Lawn Mowing Simulator – Test: Zwischen Einschlafhilfe und Berufserfahrung
Ein Grauen für Grashalme.
Ich müsst' mal wieder Claudi anrufen. Wie lange ist das jetzt her? Vor Corona auf jeden Fall. Zwei Jahre mindestens – krass. Aber hätte sich ja selbst mal melden können. Warum schauen einen manche Leute eigentlich schief an, wenn man länger nichts von sich hören lässt, obwohl sie selbst keinen Pieps tun? Als ob man irgendeine Verpflic... Um Himmels Willen, nicht die Tulpe!!!
Verdammt noch mal! Hab' ich mich schon wieder vom geruhsamen Kreisverkehr einlullen lassen. Geht leider schnell, wenn man mit nicht voll gezogenem Gashebel (Höchstgeschwindigkeit überlastet die Mähmaschinen) über die Wiese kurvt. Raketenwissenschaft ist das ja nicht. Man wirft den Motor an, stellt die Schnitthöhe ein – und tuckert etwa 20 Minuten lang durch über den Hof eines wohl betuchten Arbeitgebers.
Wie am besten? Völlig egal. Hauptsache das Grün ist am Ende einen Halm kürzer. Aber um Zeit zu sparen, lohnt es sich natürlich möglichst breite Bahnen und außerdem so zu fahren, dass man nicht ständig rangieren muss. Ein bisschen Übung braucht das schon, zumal das Spiel gerade in den ersten Höfen penibel genau darauf geachtet hat, dass kein Halm übrigbleibt. Boah, war das anfangs nervig, nach eigentlich getaner Arbeit noch mit dem Trimmer die vielen kleinen Flecken abzulaufen, die man auf der Maschine sitzend einfach übersieht!
Unsaubere Arbeit bedeutet ja weniger Gewinn. Wenn man den aber in neues Personal, Reparaturen und neue, übrigens offiziell lizenzierte, Geräte investieren will, hilft es durchaus sich ein Stück weit zusammenzureißen. Pro Arbeitstag hat man dabei die Wahl zwischen verschiedenen Aufträgen, die man unter der Belegschaft und sich selbst aufteilt. Auf diese Art kommt Kohle rein, während das Unternehmen langsam größer wird.
Lawnbreakers heißt meine Firma hier. Hihi. War ein gutes Spiel. Ist völlig zu Unrecht krachen gegangen. Sicherlich unnötig kompliziert, ohne spielerisch komplex zu sein, aber so alles in allem. Ein paar coole Ideen waren auf jeden Fall dabei. Vor allem das Movement...
Ach, je. Hab' ich das schon wieder laut geschrieben? Sorry. Um ganz ehrlich zu sein: So richtig weiß ich gar nicht, was mich hier antreibt. Aus irgendeinem Grund fand ich den Lawn Mowing Simulator charmant – so rein von der Idee her. Und vielleicht auch mit der Hoffnung, dass das von Briten gemachte Rasenmähen in einer fiktiven Kleinstadt mit etwas Augenzwinkern an die Sache rangehen würde.
Im Kleinen stecken dann sogar ein paar coole Sachen drin. Die Anwesen sehen für die Verhältnisse einer Alltagssimulation (diese Einschränkung ist mir wichtig) nicht mal hässlich aus, auf den Straßen ist Betrieb und die Mäher fahren sich anständig, während man dank einer cleveren Kamera immer sieht, wo die Scherblätter gerade entlang schneiden. Alles kein Hexenwerk. Ich muss dem Spiel aber zugestehen, dass es seine Sache angenehm routiniert erledigt – vom brutalstmöglichen Pop-in etlicher Blumen, Rasenteile und sonstiger Objekte in den Konsolenfassungen mal abgesehen.
Aber deshalb finde ich es eben auch schade, dass ich den Fußgängern, die außerhalb der Grundstücke flanieren, nicht mal einen kecken Spruch zurufen kann. Und wie cool wäre es bitte, wenn hinter der großen Hecke nicht nur das Dach einer roten Telefonzelle hervorlugen würde, sondern man nach dem Abstellen des Motors dort einem amüsanten Gespräch lauschen könnte? Und mal im Ernst: Würde da nicht nur stehen, dass man gerade eine Blume überfuhr, sondern hätte diese auch einen Namen, dann dürft das womöglich gar mein Interesse am Thema Garten wecken. Aber so...
So verschwimmen Kreisfahren und Konzentrationsmangel in einer Art Tagtraum, aus dem ich immer erst dann gerissen werde, wenn eine Geranie dran glauben muss. Wobei ich nicht mal weiß, ob Geranien überhaupt Gartenpflanzen sind. Ich meine jedenfalls, dass wir die früher auf dem Balkon stehen hatten. Kann das sein? An Garten war bei uns zumindest nicht zu denken. Gut, das heißt nichts. Am Ende kann man die übera...
"Sie können das Grundstück nun verlassen." Ha! Geschafft. Der Rasen ist so weit gemäht, dass ich den vereinbarten Betrag einsacken kann – abzüglich der überschaubaren Strafen fürs Blumentöten und Erdevernichten. Also nichts wie weg!
Tja, von wegen. Denn plötzlich erwische ich mich doch glatt dabei, wie ich nicht einfach so schnell wie möglich abzische, sondern vorher noch die letzten Grasflecken sorgsam wegraspele. Die könnte man auf späteren Höfen nämlich ignorieren. Doch da hatte mich ein Ehrgeiz gepackt, den ich nicht habe kommen sehen. Und überhaupt: Ihr müsstet mal sehen, wie elegant ich inzwischen um Bäume und Beete herum kurve oder wie geschickt ich jetzt die großen Flächen einteile!
Lawn Mowing Simulator – Test-Fazit
Doch, diese Rasenmäher-Sim macht ihr kleines Ding nicht schlecht. Ich hatte ja nicht viel erwartet und bin deshalb wenig überrascht darüber, dass sie durchaus ihre Längen hat. Aber so ganz kann ich mich der eigenwilligen Mischung aus gewissenhaftem Arbeiten und einschläferndem Zen eben nicht entziehen. Wo dem Ganzen eine große Portion Spielwitz fehlt, fühlt sich das Wiesekürzen auf den schicken Anwesen gerade richtig genug an, um ernst genommen zu werden. Erwartet kein anspruchsvolles oder gar technisch aufwändiges Spiel. Aber womöglich wird gerade das dem Rasenmähen ohnehin am ehesten gerecht.