Left 4 Dead: The Sacrifice
"Geronimooooo!"
Bevor man über die neue Download-Kampagne für Left 4 Dead zu sprechen beginnt, sollte man zunächst einige Dinge klarstellen. Zum einen vielleicht, dass sie auch für den zweiten Teil das zweite Download-Add-On darstellt, denn für das Sequel wird The Sacrifice ebenfalls angeboten, als separates Datenpaket. Hüben wie drüben erzählt The Sacrifice die Vorgeschichte von The Passing, das in diesem Frühjahr Left 4 Dead 2 erweiterte.
Ihr erfahrt, wie die ursprünglichen Überlebenden auf die obere Etage der Zugbrücke gelangten – und warum ihnen für eine komplette Runde "Mensch ärgere dich nicht" das grüne Männchen fehlt. Zum anderen ist da erneut die Geschichte mit dem Preis: PC-User bekommen das Paket wieder einmal umsonst, während Xbox-360-Besitzer mit L4D1 oder 2 560 MS Punkte lassen müssen. Eine Investition, die sich trotz des Titels aber eher für Besitzer des jüngeren der beiden Zombie-Entsafter lohnt. Wer hingegen noch mit dem ersten Teil unterwegs ist... Nun, der findet hier einen Grund, endlich mal auf den Nachfolger umzusteigen.
Exklusiv in Left 4 Dead 2 darf das alte Quartett nämlich auf das Waffen-Repertoire von Rochelle, Coach, Nick und Ellis zugreifen. Wer also schon immer mal Zoey eine Kettensäge in einen Charger stecken sehen wollte, sieht nur hier seinen Wunsch erfüllt. User des Originals spielen leider mit bekanntem Waffenschrank gegen die alten Special Infected.
Doch es gibt noch einen weiteren Bonus, der die knapp sieben Euro für Left-4-Dead-2-Boykotteure etwas happig erscheinen lässt: Die No-Mercy-Kampagne des Erstlings liegt dem DLC-Paket für den zweiten Teil bei und darf mit neuen Waffen gegen den erweiterten Pool an Spezial-Infizierten bestritten werden. Ein echter Schuss in den Rücken bestimmter, über Jahre eingeschliffener Patent-Taktiken für diese Kampagne. Wundervoll auch, wie die Beimengung dieses Klassikers Left 4 Dead 2 ganz nebenbei einen etwas düstereren Anstrich verpasst.
Während ich The Passing im April trotz gewohnter und neuer Qualitäten – unter anderem eines frischen Uncommon Common Infected und hinzugefügter Waffenkisten (zwei Features, die in diesem DLC nicht mit von der Partie sind) – wegen seines latenten Remix-Charakters kritisierte, fühlen sich die drei neuen Kapitel von The Sacrifice deutlich frischer an. Das liegt vor allem daran, dass ihr hier in den vorderen zwei Dritteln einige neue Umgebungen präsentiert bekommt, die nicht aus dem Asset-Katalog des Hauptspiels zu stammen scheinen, sondern originär und neu anmuten.
Anfangs geht es durch die Docks, mit Schiffwracks und geparkten Motorbooten noch und nöcher, später durch eine Ziegelfabrik mit angeschlossenem Güterbahnhof und schließlich im Schneckentempo einen gigantischen Kieshügel hinauf, um an dessen Gipfel über ein Förderband auf einen riesigen Tanker zu gelangen. Wie sich hier dunkle, helle, offene und enge Areale abwechseln, organisch ineinander übergehen, ist von allererster Valve-Güte. Auch gibt es gefühlt etwas mehr Vertikalität als in The Passing, mit Gegnern, die einem von Dächern oder Zugwaggons herunter in den Rücken fallen, um aus diesem ein herzhaftes Stück herauszukauen.
Insgesamt bleiben schon nach dem ersten Durchlauf von The Sacrifice bedeutend mehr Situationen und Szenen im Gedächtnis als in The Passing, wenngleich ich mir vom Finale etwas mehr erwartet hätte. Doch selbst dieser Generatoren-starten-Marathon mit anschließender Selbstaufgabe von dem Spieler, der die letzte Adrenalinspritze einstecken hat, spielt mit routinierter Spannung im guten Mittelfeld der Serien-Finals.
Selbst auf Easy muss man über eine Dreiviertelstunde einplanen, während unsere Advanced-Sitzung zu dritt gestern Nacht mehr als zweieinhalb Stunden in Anspruch nahm. Und das auch nur, weil wir im Finale noch einen Gang (also einen Schwierigkeitsgrad) runterschalten mussten. "Leicht" geht jedenfalls anders. Auch, weil The Sacrifice über die gesamte Länge auch den Begriff "Eckenzombie" anhand hübsch anschaulicher Beispiele stets aufs Neue definiert.
Was The Sacrifice aber über seine Einzelleistung als gewohnt gutes Valve-Produkt hinaus gelingt, ist, seinen direkten Download-Vorgänger The Passing ein gutes Stückchen aufzuwerten. Im Double-Feature mit seiner besseren Hälfte gewinnt der solide, aber alles andere als essenzielle Vorgänger deutlich an Attraktivität. Und dazu kann man den Entwicklern und Autoren, die wieder mit ausgezeichneten Dialogen aufwarten, nur gratulieren.
Für sich genommen wirft der letzte gemeinsame Auftritt des Ur-Überlebendenquartetts die L4D-Welt sicher nicht aus den Fugen. Er stupst sie aber wieder ein bisschen an, auf dass sie sich eine Weile weiter drehe. Ich freue mich schon auf den nächsten Schubser, der dann ruhig noch ein bisschen kräftiger ausfallen darf.
Die exzellente, vierteilige Vorgeschichte zu The Sacrifice gibt es bei Valve als Comic zu bewundern.