LEGO Der Herr der Ringe – Test
Im Grunde zwar immer wieder dasselbe, aber doch immer aufs Neue verliebt.
Nach der Übernahme von TT Games durch Warner und dem Erhalt aller Herr-der-Ringe-Lizenzen war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis auch Tolkiens Fantasy-Universum im Klötzchen-Format umgesetzt wird. Und es spricht für die Qualität von TT Games wie auch ihrer LEGO-Spiele, dass sich LEGO Der Herr der Ringe mit Leichtigkeit aus dem Stand in die Spitzengruppe der Herr-der-Ringe-Versoftungen katapultiert. Denn seien wir mal ehrlich: Abseits von Schlacht um Mittelerde oder Herr der Ringe Online waren unter den bisherigen HdR-Spielen nun nicht allzu viele hochkarätige Titel dabei.
Vorbildliche Liebe zum Detail
Und da die LEGO-Spiele ja unter anderem für ihre Detailvernarrtheit bekannt sind, verwundert es nicht, dass auch in LEGO Der Herr der Ringe viel Liebe steckt. Man merkt dem Spiel einfach in jeder Sekunde an, dass hier Leute daran gearbeitet haben, die von dem Fantasy-Universum ebenso sehr begeistert sind. Was die Umsetzung der Story an sich anbelangt, bleibt man dem Ursprungsmaterial weitestgehend treu, nimmt sich jedoch hier und da gewisse Freiheiten. Unter anderem auch für die typischen Slapstickeinlagen, die die LEGO-Spiele so witzig und charmant machen. Bei seinem Ableben wird Boromir etwa erst von einem Pfeil, dann von einem Besen und schließlich von einer Banane getroffen, bevor er zu Boden geht. Schlussendlich will der Ork ihm dann noch á la Charlie Sheen in Hot Shots 2 mit einem auf seinem Bogen gespannten Huhn den Gnadenschuss verpassen.
Dabei gelingt es TT Games, stets die richtige Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Humor zu finden - selbst in der gleichen Szene wird man nie der Stimmung gerissen. In einem Augenblick treibt Boromirs Leichnam noch friedlich auf einen Wasserfall zu und im nächsten Moment muss Gimli dann doch noch einen Stein gegen das Boot werfen, um das an einem Felsen festhängende Gefährt nach unten zu befördern. Dann wiederum sieht man aus größerer Entfernung, wie das Boot den Wasserfall hinunter stürzt und mit Flipper-ähnlichen Geräuschen von mehreren Felsen abprallt. Einer eigentlich traurigen Szene verpasst man so noch einen humorvollen Anstrich, der sich keineswegs unpassend anfühlt.
Und obwohl man wie bei fast jedem LEGO-Titel eingestehen muss, dass er sich mit Ausnahme einiger Dinge grundsätzlich ähnlich spielt wie seine Vorgänger, so ist es doch diese Detailversessenheit, die stets aufs Neue begeistert - natürlich besonders dann, wenn man selbst auch ein Fan des Ausgangsmaterials ist. Und beim Herrn der Ringe verhält es sich nicht anders. Die ganze Umsetzung ist wieder einmal so wunderbar ausgefallen, dass ich nicht anders kann, als mich jedes Mal neu in die LEGO-Spiele zu verlieben und meine Kindheit ein wenig aufleben zu lassen.
Gewohntes und dezent erweitertes Gameplay
Wie bereits angesprochen, setzt auch die Klötzchen-Version von Der Herr der Ringe auf das überwiegend gleiche Spielprinzip. In den Story-Missionen kommt es also wie eh und je auf das fähigkeitenbasierte Spielen an. Ihr habt verschiedene Charaktere mit unterschiedlichen Fähigkeiten, die ihr braucht, um euch einen Weg durch die Level zu bahnen und die vor euch liegenden Rätsel zu lösen. Das Ganze ist wie gewohnt auch relativ kindgerecht und nicht über alle Maßen anspruchsvoll, obwohl die LEGO-Spiele natürlich beileibe nicht nur die jüngeren Generationen in ihren Bann ziehen.
Dezente Erweiterungen und Verbesserungen sind aber selbstverständlich mit an Bord. So können Charaktere nun beispielsweise bis zu acht Gegenstände mit sich führen und haben ebenso Zugriff auf ein gemeinsames Inventar mit insgesamt 84 zusätzlichen Items. Die sammelt ihr nach und nach im Spielverlauf, indem ihr sie entweder findet oder zusammenbaut. Das geschieht einerseits durch ein simples Crafting-System - die gelben LEGO-Blöcke wurden durch silberne Mithril-Blöcke ersetzt, die ihr, nachdem ihr einen Bauplan gefunden habt, zu deren Konstruktion verwendet. Andernorts setzt ihr euch während einer Mission aus verschiedenen Einzelteilen eine Angel zusammen oder andere Gegenstände.
Ihr braucht sie unter anderem zur Lösung der Rätsel, aber andererseits dienen sie ebenso zur Verbesserung bestimmter Fähigkeiten. Ein Mithril-Bogen verschießt beispielsweise drei Pfeile auf einmal. Beim ersten Durchgang werdet ihr vieles davon noch gar nicht mal bekommen oder finden können, eben so, wie man es von der Reihe kennt. Erst nach dem einmaligen Durchspielen eines Levels habt ihr die Möglichkeit, ihn im freien Spiel noch mal anzugehen und könnt dann von mehr Charakteren und Fähigkeiten Gebrauch machen, um wirklich jedes winzige Detail, jeden noch so versteckten Sammelgegenstand aufzuspüren. Es ist einfach immer wieder motivierend, die LEGO-Spiele mit 100 Prozent abzuschließen, denn für jedes noch so kleine Prozentchen bekommt ihr etwas, ob das nun ein Charakter, ein Extra oder ein neuer Gegenstand ist. Und wenn ihr erst einmal dabei seid, werden wieder viele, viele Stunden verstreichen - auch LEGO Der Herr der Ringe bietet diesbezüglich viel Spielzeit fürs Geld.
Zwischen den jeweiligen Story-Missionen setzt TT Games auf eine offene Welt. Jedenfalls mehr oder weniger, mit dem Ausmaß von Open-World-Spielen wie Skyrim oder Just Cause 2 ist das Ganze nicht zu vergleichen. Dennoch merkt man auch hier, wie viel Liebe zum Detail in LEGO Der Herr der Ringe steckt, wenn man etwa von Mordor bis nach Hobbingen reist und auf seinem Weg all diese bekannten Schauplätze teilweise schon von Weitem wiedererkennt. Größenmäßig ist das kein Vergleich zu den eben schon genannten Titeln, da man relativ schnell von einem Ende zum anderen kommt, aber alles ist einfach so stimmungsvoll und vor allem lebendig gestaltet worden - Hobbingen ist ebenso belebt wie das Gasthaus Zum tänzelnden Pony in Bree. Zudem gibt es hier immer wieder Gelegenheiten, die Fähigkeiten der Charaktere entsprechend einzusetzen, um sich weitere LEGO-Geldsteine, Mithril-Blöcke und dergleichen zu sichern.
"Zwischen den jeweiligen Story-Missionen setzt TT Games auf eine offene Welt."
Verknüpft hat man das alles auch mit neuen Nebenmissionen, die ihr in dieser offenen Welt annehmen könnt. Diese dienen dazu, die roten LEGO-Blöcke freizuschalten, durch die ihr die üblichen Extras wie zum Beispiel Multiplier für gesammelte Steinchen erhaltet. Ihr müsst dazu kleinere Aufgaben erfüllen, um Zugang zu den Steinen zu bekommen, etwa in Bree eine Mithril-Schaufel beim Schmied herstellen und zum Questgeber bringen. Letzten Endes braucht ihr aber noch Bares, um die roten Blöcke dann auch kaufen zu können. Nichtsdestotrotz eine nette Idee, mit der man die offene Welt zwischen den Missionen sinnvoll nutzt. Den Überblick verliert man dabei selten. Einerseits, weil die Welt jetzt nicht so dermaßen ausufernd ist und andererseits, weil man auch Wegpunkte erstellen kann und bequem zum Ziel geführt wird. Standardmäßig bekommt ihr auch immer den Pfad zur nächsten Story-Mission durch neue, türkisfarbene Steinchen angezeigt.
Sprechende Klötzchen
Nach LEGO Batman 2 gibt es auch in LEGO Der Herr der Ringe wieder eine Sprachausgabe. Die ist ganz und gar nicht deplatziert, wie man es vielleicht vorab vermutet hätte, sondern wurde im Gegenteil sehr ordentlich umgesetzt. Es sind zwar überwiegend nicht die Original-Stimmen aus den Filmen - was beispielsweise im Falle des verstorbenen Gandalf-Sprechers Joachim Höppner auch leider nicht mehr möglich ist -, aber die Synchronsprecher machen ihren Job gut und überzeugend. Lediglich zu Anfang sind die vielen neuen Stimmen noch ein wenig gewöhnungsbedürftig.
Technisch gesehen konnte man in den letzten Jahren schön beobachten, wie sich TT Games mit jedem neuen LEGO-Spiel verbesserte. Die Texturen wurden schärfer, die Effekte schicker. Zwar mag man in vielen Bereichen hinter den modernsten Grafik-Engines liegen, dennoch zaubert man hier eine stilistisch wunderbare Spielwelt auf den Bildschirm, hat die ikonischen Schauplätze der Trilogie detailreich und liebevoll nachgebaut. Wenn dann im Hintergrund noch der wunderschöne Original-Soundtrack ertönt, während man zum Beispiel gerade in seiner Verzweiflung aus Helms Klamm hinunter in die anstürmenden Ork-Horden reitet und dann endlich die rettende Verstärkung eintrifft, bekomme ich nicht nur immer wieder Gänsehaut, ich fühle mich einfach mittendrin in diesem epischen Fantasy-Abenteuer.
Noch immer nicht wirklich gelöst hat man unterdessen die Tearing-Probleme, die die Serie seit den Anfangstagen plagen. Es ist aber auch kein konstantes Problem, tritt in den meisten Arealen eher selten bis gar nicht auf, in einigen wenigen anderen Schauplätzen merkt man es aber wiederum schon deutlicher. Irgendwann muss man doch endlich mal eine Lösung dafür finden. Ebenfalls beobachten lassen sich an einigen Stellen kleinere Objekt- und Textur-Popups, allen voran in der offenen Welt. Beides schmälert den fabelhaften, stimmigen Gesamteindruck aber nur marginal.
Schlussendlich kann ich hier eigentlich nur das wiederholen, was unter den meisten LEGO-Spielen steht: Wer die Vorgänger mag, der wird auch mit LEGO Der Herr der Ringe wieder seine Freude haben - ob man nun ein junger oder alter Spieler und/oder Fan ist. TT Games' jüngstes Klötzchen-Abenteuer überzeugt einmal mehr durch seine Detailversessenheit und Treue zum Original, das man gekonnt mit dem typischen Humor und der tollen Spielbarkeit der LEGO-Reihe zu einem äußerst stimmungsvollen Gesamtwerk vermischt. Und wenn ihr eure Spiele gerne bis zum Letzten ausreizt, werden auch hier bei der Suche nach den 100 Prozent Komplettierung wieder die Stunden wie im Fluge vergehen. Ihr bekommt schlicht und ergreifend sehr viel für euer Geld geboten. LEGO Der Herr der Ringe reiht sich somit nicht nur die Top-Riege der LEGO-Titel ein, es ist zugleich auch eines der bislang besten Herr-der-Ringe-Spiele.