diese Optionen sollten mit Bedacht eingesetzt werden: Quetscht ihr die Leute zu sehr aus oder ignoriert ihr zu viele Gespräche, dann führt euch das manchmal direkt zum Game-Over-Bildschirm!

Keine Frage, Last Window ist nicht jedermanns Sache. Wer ohne Action nicht leben kann und Handlung bei seinen Spielen für ein notwendiges Übel erachtet, der wird auch mit Kyle Hydes zweitem Abenteuer nicht warm werden. Wer dagegen offen an seine Spiele herangeht und empfänglich für ungewöhnliche Geschichten und Spielsysteme ist, der wird Last Window genau wie schon seinen Vorgänger regelrecht verschlingen. Fühlt ihr euch jetzt angesprochen, dann greift zu – Last Window wird euch in ein liebevoll dargestelltes Amerika der frühen 80er Jahre entführen und so schnell nicht mehr loslassen. Und wie eingangs bereits angedeutet, ist es wohl tatsächlich das letzte seiner Art.

Last Window: The Secret of Cape West ist ab heute für Nintendo DS im Handel erhältlich.

7 / 10

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