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Lexip PU94 - Endlich mal wieder echte Innovation in Sachen Maus!

Die Frage ist nur, ob ihr damit etwas anfangen könnt. (Und an die Space-Sim-Spieler: LESEN!)

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Eine Maus mit zwei integrierten Sticks, von der einer die Maus selbst ist: Gut verarbeitete, durchdachte Innovation.

Dass eine neue Gamer-Maus des Weges kommt? Täglich. Sind alle auch weitestgehend gefühlt identisch, zumindest innerhalb ihres Preissegments. Dass eine wirklich neue Features bietet? Einmal im Jahr vielleicht. Und gleich zwei ungewöhnliche Features kombiniert? Ich weiß nicht. Wann kam noch mal das Mausrad raus?

Obwohl ich mir gar nicht so sicher bin, ob ich die unglücklich betitelte Lexip PU 94 - nicht gerade sexy als Name, klingt mehr wie eine Plastiksorte - überhaupt eine "Gaming"-Maus nennen sollte. Mehr noch als bei unserem Hobby-Spaß-Segment sehe ich ihre ganz großen Stärken im CAD-Bereich, 3D-Design und anderen grafischen Anwendungen. Der Grund dafür ist, dass sie nicht wie eine normale Maus flach auf dem Boden liegt und sich an diesen drückt, sondern dass sie aus zwei Bausteinen besteht, wobei der obere mit einer Art Kugellager mit dem unteren verbunden ist und sich 360-Grad komplett ein bis zwei Millimeter in jede Richtung kippen lässt.

Auf den ersten Blick sehr unauffällig.

Im Prinzip ist die Lexip damit ein analoger Joystick. Nur, dass die Basis nicht fest steht, sondern eine Maus ist und der obere Teil ist kein Stick, sondern eure Hand liegt auf und führt so die Kipp-Bewegung aus. Sehr viel zarter natürlich. Wofür das gut sein soll? Ihr habt zwei zusätzliche Achsen, die frei mit Funktionen belegt werden können. Das simpelste Beispiel dürfte Google Earth sein: Mit der Kipp-Bewegung lasst ihr die Erde rotieren. Es fühlt sich absolut natürlich an, diese Kugel zu drehen ohne die Maus auch nur einen Millimeter zu bewegen.

Geht man weiter, bietet sich Elite: Dangerous oder Star Citizen an. Ihr rotiert euer Schiff, könnt es mit Vor- und Zurück-Kippen der Maus beschleunigen oder bremsen und fliegt so, ohne die Maus zu bewegen, ganz, wie ihr es mit einem Joystick tun würdet. Es dauerte eine Minute, bis ich mich daran gewöhnte, aber dann flog es sich so wie von selbst. Der große Vorteil ist natürlich, dass ihr nach wie vor die Maus als solche auch nutzen könnt. Der Mauszeiger ist frei und unabhängig von dieser Achse, alles kann angeklickt werden, während ihr nebenbei durch Asteroiden manövriert.

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Als wären zwei neue Achsen nicht genug, findet ihr an der Seite für den rechten Daumen - es ist bisher ein reines Rechtshänder-Spielzeug - einen kleinen Stick, vergleichbar mit dem an einem Controller. Volle 360-Grad-Bewegung und analoge Beschleunigung, es ist ein weiterer vollwertiger analoger Joystick. Damit lässt sich dann das Schiff endgültig komplett mit einer Hand lenken und bedienen, während ihr mit der anderen gemütlich einen Kaffee schlürft.

Was bringt das jetzt, wenn man nicht mit CAD, Elite oder dem Erdball beschäftigt ist? Das hängt letztlich von euch ab und woran ihr euch gewöhnen möchtet. Die Software ist sehr flexibel und auch wenn sich nicht alles ganz frei belegen lässt, Stick und Kippen lassen sich auch mit den normalen Scroll-Achsen belegen. Sich daran zu gewöhnen, dauerte ein klein wenig länger und das Mausrad ist für die Vertikale immer noch schneller, aber um zum Beispiel ruhig durch den mitunter etwas wüsten Quelltext von Seiten zu scrollen, eignete sich das Kippen ausgezeichnet. Auch bei Bildbearbeitung in höheren Zoomstufen hat sich das Feature bewährt. Den Stick an der Seite habe ich dann im realen Leben noch nicht ganz so häufig gebraucht, da sie meisten Shooter zum Beispiel doch eher drauf ausgelegt sind, dass ich den Mauszeiger nicht brauche. Bei Cities: Skylines war es ganz nett: Die Karte mit dem Kippen bewegen, Zoomen mit dem Stick - wobei das natürlich auch mit dem Mausrad nicht schlechter funktioniert -, das machte das Sim-Leben schon angenehmer. Im Prinzip ist die Lexip für jedes Spiel, das eine komplette 3D-Bewegung plus Durchschalten von Slots - Minecraft zum Beispiel - bietet, ideal. Und für alle anderen findet sich auch eine mal mehr, mal weniger sinnvolle Bereicherung.

Schnelle Füßchen: Die Keramik-Knubbel lassen die Lexip fast schwerelos wirken.

Kommen wir zu den banaleren Dingen: Ihr habt die zwei regulären Tasten an der Seite über dem Stick, die beide etwas zu zurückhaltend platziert wurden. Zumindest für meinen Geschmack reicht das Plastik über den Tasten einen Millimeter zu weit über sie rüber, womit man sie zwar nie aus Versehen benutzt, aber manchmal eben auch gar nicht, weil der Finger etwas zu weit oben saß. Aber das ist eine Kleinigkeit. Das Scrollrad gehört zur leichtgängigeren Sorte, ohne zu weich zu sein, die Rad-Taste ist gut benutzbar, ohne dass man ständig am Rad drehen würde, wenn man sie benutzt. Unter dem Rad sitzt eine weitere Taste, wiederum frei konfigurierbar.

Die beiden Haupttasten gehen nicht bis vorn durch, wie es sonst üblich ist. Stattdessen habt ihr vorn etwa einen halben Zentimeter festes Plastik, auf den ihr eure Finger ablegen könnt. Das ist für die Kipp-Funktion wichtig, denn auch wenn diese leichtgängig genug funktioniert, würde es doch oft vorkommen, dass man bei Kippen aus Versehen die Tasten drücken würde, wenn man es nicht will. So legt ihr vorn die Finger ab und kippt ohne Probleme, aber mit ein wenig Übung fand ich, dass der Druckpunkt schwergängig genug ist, um die Maus zu kippen, während die Finger auf den Tasten liegen. Es ist ein wenig eine Frage des Geschmacks und Gefühls, sonst sind die Tasten leichtgängig genug - etwas schwerer als bei vielen Gaming-Mäusen, insgesamt im Mittelfeld würde ich sagen - und vor allem ist die Fingerablage ein weiterer Hinweis darauf, wie durchdacht diese Maus ist.

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Unten habt ihr einen Sechser-Satz Keramik-Füße, die wirklich ein kleines Phänomen sind. So leichtläufig sind längst nicht alle Mäuse, auch nicht im Gaming-Bereich und ihr könnt die Lexip praktisch über den Tisch pusten. Fast zumindest. Sollten euch die Füße so sehr zusagen, dass ihr auch bei anderen Mäusen nicht darauf verzichten möchtet, sie werden auch getrennt als Ersatz verkauft. Meine alte Logitech-Maus haben sie auf jeden Fall noch einmal gut beschleunigt. Die Lexip hängt grundsätzlich am Kabel. Es ist ein reguläres Mini-USB-Kabel, das am Stecker auch mal ausnahmsweise nicht komplett exotisch geformt ist und sich so auch leicht durch zum Beispiel ein längeres Kabel ersetzen lässt.

Die Verarbeitung generell wirkt tadellos, ohne jedoch den teilweise Panzer-artigen Charme mancher Gamer-Mäuse mitzubringen. Mit 140 Gramm fällt die Lexip eh schon recht leicht aus, mit den schnellen Keramik-Füßen fühlt es sich noch mal nach weniger an. Ansonsten wackelt nichts, was nicht wackeln soll, sie klappert nicht, lediglich der kleine Stick an der Seite hätte ruhig auch eine rutschfeste Oberfläche verdient gehabt. Aber davon abgesehen würde ich sagen tadellos.

Vorn legt ihr die Finger ab, um nicht aus Versehen die Tasten zu klicken, während ihr Maus und Stick bewegt.

Unter der Haube habt ihr dann die üblichen absurden DPI-Zahlen - 12.000 -, die sich in der Software fein regeln lassen, bis runter auf 150. Die Software selbst ist eher funktional statt schick, aber besser so als andersherum. Ihr könnt einfach alle Tasten und Achsen entweder generell belegen oder spezifisch für ein paar mitgelieferte Softwareprofile. Das wären hier Chrome, Word, ein paar Spiele und andere Anwendungen, aber es lassen sich auch beliebig neue eigene Profile erstellen uns speichern. Geht alles intuitiv und einfach. Das funktioniert auch fast alles tadellos, nur eine Macke hatte ich bisher: Wenn der Computer manchmal neustartete, wird die DPI-Zahl auf den Default-Wert von um die 1500 gesetzt, auch wenn mein eigener Wunsch von 2600 angezeigt wird. Klicke ich dann einmal auf diese Zahl, ist auch alles wieder wie es sein soll. Etwas nervig, aber verschmerzbar, zumal sich die Software sonst kompakt im Speicher und absturzresistent zeigte. Wenn ich mir die teilweise komplett aufgeblähten Konkurrenzprogramme angucke, ist es fast schon eine Art Retro-Flair, dass ich die Farb-Spielereien der Lexip - sehr dezent gehalten - konfigurieren darf, ohne mich einloggen zu müssen.


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Die Lexip PU94 ist relativ einzigartig. Ich nehme an, dass es im CAD-Markt sehr teure Spezialgeräte gibt, die einige dieser Funktionen erfüllen, aber sicher nicht für 130 Euro. Die Verarbeitung ist dabei sehr solide, wobei mehr auf ein geringes Gewicht trotz der Features geachtet wurde. Und diese Features haben es in sich. Wer gerne Space-Sims spielt oder einfach stundenlang die Erde rotieren lassen möchte - oder eine stilvollere Anwendung für Achsen-Rotation hat - der braucht diese Maus. Auch zum Arbeiten und Scrollen möchte ich das Kippen des Handgelenks zur Bewegung am Screen nicht mehr missen, es ist erstaunlich, wie schnell man sich an manch neue Dinge gewöhnt, die man eigentlich für Jahrzehnte in Stein gemeißelt glaubte.

Und trotzdem ist die Lexip keine Jedermann-Maus. Zum Shootern sehe ich jetzt nicht so die Vorteile, wie ich sie bei einem Elite oder Minecraft ausmache, wer nur Mails und den Browser nutzt, ist mit dem Scrollrad nicht schlechter bedient, während ich es in On1 oder Cities: Skylines für essenziell halte. Nun, fast zumindest, ging vorher ja auch ganz gut. Ihr müsst bei allem Lob an die Lexip PU94 für echte Innovation und deren tadellose Umsetzung schon überlegen, ob das überhaupt etwas ist, aus dem ihr einen Gewinn ziehen könnt. Wenn ja, dann fantastisch, ihr werdet nie wieder eine andere Maus haben wollen, die nicht auf sich selbst wackelt. Und falls nicht, ist es im schlimmsten Fall eine immer noch sehr gute normale Maus.

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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