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LEGO Harry Potter: Die Jahre 1-4

Pro Familie, Contra Voldemort

Ich liebe die LEGO-Games von Traveller's Tales. Nicht obwohl sie vergebend, freundlich, niedlich, vielleicht ein wenig zu einfach oder in sich selbst doch recht ähnlich sind. Ich liebe sie, weil sie das sind. Sie sind perfekt, um einfach mal ganz entspannt an einem faulen Sonntag Nachmittag ein wenig zu entspannen, herumzuhüpfen, Sachen zu sammeln, die man nicht braucht, und Dinge zu finden, die man nie unbedingt wollte, nun aber doch froh ist, dass man sie hat. Zumindest virtuell im Spielstand.

LEGO Harry Potter: Die Jahre 1-4 weicht, wenig Überraschungsmoment hier, kein Haarbreit von der Grundkonstellation der vorangehenden LEGO Star Wars, Indy, Batman und, nun…, nochmals Star Wars und Indy ab. Oder fast, denn Kampf ist in Hogwarts eigentlich kein Thema. Wer die Vorlage kennt – wer sie nicht kennt, sollte hier nicht einsteigen, LEGO Harry erklärt nicht viel und der brillante Humor wird euch größtenteils ungehindert passieren, ohne einen Eindruck zu hinterlassen –, weiß, dass Hogwarts kein ungefährlicher Ort ist, aber auch keiner, der von Massen an Monstern überrannt wurde. Jenseits der Bosskämpfe, die alle wichtigen Gegner aus den vier Geschichten abdecken, halten sich feindliche Begegnungen in Grenzen. Was vielleicht auch besser so ist, war dies doch in der Regel der schwächste Part der bisherigen TT-Legos.

Baby Jesus! Ach nein... The One!...Auch nicht... The Boy, who lived! Stimmt, das wars.

Der nächste, weniger brillante Punkt war die beinahe grundsätzlich häufig schwächelnde KI, sobald man mal nicht Koop spielte. Damit scheint Potter aufgeräumt zu haben. Wenn es etwas Gemeinsames zu erledigen gibt, stellt sich der Partner an die jeweilige Stelle und winkt fröhlich. Bei der Ausführung gab es im gesamten Durchgang keinen einzigen „Nu bewegt dich endlich da hoch“-Moment. Und das lag nun wirklich nicht daran, dass Potter an Gelegenheiten, gemeinsam Dinge bewegen zu müssen, geizen würde. Im Gegenteil.

Damit das mit einem menschlichen Mitspieler genau den gleichen Spaß macht wie schon beim letzten LEGO Indy, brachte man den Bedarfs-Splitscreen zurück. Sind die Figuren nah beieinander, bleibt es beim großen Screen. Erst sobald die Distanz zu groß wird, trennt eine Linie das Bild Abschnitte in zwei und jeder kann für sich auf Erkundung gehen, ohne das Tauziehen ob der Richtung starten zu müssen. Selbst wenn es eine oder zwei Stellen gab, an denen die Kamera eher gegen die beiden Screens arbeitete, im Großen und Ganzen erledigte sie ihren Job doch weit besser, als es in den vorangehenden LEGO-Titeln der Fall war.

In Abwesenheit von massiven, lang gestreckten Kampfeinlagen konzentriert sich das Spiel weit mehr auf Erkundungen und Puzzles, die diesmal von einer – nicht übertrieben ausgeprägten – Physikengine unterstützt werden. Mit anderen Worten: Ihr dürft diesmal per Pad so richtig mit den Steinchen herumbasteln und ein paar Puzzles auf neue Wege lösen. Magie spielt natürlich bei all dem eine große Rolle und das simple, aber variantenreiche Arsenal all der bekannten – und einiger neuer, oder habe ich „Engorgio Skullus“ in den Büchern überlesen? – Potter-Sprüche bleibt hier weit länger frisch, unterhaltsam und sogar kreativer einsetzbar, als es im letzten „großen“ Potter-Game der Fall war.

'Da! - Ein Treppe!' 'Wo führt sie hin?' '-Sie führt nach oben!'

Die Brillanz des Aufbaus liegt darin, dass immer neue Freunde und Zauber euch stets neue Wege eröffnen und euch geschickt immer weiter in die Tiefen von Hogwarts, seiner Umgebung, Diagon Alley und all die Nebenschauplätze locken. Verloren gehen ist dabei kaum möglich, leiten euch die Hausgeister doch brav zum nächsten Storypunkt.

Wie lange ihr sie ignoriert, um woanders praktisch endlos nach goldenen Steinchen, Schülern in Not und nicht weniger als 160 freischaltbaren Charakteren – Ron im Festgewand, Haifisch-Krum, Potter im Weihnachtspulli… – zu suchen, bleibt euch überlassen. Hogwarts wurde genau die traumhafte Spielwiese, die es sein sollte und jedes Kind, jeder Potter-Nerd oder eine beliebige Kombination der beiden, kann sich auf Tage hier verlieren und immer noch Neues entdecken.

Sie sind es auch, was die Story betrifft und wie oben schon angedeutet, die hier bedient werden. In LEGO-Sprech Erstkontakt mit der Potter-Welt aufzunehmen sollte man nicht versuchen oder man kommt aus dem Kopfkratzen nicht mehr heraus. Wer jedoch zumindest die vier ersten Filme hinter sich hat, erfreut sich gelungener Überspitzungen, niedlichem Nonsens und dem praktisch unendlichen Widererkennungswert aller Figuren, Szenen und Orte. Diese schon immer große Stärke der LEGO-Spiele – Batman ausgenommen – treibt Potter auf die Spitze und macht das Game zur Pflicht für alle oberhalb des Casual-Potter-Nerd-Status. Und der Rest hat auch Spaß damit.

Wenn wir schon bei Ghostbusters sind: Nerd-Fight! Wer gewinnt? Harry mit Zauberstab oder Venkman mit Protonenpack?

Und das macht es so großartig. Sicher, Potter-Kenntnisse werden vorausgesetzt, aber angesichts des ja doch veritablen Erfolgs von Rowlings Schöpfung kann man das durchgehen lassen. Der Rest ist dann die bisher beste und reifste Ausgestaltung eines über eine ganze Reihe von Games feingeschliffenen Konzeptes. LEGO Harry Potter: Die Jahre 1-4 kann man ganz entspannt seinen Kindern in die Hand drücken und dann sogar Stunden mit ihnen im Koop zocken, ohne dabei weniger Spaß zu haben als die Sprösslinge.

Genau so müssen Spiele für Kinder sein: Intelligent, fordernd ohne zu überfordern und auch für die Eltern reizvoll, um mit den Kids Zeit zu verbringen, ohne dabei von Spongebob, Thomas & Co. zu sehr genervt zu werden. In dieser Konstellation – plus die Tatsache, dass der Preis freundlich im Zwei-Drittel-vom-Vollpreis-Segment positioniert wurde – ist Potter dann auch ein starker Anwärter für das Familiengame des Jahres. Krasse gucken woanders, Potter-Freaks aller Altersgattungen haben einfach unbeschwerten, ungetrübten Spaß.

Zum Abschluss noch eine (verhaltene) Warnung: Es gibt Berichte über ein paar Glitches: Manchmal wird ein Ereignis wohl nicht aktiviert, ein Stein ist irgendwie nicht erreichbar oder ähnliches. Ich habe auf dem Weg durch die 360-Version nichts davon bemerkt, aber auch nicht hundert Prozent der Tausenden von Sammel-Items gehortet, sodass ich hier nichts gänzlich ausschließen möchte. Im Zweifelsfalle hilft es wohl, einen Level noch mal neu zu starten. Wie gesagt, hier lief der Test absolut problemlos, also gibt es keine Tadel oder gar Punktabzüge von mir.

Lego Harry Potter: Die Jahre 1-4 ist für (Luft holen)... Wii, Xbox 360, PS3, PSP, DS und PC erhältlich. Los geht es auf dem PC mit 25 Euro, enden tut es auf der 360 und PS3 mit etwa 40. Der Rest liegt dazwischen. Getestet wurde die Xbox 360-Version.

9 / 10

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

LEGO Harry Potter: Years 1-4

iOS, PS3, Xbox 360, Nintendo Wii, PSP, PC, Nintendo DS

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