Life is Strange, Episode 4: Dark Room - Test
Fragen über Fragen.
Für die Entwickler von Episodenspielen ist die vorletzte Folge einer Staffel vermutlich nie eine leichte Angelegenheit. Das richtige Maß an Spannung muss für das Finale aufgebaut werden, ohne dabei gleich zu viel vorwegzunehmen. Oder anders ausgedrückt: nicht zu viele Brotkrumen streuen und die Spieler satt machen. Aber keine Sorge, das ist Dontnod mit der vierten Episode von Life is Strange in jedem Fall gelungen. Einige Fragen werden beantwortet (oder zumindest scheint es so), viele bleiben weiterhin ungeklärt und auch neue werden aufgeworfen. Was wirklich vor sich geht, wissen derzeit wohl nur die Entwickler selbst.
Nach dem Schockmoment am Ende der letzten Episode legt Dark Room erst mal gemächlich los, nimmt sich Zeit für einige ruhige Momente und legt großen Wert auf die Beziehung der beiden Protagonistinnen Max und Chloe. Max bekommt hier die Konsequenzen ihrer in Episode 3 neu erlangten Fähigkeiten zu spüren und wird vor schwierige Entscheidungen gestellt. So sehr, dass sie sich vornimmt, ihre praktische Rückspulfunktion nicht allzu ausufernd einzusetzen.
Sie kommt zwar immer noch auf nützliche Art und Weise zum Einsatz, aber auch eure grauen Zellen müsst ihr ein wenig anstrengen, indem ihr ein klassisches, aber auch nicht allzu schweres Rätsel löst oder mit einfacher Logik einige Hinweise, die Max und Chloe bislang gefunden haben, miteinander verknüpft. Das soll euch vor allem dabei helfen, eine Spur zu Chloes vermisster Freundin Rachel zu entdecken, aber auch andere Geschehnissen an der Blackwall Academy spielen eine nicht unwesentliche Rolle.
Die mysteriösen Ereignisse rund um Arcadia Bay, etwa die am Strand angeschwemmten Wale, sind zwar auch weiterhin ein Thema, nehmen aber nicht die zentrale Rolle in dieser Episode ein. Tatsächlich bin ich sehr gespannt, wie Dontnod diese Ereignisse letztendlich erklären wird - wenn überhaupt. Das gilt auch für diverse andere Dinge. Viele Fragen sind offen und im Finale müssen die Entwickler zahlreiche Antworten liefern, die Geschehnisse miteinander verknüpfen. Und einfach macht man es euch nicht, denn wenn ihr glaubt, der Lösung des Rätsels einen großen Schritt näher gekommen zu sein, vollzieht die Geschichte doch wieder eine unerwartete Wendung.
Sobald ihr den langsamen, aber emotionalen Start hinter euch gebracht habt, nimmt auch die vierte Episode von Life is Strange Schritt für Schritt wieder ihr gewohntes Tempo auf. Und hier zeigen sich nicht nur die unmittelbaren Konsequenzen vom Ende der dritten Episode, sondern auch frühere Entscheidungen wirken sich auf den Verlauf der Story aus. Was habt ihr mit Franks Hund angestellt, wie steht es um Kate und hat Chloe noch ihre Waffe? All das wirkt sich direkt auf den Ablauf bestimmter Szenen in Episode 4 aus - manche bekommt ihr so unter bestimmten Umständen gar nicht erst zu sehen -, teilweise mit fatalen Resultaten.
Letztendlich führt alles zu einem weiteren fiesen Cliffhanger, der euch in den letzten Sekunden der Episode buchstäblich hilflos zurücklässt und zusammen mit dem kurzen Ausblick auf das Finale, den ihr nach dem Abspann sehen könnt, die Wartezeit ziemlich unerträglich macht. Aber das kennt man ja schon von Life is Strange. Am liebsten möchte man in solchen Momenten in den Controller beißen.
Dennoch bleibt am Ende das Gefühl, dass sich Dontnod von Episode zu Episode gesteigert hat und die erste Staffel mit einem großen Knall enden lässt. Die Auflösung scheint zum Greifen nah, ist aber gleichzeitig noch so weit entfernt. Zum Schluss wisst ihr im Grunde gar nicht mehr, was ihr jetzt noch glauben sollt, und fragt euch, was zur Hölle hier eigentlich gerade passiert, wie das alles zusammenhängt. Derzeit kann ich es mir noch nicht wirklich zusammenreimen, umso spannender und nervenaufreibender dürfte daher der Abschluss der Staffel werden. My body is ready.