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LEGO Rock Band

Nur Kullernde Steinchen, keine Rolling Stones

Diesen Herbst erschienen The Beatles: Rock Band und LEGO Rock Band. Und weiter könnten zwei Spiele, deren Grundkonzept praktisch identisch ist, nicht auseinanderliegen. Das Erste ist ein Werk der Huldigung an eine Band. Ein Konzept, das musikalisch, spielerisch und visuell aufgeht. Das Beste, was sich aus diesem Ansatz holen ließ, und ein Kunstwerk. LEGO Rock Band dagegen…ist nicht direkt schlecht. Aber ein Konzept lässt sich beim besten Willen nicht erkennen.

Zwei Ansätze waren denkbar für ein solches Projekt. Nummer eins ist offensichtlich. Die Musik ist egal, LEGO ist zum Bauen da. Setzt euch aus Steinchen Musiker, Instrumente und Locations zusammen, ganz wie ihr wollt, ganz im Sinne des vielleicht kreativsten Spielzeugs überhaupt. Diesen Weg geht LEGO RB nicht. Ihr wählt Hemd und Hose wie gehabt, neue Instrumente werden freigeschaltet und nicht gebaut. Die Fahrzeuge, die euch zu neuen Locations bringen, sind fertig. Wie alles andere auch. Gebaut wird hier nicht.

Bleibt Konzept nummer zwei, das letzten Endes aber auch nicht ganz aufgeht. Das Drumherum ist nur Steinchen-Fassade, das Musikkonzept heißt konsequenter, familientauglicher Mainstream von 8-88 Jahren. Auch kein Treffer, wenn man den Blick über die Setlist wandern lässt. Da finden sich zwar Evergreens und schon wegen „Summer of 69“, „Two Princess“ und „Lets Dance“ – inklusive Bowie als LEGO-Männchen – müssen ewig Uncoole wie ich diese Scheibe ein wenig lieben. Auf fast jeden Hit wartet jedoch ein Nobody. „The Coral“ kenne ich nur von einem eher ominösen Scrubs-Sampler. Dass die „Counting Crows“ eine Randgruppenband hierzulande sind, sprach ich bei Band Hero an. Und „Rooftops“ von den „Lostprophets“ ist nun auch eher ein Insider.

Dazu kommen dann noch einige Cover der Art, die man seit Guitar Heros Anfangstagen eigentlich für ausgestorben hielt. Während „Life is a Highway“ wenigstens noch erkennbar bleibt, bin ich mir recht sicher, dass bei der Frage, welches die beste der vielen Versionen von „Wild One“ sei, bei „Everlife“ keine Hand oben ist. Pfui. Solche Tröten würden möglicherweise weniger ins Gewicht fallen, gäbe es denn mehr Musik. Aber die 45 Songs takten gerade mal knapp bei der Hälfte von Rock Band 2 oder Guitar Hero 5 ein. Es sind einfach mal für den vollen Preis nur die Hälfte der Songs!? Warum bitte? War die Auswahl im eigenen Download-Store so groß, dass man gar nicht wusste, was man vor Schreck noch dazupacken soll, um ein vernünftiges Set zu bekommen?

Lego Rock Band - Trailer

"Insult to injury" nennen die Engländer das, was jetzt kommt. Schlimm genug, dass die Nummer der Songs halbiert wurde, die der Features erfuhr das gleiche Schicksal. Kein Online-Modus. Das erste Mal seit Guitar Hero 2 gibt es keinen Online-Modus. Warum? Woher soll ich das wissen, ich stelle hier nur die traurige Tatsache fest. Dass sich das Programm mit dem Internet verbinden kann, zeigt es im Song-Shop, wo ihr für viel Geld das Ganze auf einen normalen Umfang aufrüsten könnt. Aber im Netz gegeneinander? Fehlanzeige. Ich weiß gar nicht, warum ich „im Netz“ sage. Auch offline fehlt jedes Versus. Zusammen mit den hier nicht vorhandenen Herausforderungen wird es hoffentlich im nächsten Rock Band seine Wiederkehr feiern.

Was sich anstelle dieser essenziellen Features findet, sind Rock-Nummern, in denen ihr einen Riesenoktopus abwehrt, ein Hochhaus mittels Rock zum Einsturz bringt und ähnlichen Krams. Spielerisch gibt es keine Unterschiede. Schafft den Song und der Kraken haut ab. Behindern tut er euch nicht. Im Hintergrund macht eure Crew irgendwelchen Dinge, aber wer guckt da beim Spielen schon groß hin. Ok, als die ganze Belegschaft des Geisterhauses bei Ray Parkers Klassiker in den Bildrand sprang und an den passenden Stellen „Ghostbusters“ rief, musste ich sehr breit grinsen.

Bowie ist drin, Space Oddity fehlt immer noch. Ich hätte es andersrum bevorzugt.

Die zweite große Neuerung ist die Anti-Schwierigkeit. Auf „Super-Easy“ müsst ihr die Bundtasten nicht mehr halten, sondern nur noch anschlagen. Whatever. 8-jährige hauen Drangonforce auf Expert in die Tasten, womit dieser Modus nur für Leute gedacht sein kann, die wirklich nicht spielen wollen. Ansonsten könnt ihr noch eure Band-Höhle mit sinnlosen, nicht steckbaren, nur zwecks Sammlerei gedachten LEGO-Items bestücken. Wer zu viel Zeit hat halt. Der Rest ist Rock Band 2 und das rettet vieles. Die Notenfolgen sitzen auf den Millimeter, (fast) jeder Song macht Spaß und das ist das Entscheidende.

Ganz ungestraft darf die Wii-Fassung aber trotzdem nicht durchgehen. Rock Band 2 ist hier sehr populär, warum auch nicht, aber angesichts der extrem kurzen Songliste von Lego Rock Band und der auf Nintendo fehlenden Möglichkeit, neue zu kaufen und herunterzuladen, solltet ihr hier Vorsicht walten lassen. Und übrigens, diese Version sieht…

(Schritte entfernen sich von der Schreibmaschine…“Hey, Tanja, darf ich sagen, das sieht scheiße aus?“… „Nein!“…“Was sage ich denn dann? Es sieht wirklich scheiße aus.“...“Mir egal, jedenfalls nicht scheiße.“…Schritte nähern sich der Schreibmaschine)…

…nicht gut aus. Zumindest lassen sich die auf den anderen Versionen so hübschen Sets wie das LEGO-Piratenschiff oder der LEGO-Flughafen noch erkennen. Ist doch auch was.

LEGO Rock Band wird vom zweiten Teil dieses Namens gerettet: Rock Band 2 ist eines der besten Musikspiele und kurz und beschnitten mag LEGO Rock Band sein, aber die Grundsubstanz ist immer noch brillant. Auch liebe ich einfach viele der wenigen Songs und selbst bei einer beschränkten Liste kann das eine Menge wert sein. Aber nicht genug, um es in die glorreiche Reihe der bisherigen Rock Bands zu stellen. Der LEGO-Aspekt beschränkt sich zu hundert Prozent auf die Optik und bietet keinen spielerischen Mehrwert. Es bleibt ein sehr eingeschränkter Ripp-Off zweier etablierter Marken, die so nicht unbedingt hätten zusammenfinden müssen. Für den beinahe sicher folgenden zweiten Teil sollte man sich ein Konzept jenseits von „Es sind LEGOs drin“ ausdenken und auch durchziehen. Dann wird das was.

Xbox 360 / PlayStation 3:

Wii:

LEGO Rock Band ist ab sofort für Xbox 360, PS3, Wii und DS erhältlich. Ein Instrumentenbundle gibt es nicht. Baut euch eins aus LEGO!

6 / 10

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Lego Rock Band

PS3, Xbox 360, PS2, Nintendo Wii, Nintendo DS

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